Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.
Der Bauerhof, gesetzt hat. Der eine Gutsherr macht sich ein Gewissendaraus ihn abzuäussern; der andre, so dazu schreitet, fin- det keinen der den Hof wieder annehmen will, weil sich jeder im Kirchspiel ein Gewissen daraus macht, auf einen Hof zu ziehen, wovon das Geblüt entsetzet worden. So bald ist aber nicht der Freystamm erklärt: so fällt das Gewissen von beyden Seiten weg, und die Abäusserung wird gleich- sam ein gemeiner Verkauf des Freystamms, wodurch nie- mand betrübt, verkürzet oder betrogen werden kann, so lange das Schuldbuch öffentlich und richterlich gehalten wird .. So sprachen unsre Urenkel. Was wir jetzt sagen, weiß LXII. Der Bauerhof, als eine Actie betrachtet *). Wir haben alle einigen Begriff von den grossen Com- ses *) Man muß es dem Verfasser nicht verdenken, daß er zu oft von
dieser Materie redet. Sie ist die wichtigste für das Wohl der Staaten, und in öffentlichen Schriften noch wenig behandelt. Die Aufsätze, so hier auf einander folgen, sind in den Zeiträu- men von mehrern Jahren geschrieben, und enthalten oft einen Gedanken mehrmals. Allein wer in einem Regierungscollegio sitzt, und täglich den verschiednen Beschwerden und Forderun- gen, nach einer Theorie, welche auf die mindeste Aufopferung von Freyheit und Eigenthum gegründet ist, abhelfen soll, weiß es am besten, wie vieles daran gelegen, solche Grundsätze auf- recht zu erhalten. Der Bauerhof, geſetzt hat. Der eine Gutsherr macht ſich ein Gewiſſendaraus ihn abzuaͤuſſern; der andre, ſo dazu ſchreitet, fin- det keinen der den Hof wieder annehmen will, weil ſich jeder im Kirchſpiel ein Gewiſſen daraus macht, auf einen Hof zu ziehen, wovon das Gebluͤt entſetzet worden. So bald iſt aber nicht der Freyſtamm erklaͤrt: ſo faͤllt das Gewiſſen von beyden Seiten weg, und die Abaͤuſſerung wird gleich- ſam ein gemeiner Verkauf des Freyſtamms, wodurch nie- mand betruͤbt, verkuͤrzet oder betrogen werden kann, ſo lange das Schuldbuch oͤffentlich und richterlich gehalten wird .. So ſprachen unſre Urenkel. Was wir jetzt ſagen, weiß LXII. Der Bauerhof, als eine Actie betrachtet *). Wir haben alle einigen Begriff von den groſſen Com- ſes *) Man muß es dem Verfaſſer nicht verdenken, daß er zu oft von
dieſer Materie redet. Sie iſt die wichtigſte fuͤr das Wohl der Staaten, und in oͤffentlichen Schriften noch wenig behandelt. Die Aufſaͤtze, ſo hier auf einander folgen, ſind in den Zeitraͤu- men von mehrern Jahren geſchrieben, und enthalten oft einen Gedanken mehrmals. Allein wer in einem Regierungscollegio ſitzt, und taͤglich den verſchiednen Beſchwerden und Forderun- gen, nach einer Theorie, welche auf die mindeſte Aufopferung von Freyheit und Eigenthum gegruͤndet iſt, abhelfen ſoll, weiß es am beſten, wie vieles daran gelegen, ſolche Grundſaͤtze auf- recht zu erhalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0312" n="298"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Bauerhof,</hi></fw><lb/> geſetzt hat. Der eine Gutsherr macht ſich ein Gewiſſen<lb/> daraus ihn abzuaͤuſſern; der andre, ſo dazu ſchreitet, fin-<lb/> det keinen der den Hof wieder annehmen will, weil ſich jeder<lb/> im Kirchſpiel ein Gewiſſen daraus macht, auf einen Hof zu<lb/> ziehen, wovon das Gebluͤt entſetzet worden. So bald iſt<lb/> aber nicht der Freyſtamm erklaͤrt: ſo faͤllt das Gewiſſen<lb/> von beyden Seiten weg, und die Abaͤuſſerung wird gleich-<lb/> ſam ein gemeiner Verkauf des Freyſtamms, wodurch nie-<lb/> mand betruͤbt, verkuͤrzet oder betrogen werden kann, ſo lange<lb/> das Schuldbuch oͤffentlich und richterlich gehalten wird ..</p><lb/> <p>So ſprachen unſre Urenkel. Was wir jetzt ſagen, weiß<lb/> ein jeder.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">LXII.</hi><lb/> Der Bauerhof, als eine Actie<lb/> betrachtet</hi><note place="foot" n="*)">Man muß es dem Verfaſſer nicht verdenken, daß er zu oft von<lb/> dieſer Materie redet. Sie iſt die wichtigſte fuͤr das Wohl der<lb/> Staaten, und in oͤffentlichen Schriften noch wenig behandelt.<lb/> Die Aufſaͤtze, ſo hier auf einander folgen, ſind in den Zeitraͤu-<lb/> men von mehrern Jahren geſchrieben, und enthalten oft einen<lb/> Gedanken mehrmals. Allein wer in einem Regierungscollegio<lb/> ſitzt, und taͤglich den verſchiednen Beſchwerden und Forderun-<lb/> gen, nach einer Theorie, welche auf die mindeſte Aufopferung<lb/> von Freyheit und Eigenthum gegruͤndet iſt, abhelfen ſoll, weiß<lb/> es am beſten, wie vieles daran gelegen, ſolche Grundſaͤtze auf-<lb/> recht zu erhalten.</note>.</head><lb/> <p>Wir haben alle einigen Begriff von den groſſen Com-<lb/> pagnien, welche nach Oſt- und Weſtindien han-<lb/> deln; wir wiſſen, daß dieſelben aus Leuten beſtehen, wovon<lb/> jeder ein ſichers Capital hergeſchoſſen hat; wir nennen die-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſes</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [298/0312]
Der Bauerhof,
geſetzt hat. Der eine Gutsherr macht ſich ein Gewiſſen
daraus ihn abzuaͤuſſern; der andre, ſo dazu ſchreitet, fin-
det keinen der den Hof wieder annehmen will, weil ſich jeder
im Kirchſpiel ein Gewiſſen daraus macht, auf einen Hof zu
ziehen, wovon das Gebluͤt entſetzet worden. So bald iſt
aber nicht der Freyſtamm erklaͤrt: ſo faͤllt das Gewiſſen
von beyden Seiten weg, und die Abaͤuſſerung wird gleich-
ſam ein gemeiner Verkauf des Freyſtamms, wodurch nie-
mand betruͤbt, verkuͤrzet oder betrogen werden kann, ſo lange
das Schuldbuch oͤffentlich und richterlich gehalten wird ..
So ſprachen unſre Urenkel. Was wir jetzt ſagen, weiß
ein jeder.
LXII.
Der Bauerhof, als eine Actie
betrachtet *).
Wir haben alle einigen Begriff von den groſſen Com-
pagnien, welche nach Oſt- und Weſtindien han-
deln; wir wiſſen, daß dieſelben aus Leuten beſtehen, wovon
jeder ein ſichers Capital hergeſchoſſen hat; wir nennen die-
ſes
*) Man muß es dem Verfaſſer nicht verdenken, daß er zu oft von
dieſer Materie redet. Sie iſt die wichtigſte fuͤr das Wohl der
Staaten, und in oͤffentlichen Schriften noch wenig behandelt.
Die Aufſaͤtze, ſo hier auf einander folgen, ſind in den Zeitraͤu-
men von mehrern Jahren geſchrieben, und enthalten oft einen
Gedanken mehrmals. Allein wer in einem Regierungscollegio
ſitzt, und taͤglich den verſchiednen Beſchwerden und Forderun-
gen, nach einer Theorie, welche auf die mindeſte Aufopferung
von Freyheit und Eigenthum gegruͤndet iſt, abhelfen ſoll, weiß
es am beſten, wie vieles daran gelegen, ſolche Grundſaͤtze auf-
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| Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/312>, abgerufen am 21.12.2024. |
