Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.kanischen Befreiungskampfes ist ein wesentlicher, ebenfalls nicht sehr ermun- ternder Beitrag zur Würdigung dieser Art von Volksbewaffnung. 4) Die am kräftigsten durchgeführte Landwehr hat Preußen; schon weit weniger brauchbar für Kriegszwecke ist die englische Miliz; nur als vor- übergehende Ergänzungen in Nothfällen dienen die Landwehren in Oesterreich und Rußland. 5) Waräger, Condottieri, Landsknechte, Mameluken, Schweizer, Hessen und Braunschweiger, sowie die deutschen Legionen in englischem Sold sind Beispiele fremder Soldtruppen, zum Theile auch ihrer Tüchtigkeit. Zu welcher allgemeinen Zerrüttung und Unsicherheit freilich die ausschließliche Verwendung solcher Banden führen kann, zeigen die Zustände der italiäni- schen Staaten während der Verwendung der Condottieri. Schrieb doch schon Macchiavelli seine "Kriegskunst", um zu Errichtung einer aus Bürgern be- stehenden bewaffneten Macht zu rathen. -- Wie höchst gefährlich für die eigene Regierung Miethtruppen werden können, haben die britischen Sipoys in Bengalen im Jahre 1857 erwiesen. 6) In ganz Europa ist nur England reich genug, sein stehendes Heer aus einzeln geworbenen Freiwilligen zusammen zu setzen; allein wiederholt und auf sehr bedenkliche Weise hat sich auch hier die Unmöglichkeit gezeigt, die unter gegebenen Umständen nothwendige Stärke des Heeres auf diese Weise zu erreichen. Dann wird entweder durch Zuziehung der Miliz und Annahme fremder Miethtruppen nachzuhelfen gesucht, oder müssen gegen große Subsidien auswärtige Mächte zu einer ungenügenden, unzuverläß- lichen und doch kostspieligen Beihülfe beigezogen werden. 7) Die übeln Seiten des Conscriptionssystemes sind in drastischer Weise dargestellt von Schulz-Bodmer, W., Die Rettung der Gesellschaft aus der Militärherrschaft. Lzg., 1859. 8) Ueber Militär-Kolonieen s. Hietzinger, C. B. von, Statistik der Militärgrenze des österreichischen Kaiserthums. I--III. Wien, 1820. -- Lyall, Die russischen Militär-Kolonieen. § 103. b. Durch Bündnisse mit andern Staaten. Unzweifelhaft ist es sicherer und vortheilhafter, ein Unter- kaniſchen Befreiungskampfes iſt ein weſentlicher, ebenfalls nicht ſehr ermun- ternder Beitrag zur Würdigung dieſer Art von Volksbewaffnung. 4) Die am kräftigſten durchgeführte Landwehr hat Preußen; ſchon weit weniger brauchbar für Kriegszwecke iſt die engliſche Miliz; nur als vor- übergehende Ergänzungen in Nothfällen dienen die Landwehren in Oeſterreich und Rußland. 5) Waräger, Condottieri, Landsknechte, Mameluken, Schweizer, Heſſen und Braunſchweiger, ſowie die deutſchen Legionen in engliſchem Sold ſind Beiſpiele fremder Soldtruppen, zum Theile auch ihrer Tüchtigkeit. Zu welcher allgemeinen Zerrüttung und Unſicherheit freilich die ausſchließliche Verwendung ſolcher Banden führen kann, zeigen die Zuſtände der italiäni- ſchen Staaten während der Verwendung der Condottieri. Schrieb doch ſchon Macchiavelli ſeine „Kriegskunſt“, um zu Errichtung einer aus Bürgern be- ſtehenden bewaffneten Macht zu rathen. — Wie höchſt gefährlich für die eigene Regierung Miethtruppen werden können, haben die britiſchen Sipoys in Bengalen im Jahre 1857 erwieſen. 6) In ganz Europa iſt nur England reich genug, ſein ſtehendes Heer aus einzeln geworbenen Freiwilligen zuſammen zu ſetzen; allein wiederholt und auf ſehr bedenkliche Weiſe hat ſich auch hier die Unmöglichkeit gezeigt, die unter gegebenen Umſtänden nothwendige Stärke des Heeres auf dieſe Weiſe zu erreichen. Dann wird entweder durch Zuziehung der Miliz und Annahme fremder Miethtruppen nachzuhelfen geſucht, oder müſſen gegen große Subſidien auswärtige Mächte zu einer ungenügenden, unzuverläß- lichen und doch koſtſpieligen Beihülfe beigezogen werden. 7) Die übeln Seiten des Conſcriptionsſyſtemes ſind in draſtiſcher Weiſe dargeſtellt von Schulz-Bodmer, W., Die Rettung der Geſellſchaft aus der Militärherrſchaft. Lzg., 1859. 8) Ueber Militär-Kolonieen ſ. Hietzinger, C. B. von, Statiſtik der Militärgrenze des öſterreichiſchen Kaiſerthums. I—III. Wien, 1820. — Lyall, Die ruſſiſchen Militär-Kolonieen. § 103. b. Durch Bündniſſe mit andern Staaten. Unzweifelhaft iſt es ſicherer und vortheilhafter, ein Unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <note place="end" n="3)"><pb facs="#f0707" n="693"/> kaniſchen Befreiungskampfes iſt ein weſentlicher, ebenfalls nicht ſehr ermun-<lb/> ternder Beitrag zur Würdigung dieſer Art von Volksbewaffnung.</note><lb/> <note place="end" n="4)">Die am kräftigſten durchgeführte Landwehr hat Preußen; ſchon weit<lb/> weniger brauchbar für Kriegszwecke iſt die engliſche Miliz; nur als vor-<lb/> übergehende Ergänzungen in Nothfällen dienen die Landwehren in Oeſterreich<lb/> und Rußland.</note><lb/> <note place="end" n="5)">Waräger, Condottieri, Landsknechte, Mameluken, Schweizer, Heſſen<lb/> und Braunſchweiger, ſowie die deutſchen Legionen in engliſchem Sold ſind<lb/> Beiſpiele fremder Soldtruppen, zum Theile auch ihrer Tüchtigkeit. 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³⁾ kaniſchen Befreiungskampfes iſt ein weſentlicher, ebenfalls nicht ſehr ermun-
ternder Beitrag zur Würdigung dieſer Art von Volksbewaffnung.
⁴⁾ Die am kräftigſten durchgeführte Landwehr hat Preußen; ſchon weit
weniger brauchbar für Kriegszwecke iſt die engliſche Miliz; nur als vor-
übergehende Ergänzungen in Nothfällen dienen die Landwehren in Oeſterreich
und Rußland.
⁵⁾ Waräger, Condottieri, Landsknechte, Mameluken, Schweizer, Heſſen
und Braunſchweiger, ſowie die deutſchen Legionen in engliſchem Sold ſind
Beiſpiele fremder Soldtruppen, zum Theile auch ihrer Tüchtigkeit. Zu
welcher allgemeinen Zerrüttung und Unſicherheit freilich die ausſchließliche
Verwendung ſolcher Banden führen kann, zeigen die Zuſtände der italiäni-
ſchen Staaten während der Verwendung der Condottieri. Schrieb doch ſchon
Macchiavelli ſeine „Kriegskunſt“, um zu Errichtung einer aus Bürgern be-
ſtehenden bewaffneten Macht zu rathen. — Wie höchſt gefährlich für die
eigene Regierung Miethtruppen werden können, haben die britiſchen Sipoys
in Bengalen im Jahre 1857 erwieſen.
⁶⁾ In ganz Europa iſt nur England reich genug, ſein ſtehendes Heer
aus einzeln geworbenen Freiwilligen zuſammen zu ſetzen; allein wiederholt
und auf ſehr bedenkliche Weiſe hat ſich auch hier die Unmöglichkeit gezeigt,
die unter gegebenen Umſtänden nothwendige Stärke des Heeres auf dieſe
Weiſe zu erreichen. Dann wird entweder durch Zuziehung der Miliz und
Annahme fremder Miethtruppen nachzuhelfen geſucht, oder müſſen gegen
große Subſidien auswärtige Mächte zu einer ungenügenden, unzuverläß-
lichen und doch koſtſpieligen Beihülfe beigezogen werden.
⁷⁾ Die übeln Seiten des Conſcriptionsſyſtemes ſind in draſtiſcher
Weiſe dargeſtellt von Schulz-Bodmer, W., Die Rettung der Geſellſchaft
aus der Militärherrſchaft. Lzg., 1859.
⁸⁾ Ueber Militär-Kolonieen ſ. Hietzinger, C. B. von, Statiſtik der
Militärgrenze des öſterreichiſchen Kaiſerthums. I—III. Wien, 1820. —
Lyall, Die ruſſiſchen Militär-Kolonieen.
§ 103.
b. Durch Bündniſſe mit andern Staaten.
Unzweifelhaft iſt es ſicherer und vortheilhafter, ein Unter-
nehmen ausſchließend mit eigenen Kräften zu machen, als ſich
mit Andern zu gemeinſchaftlicher Ausführung zu verbinden,
denn es iſt ungewiß, ob man ſich mit dem Verbündeten über
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