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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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XXXV.
Also sollte man den Zweykämpfen nur eine
bessere Form geben.

Ob unsre Moralisten wohl thun, wenn sie der ge-
kränkten Ehre, das Recht, ihre Genugthuung durch
einen Zweykampf zu fordern, ganz absprechen, ob die Für-
sten durch ihre Gesetze es jemals völlig aufheben werden,
und ob es nicht weit besser seyn würde, dem unaufhalt-
baren Strome sichere Ufer zu geben; dieses sind Fragen
worauf ich mich nicht einlassen mag, weil meine Antwort
vielleicht manchem zu sonderbar scheinen möchte. Jndes-
sen habe ich doch immer folgende Geschichte gern gehört.

Zwey Officier von einem Regimente geriethen im
vorigen Kriege mit einander in Wortwechsel, und die
Folge davon war eine Ausforderung auf den andern
Morgen. Allein des Nachts brach die Armee auf, und
es kam bey Anbruch des Tages mit dem Feinde zum Tref-
fen, worin der Beleidigte, indem er seinem Beleidiger
das Leben rettete, schwer verwundet wurde. Das Glück
wollte, daß er auf ein Gut gebracht wurde, was dem
Vater des andern gehörte, der ihn, wie leicht zu denken,
auf die liebreichste Art empfieng, und ihm alle diejenige
Hülfe erzeigte, die er sich nur wünschen konnte. Da
das Treffen den Feldzug für das Jahr geendigt hatte, so
kam auch der Beleidiger zu Hause, und der Dank, wel-
chen er seinem Gegner schuldig war, erzeugte bald unter
beyden die innige Freundschaft wieder, worinn sie vor-
her beständig gelebt hatten. Die ganze Familie nahm
den aufrichtigsten Theil daran, und beyde philosophirten
mehrmals über den Zweykampf, welchen sie nach ihrer

Wie-
J 4

XXXV.
Alſo ſollte man den Zweykaͤmpfen nur eine
beſſere Form geben.

Ob unſre Moraliſten wohl thun, wenn ſie der ge-
kraͤnkten Ehre, das Recht, ihre Genugthuung durch
einen Zweykampf zu fordern, ganz abſprechen, ob die Fuͤr-
ſten durch ihre Geſetze es jemals voͤllig aufheben werden,
und ob es nicht weit beſſer ſeyn wuͤrde, dem unaufhalt-
baren Strome ſichere Ufer zu geben; dieſes ſind Fragen
worauf ich mich nicht einlaſſen mag, weil meine Antwort
vielleicht manchem zu ſonderbar ſcheinen moͤchte. Jndeſ-
ſen habe ich doch immer folgende Geſchichte gern gehoͤrt.

Zwey Officier von einem Regimente geriethen im
vorigen Kriege mit einander in Wortwechſel, und die
Folge davon war eine Ausforderung auf den andern
Morgen. Allein des Nachts brach die Armee auf, und
es kam bey Anbruch des Tages mit dem Feinde zum Tref-
fen, worin der Beleidigte, indem er ſeinem Beleidiger
das Leben rettete, ſchwer verwundet wurde. Das Gluͤck
wollte, daß er auf ein Gut gebracht wurde, was dem
Vater des andern gehoͤrte, der ihn, wie leicht zu denken,
auf die liebreichſte Art empfieng, und ihm alle diejenige
Huͤlfe erzeigte, die er ſich nur wuͤnſchen konnte. Da
das Treffen den Feldzug fuͤr das Jahr geendigt hatte, ſo
kam auch der Beleidiger zu Hauſe, und der Dank, wel-
chen er ſeinem Gegner ſchuldig war, erzeugte bald unter
beyden die innige Freundſchaft wieder, worinn ſie vor-
her beſtaͤndig gelebt hatten. Die ganze Familie nahm
den aufrichtigſten Theil daran, und beyde philoſophirten
mehrmals uͤber den Zweykampf, welchen ſie nach ihrer

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[135/0147] XXXV. Alſo ſollte man den Zweykaͤmpfen nur eine beſſere Form geben. Ob unſre Moraliſten wohl thun, wenn ſie der ge- kraͤnkten Ehre, das Recht, ihre Genugthuung durch einen Zweykampf zu fordern, ganz abſprechen, ob die Fuͤr- ſten durch ihre Geſetze es jemals voͤllig aufheben werden, und ob es nicht weit beſſer ſeyn wuͤrde, dem unaufhalt- baren Strome ſichere Ufer zu geben; dieſes ſind Fragen worauf ich mich nicht einlaſſen mag, weil meine Antwort vielleicht manchem zu ſonderbar ſcheinen moͤchte. Jndeſ- ſen habe ich doch immer folgende Geſchichte gern gehoͤrt. Zwey Officier von einem Regimente geriethen im vorigen Kriege mit einander in Wortwechſel, und die Folge davon war eine Ausforderung auf den andern Morgen. Allein des Nachts brach die Armee auf, und es kam bey Anbruch des Tages mit dem Feinde zum Tref- fen, worin der Beleidigte, indem er ſeinem Beleidiger das Leben rettete, ſchwer verwundet wurde. Das Gluͤck wollte, daß er auf ein Gut gebracht wurde, was dem Vater des andern gehoͤrte, der ihn, wie leicht zu denken, auf die liebreichſte Art empfieng, und ihm alle diejenige Huͤlfe erzeigte, die er ſich nur wuͤnſchen konnte. Da das Treffen den Feldzug fuͤr das Jahr geendigt hatte, ſo kam auch der Beleidiger zu Hauſe, und der Dank, wel- chen er ſeinem Gegner ſchuldig war, erzeugte bald unter beyden die innige Freundſchaft wieder, worinn ſie vor- her beſtaͤndig gelebt hatten. Die ganze Familie nahm den aufrichtigſten Theil daran, und beyde philoſophirten mehrmals uͤber den Zweykampf, welchen ſie nach ihrer Wie- J 4

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/147>, abgerufen am 21.11.2024.