III.Maßregeln zur Sicherstellung einer gu- ten Besetzung.
Unzweifelhaft liegt eine möglichst gute Besetzung der Staats- ämter im eigenen wahren Interesse des Regenten oder der sonst zur Verleihung Berechtigten. Eine sittliche und rechtliche Pflicht ist sie ohnedem. Schlechte Gründe verschiedener Art können jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min- der Tauglicher erwecken; daher sind denn folgende Bestimmun- gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Besten und jedenfalls zur Entfernung Untauglicher ist, gerecht und zweck- mäßig:
1. Bezeichnung der zum Staatsdienste unter allen Um- ständen überhaupt Unfähigen; also namentlich der Weiber, der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe- halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger- recht). Ungerechtigkeit dagegen ist der Ausschluß Solcher, welche ein Amt während einer bestimmten Zeit bisher bekleideten. Solche können leicht die einzig Tauglichen sein, und ein leben- diger öffentlicher Geist mag eine stumpfe Gewohnheit unpassen- der Wiedererwählung beseitigen.
2. Formelle Aufstellung des Grundsatzes, daß immer der beziehungsweise Tüchtigste zu nehmen sei. Als Durch- führungsmittel aber bieten sich dar:
a) Befähigung eines jeden an sich Tüchtigen zur Bekleidung jedes Amtes, ohne Rücksicht auf Stand und Geburt.
b) Feststellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine gesetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß, deren Bekleidung durch eine bestimmte Art von Prüfungen bedingt ist 9).
c) Begutachtung sämmtlicher Bewerber durch eine vorgesetzte, wo möglich collegialische, Behörde;
d) Nichtanerkennung des Dienstalters als Beförderungsgrund,
III.Maßregeln zur Sicherſtellung einer gu- ten Beſetzung.
Unzweifelhaft liegt eine möglichſt gute Beſetzung der Staats- ämter im eigenen wahren Intereſſe des Regenten oder der ſonſt zur Verleihung Berechtigten. Eine ſittliche und rechtliche Pflicht iſt ſie ohnedem. Schlechte Gründe verſchiedener Art können jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min- der Tauglicher erwecken; daher ſind denn folgende Beſtimmun- gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Beſten und jedenfalls zur Entfernung Untauglicher iſt, gerecht und zweck- mäßig:
1. Bezeichnung der zum Staatsdienſte unter allen Um- ſtänden überhaupt Unfähigen; alſo namentlich der Weiber, der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe- halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger- recht). Ungerechtigkeit dagegen iſt der Ausſchluß Solcher, welche ein Amt während einer beſtimmten Zeit bisher bekleideten. Solche können leicht die einzig Tauglichen ſein, und ein leben- diger öffentlicher Geiſt mag eine ſtumpfe Gewohnheit unpaſſen- der Wiedererwählung beſeitigen.
2. Formelle Aufſtellung des Grundſatzes, daß immer der beziehungsweiſe Tüchtigſte zu nehmen ſei. Als Durch- führungsmittel aber bieten ſich dar:
a) Befähigung eines jeden an ſich Tüchtigen zur Bekleidung jedes Amtes, ohne Rückſicht auf Stand und Geburt.
b) Feſtſtellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine geſetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß, deren Bekleidung durch eine beſtimmte Art von Prüfungen bedingt iſt 9).
c) Begutachtung ſämmtlicher Bewerber durch eine vorgeſetzte, wo möglich collegialiſche, Behörde;
d) Nichtanerkennung des Dienſtalters als Beförderungsgrund,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><pbfacs="#f0269"n="255"/><divn="8"><head><hirendition="#aq">III.</hi><hirendition="#g">Maßregeln zur Sicherſtellung einer gu-<lb/>
ten Beſetzung</hi>.</head><lb/><p>Unzweifelhaft liegt eine möglichſt gute Beſetzung der Staats-<lb/>
ämter im eigenen wahren Intereſſe des Regenten oder der ſonſt<lb/>
zur Verleihung Berechtigten. Eine ſittliche und rechtliche Pflicht<lb/>
iſt ſie ohnedem. Schlechte Gründe verſchiedener Art können<lb/>
jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min-<lb/>
der Tauglicher erwecken; daher ſind denn folgende Beſtimmun-<lb/>
gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Beſten und<lb/>
jedenfalls zur Entfernung Untauglicher iſt, gerecht und zweck-<lb/>
mäßig:</p><lb/><p>1. Bezeichnung der zum Staatsdienſte unter allen Um-<lb/>ſtänden überhaupt <hirendition="#g">Unfähigen</hi>; alſo namentlich der Weiber,<lb/>
der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe-<lb/>
halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger-<lb/>
recht). Ungerechtigkeit dagegen iſt der Ausſchluß Solcher, welche<lb/>
ein Amt während einer beſtimmten Zeit bisher bekleideten.<lb/>
Solche können leicht die einzig Tauglichen ſein, und ein leben-<lb/>
diger öffentlicher Geiſt mag eine ſtumpfe Gewohnheit unpaſſen-<lb/>
der Wiedererwählung beſeitigen.</p><lb/><p>2. Formelle Aufſtellung des Grundſatzes, daß immer der<lb/><hirendition="#g">beziehungsweiſe Tüchtigſte</hi> zu nehmen ſei. Als Durch-<lb/>
führungsmittel aber bieten ſich dar:</p><lb/><list><item><hirendition="#aq">a</hi>) Befähigung eines jeden an ſich Tüchtigen zur Bekleidung<lb/>
jedes Amtes, ohne Rückſicht auf Stand und Geburt.</item><lb/><item><hirendition="#aq">b</hi>) Feſtſtellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine<lb/>
geſetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß,<lb/>
deren Bekleidung durch eine beſtimmte Art von Prüfungen<lb/>
bedingt iſt <hirendition="#sup">9</hi>).</item><lb/><item><hirendition="#aq">c</hi>) Begutachtung ſämmtlicher Bewerber durch eine vorgeſetzte,<lb/>
wo möglich collegialiſche, Behörde;</item><lb/><item><hirendition="#aq">d</hi>) Nichtanerkennung des Dienſtalters als Beförderungsgrund,<lb/></item></list></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[255/0269]
III. Maßregeln zur Sicherſtellung einer gu-
ten Beſetzung.
Unzweifelhaft liegt eine möglichſt gute Beſetzung der Staats-
ämter im eigenen wahren Intereſſe des Regenten oder der ſonſt
zur Verleihung Berechtigten. Eine ſittliche und rechtliche Pflicht
iſt ſie ohnedem. Schlechte Gründe verſchiedener Art können
jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min-
der Tauglicher erwecken; daher ſind denn folgende Beſtimmun-
gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Beſten und
jedenfalls zur Entfernung Untauglicher iſt, gerecht und zweck-
mäßig:
1. Bezeichnung der zum Staatsdienſte unter allen Um-
ſtänden überhaupt Unfähigen; alſo namentlich der Weiber,
der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe-
halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger-
recht). Ungerechtigkeit dagegen iſt der Ausſchluß Solcher, welche
ein Amt während einer beſtimmten Zeit bisher bekleideten.
Solche können leicht die einzig Tauglichen ſein, und ein leben-
diger öffentlicher Geiſt mag eine ſtumpfe Gewohnheit unpaſſen-
der Wiedererwählung beſeitigen.
2. Formelle Aufſtellung des Grundſatzes, daß immer der
beziehungsweiſe Tüchtigſte zu nehmen ſei. Als Durch-
führungsmittel aber bieten ſich dar:
a) Befähigung eines jeden an ſich Tüchtigen zur Bekleidung
jedes Amtes, ohne Rückſicht auf Stand und Geburt.
b) Feſtſtellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine
geſetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß,
deren Bekleidung durch eine beſtimmte Art von Prüfungen
bedingt iſt 9).
c) Begutachtung ſämmtlicher Bewerber durch eine vorgeſetzte,
wo möglich collegialiſche, Behörde;
d) Nichtanerkennung des Dienſtalters als Beförderungsgrund,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/269>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.