er seinem guten Weibe, und ihren Kindern verschaffen würde.
Wenn ich mir eine ganze Colonie von Neubauern auf diese Art gedenke: so würde ich ihr einen Dichter wün- schen, der das Glück von einem solchen Weibe empfan- gen, geliebt und erquickt zu werden, mit allen Reitzun- gen mahlte, und dadurch nicht allein die Männer zum fernern Ausroden ermunterte, sondern ihnen auch ihre Belohnung fühlbarer machte. Allein die Reitzungen der Liebe und des Weins für ein verwöhntes Volk zu singen, ist ganz etwas anders. Der sanfteste Trieb, den Gott dem Menschen gab, wird dadurch abgewürdiget, daß man ihn zu mindern und unedlen Zwecken braucht; und der Dichter der dieses thut, kann das Lob uud den Beyfall nicht fordern, den er sich auf die Rechnung seiner glück- lichen Erfindungen und Wendungen ver pricht. Jch ziehe ihn warlich die alten Reim-Chronicken vor, die zu mei- ner Zeit, wo man nicht gewohnt war alles zu Buche zu setzen, edle Thaten im Gedächtniß zu erhalten suchten. Jhr Zweck war wenigstens größer. Man lernt aus ih- nen, und vergißt darüber den Mangel des dichterischen Schmucks.
XXIII. Der Autor am Hofe.
Schreiben einer Hofdame.
Heute könnte ich Jhnen einmal recht viel schreiben, Obrera ist bey Capitain Cook, und wir Hofdamen sind in Gnaden zu Hause gelassen. Allein zur Assenblee-
zeit
An einen jungen Dichter.
er ſeinem guten Weibe, und ihren Kindern verſchaffen wuͤrde.
Wenn ich mir eine ganze Colonie von Neubauern auf dieſe Art gedenke: ſo wuͤrde ich ihr einen Dichter wuͤn- ſchen, der das Gluͤck von einem ſolchen Weibe empfan- gen, geliebt und erquickt zu werden, mit allen Reitzun- gen mahlte, und dadurch nicht allein die Maͤnner zum fernern Ausroden ermunterte, ſondern ihnen auch ihre Belohnung fuͤhlbarer machte. Allein die Reitzungen der Liebe und des Weins fuͤr ein verwoͤhntes Volk zu ſingen, iſt ganz etwas anders. Der ſanfteſte Trieb, den Gott dem Menſchen gab, wird dadurch abgewuͤrdiget, daß man ihn zu mindern und unedlen Zwecken braucht; und der Dichter der dieſes thut, kann das Lob uud den Beyfall nicht fordern, den er ſich auf die Rechnung ſeiner gluͤck- lichen Erfindungen und Wendungen ver pricht. Jch ziehe ihn warlich die alten Reim-Chronicken vor, die zu mei- ner Zeit, wo man nicht gewohnt war alles zu Buche zu ſetzen, edle Thaten im Gedaͤchtniß zu erhalten ſuchten. Jhr Zweck war wenigſtens groͤßer. Man lernt aus ih- nen, und vergißt daruͤber den Mangel des dichteriſchen Schmucks.
XXIII. Der Autor am Hofe.
Schreiben einer Hofdame.
Heute koͤnnte ich Jhnen einmal recht viel ſchreiben, Obrera iſt bey Capitain Cook, und wir Hofdamen ſind in Gnaden zu Hauſe gelaſſen. Allein zur Aſſenblee-
zeit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0105"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">An einen jungen Dichter.</hi></fw><lb/>
er ſeinem guten Weibe, und ihren Kindern verſchaffen<lb/>
wuͤrde.</p><lb/><p>Wenn ich mir eine ganze Colonie von Neubauern auf<lb/>
dieſe Art gedenke: ſo wuͤrde ich ihr einen Dichter wuͤn-<lb/>ſchen, der das Gluͤck von einem ſolchen Weibe empfan-<lb/>
gen, geliebt und erquickt zu werden, mit allen Reitzun-<lb/>
gen mahlte, und dadurch nicht allein die Maͤnner zum<lb/>
fernern Ausroden ermunterte, ſondern ihnen auch ihre<lb/>
Belohnung fuͤhlbarer machte. Allein die Reitzungen der<lb/>
Liebe und des Weins fuͤr ein verwoͤhntes Volk zu ſingen,<lb/>
iſt ganz etwas anders. Der ſanfteſte Trieb, den Gott dem<lb/>
Menſchen gab, wird dadurch abgewuͤrdiget, daß man<lb/>
ihn zu mindern und unedlen Zwecken braucht; und der<lb/>
Dichter der dieſes thut, kann das Lob uud den Beyfall<lb/>
nicht fordern, den er ſich auf die Rechnung ſeiner gluͤck-<lb/>
lichen Erfindungen und Wendungen ver pricht. Jch ziehe<lb/>
ihn warlich die alten Reim-Chronicken vor, die zu mei-<lb/>
ner Zeit, wo man nicht gewohnt war alles zu Buche zu<lb/>ſetzen, edle Thaten im Gedaͤchtniß zu erhalten ſuchten.<lb/>
Jhr Zweck war wenigſtens groͤßer. Man lernt aus ih-<lb/>
nen, und vergißt daruͤber den Mangel des dichteriſchen<lb/>
Schmucks.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XXIII.</hi><lb/><hirendition="#g">Der Autor am Hofe</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Schreiben einer Hofdame.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">H</hi>eute koͤnnte ich Jhnen einmal recht viel ſchreiben,<lb/><hirendition="#fr">Obrera</hi> iſt bey Capitain <hirendition="#fr">Cook,</hi> und wir Hofdamen<lb/>ſind in Gnaden zu Hauſe gelaſſen. Allein zur Aſſenblee-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zeit</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[93/0105]
An einen jungen Dichter.
er ſeinem guten Weibe, und ihren Kindern verſchaffen
wuͤrde.
Wenn ich mir eine ganze Colonie von Neubauern auf
dieſe Art gedenke: ſo wuͤrde ich ihr einen Dichter wuͤn-
ſchen, der das Gluͤck von einem ſolchen Weibe empfan-
gen, geliebt und erquickt zu werden, mit allen Reitzun-
gen mahlte, und dadurch nicht allein die Maͤnner zum
fernern Ausroden ermunterte, ſondern ihnen auch ihre
Belohnung fuͤhlbarer machte. Allein die Reitzungen der
Liebe und des Weins fuͤr ein verwoͤhntes Volk zu ſingen,
iſt ganz etwas anders. Der ſanfteſte Trieb, den Gott dem
Menſchen gab, wird dadurch abgewuͤrdiget, daß man
ihn zu mindern und unedlen Zwecken braucht; und der
Dichter der dieſes thut, kann das Lob uud den Beyfall
nicht fordern, den er ſich auf die Rechnung ſeiner gluͤck-
lichen Erfindungen und Wendungen ver pricht. Jch ziehe
ihn warlich die alten Reim-Chronicken vor, die zu mei-
ner Zeit, wo man nicht gewohnt war alles zu Buche zu
ſetzen, edle Thaten im Gedaͤchtniß zu erhalten ſuchten.
Jhr Zweck war wenigſtens groͤßer. Man lernt aus ih-
nen, und vergißt daruͤber den Mangel des dichteriſchen
Schmucks.
XXIII.
Der Autor am Hofe.
Schreiben einer Hofdame.
Heute koͤnnte ich Jhnen einmal recht viel ſchreiben,
Obrera iſt bey Capitain Cook, und wir Hofdamen
ſind in Gnaden zu Hauſe gelaſſen. Allein zur Aſſenblee-
zeit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/105>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.