als das Urtheil eines Jünglings, fragte er sie: ob sie sich nie an einem Apfelbaum in der Blüte ergötzt hätten?
Und die sieben Weisen giengen wieder zurück, jeder in seine Heymath; und jedermann sagte am Hofe, daß wann die Hunde, Katzen und Mäuse und Vögel zusammen in einem Korbe oder einer Kammer leben sollte, wie denn die Welt nicht groß genug wäre, um einem jeden Thiere sein besonders Revier zu geben, sie so erzogen werden müsten, wie sie der alte weise König erzogen hätte.
LVII. Also sollten die Kosten eines Concurs- processes billig nicht auf sämmtliche Gläubiger vertheilet werden.
Die Absicht Ihres Königs, mein Freund! ist unstrei- tig, die Sicherheit der Gläubiger auf alle Weise zu befördern, und wenn es möglich wäre, ihnen ihre Forde- rungen gegen jeden Zufall zu versichern. Zu diesem großen Zwecke hat er eine neue Justitzverfassung erschaffen, die be- sten Gerichtsordnungen gegeben, die redlichsten und geschick- testen Männer zu Richtern erwählt, die Sportuln aufs schärfste bestimmt, die Hypothekenbücher eingeführt, dem Zinslauf wie dem Concursprocesse ein gemessenes Ziel ge- setzt, und dem Gläubiger gleichsam bis auf eine Minute und bis auf einen Pfennig gesagt, wie lange ihn ein un- glücklicher Schuldner hinhalten, und wie viel er bey ihm verlieren könne. Der geringe Rest der Unsicherheit, wel- cher sich durch menschliche Weisheit nicht zwingen läßt, ist dadurch aufs möglichste verkleinert, und dergestalt zum An- schlag gebracht, daß jeder der einem andern Geld leiht, sei- nen möglichen Verlust in voraus berechnen, allenfalls die
Assecu-
auf eine neue Weiſe erzog.
als das Urtheil eines Juͤnglings, fragte er ſie: ob ſie ſich nie an einem Apfelbaum in der Bluͤte ergoͤtzt haͤtten?
Und die ſieben Weiſen giengen wieder zuruͤck, jeder in ſeine Heymath; und jedermann ſagte am Hofe, daß wann die Hunde, Katzen und Maͤuſe und Voͤgel zuſammen in einem Korbe oder einer Kammer leben ſollte, wie denn die Welt nicht groß genug waͤre, um einem jeden Thiere ſein beſonders Revier zu geben, ſie ſo erzogen werden muͤſten, wie ſie der alte weiſe Koͤnig erzogen haͤtte.
LVII. Alſo ſollten die Koſten eines Concurs- proceſſes billig nicht auf ſaͤmmtliche Glaͤubiger vertheilet werden.
Die Abſicht Ihres Koͤnigs, mein Freund! iſt unſtrei- tig, die Sicherheit der Glaͤubiger auf alle Weiſe zu befoͤrdern, und wenn es moͤglich waͤre, ihnen ihre Forde- rungen gegen jeden Zufall zu verſichern. Zu dieſem großen Zwecke hat er eine neue Juſtitzverfaſſung erſchaffen, die be- ſten Gerichtsordnungen gegeben, die redlichſten und geſchick- teſten Maͤnner zu Richtern erwaͤhlt, die Sportuln aufs ſchaͤrfſte beſtimmt, die Hypothekenbuͤcher eingefuͤhrt, dem Zinslauf wie dem Concursproceſſe ein gemeſſenes Ziel ge- ſetzt, und dem Glaͤubiger gleichſam bis auf eine Minute und bis auf einen Pfennig geſagt, wie lange ihn ein un- gluͤcklicher Schuldner hinhalten, und wie viel er bey ihm verlieren koͤnne. Der geringe Reſt der Unſicherheit, wel- cher ſich durch menſchliche Weisheit nicht zwingen laͤßt, iſt dadurch aufs moͤglichſte verkleinert, und dergeſtalt zum An- ſchlag gebracht, daß jeder der einem andern Geld leiht, ſei- nen moͤglichen Verluſt in voraus berechnen, allenfalls die
Aſſecu-
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auf eine neue Weiſe erzog.
als das Urtheil eines Juͤnglings, fragte er ſie: ob ſie ſich
nie an einem Apfelbaum in der Bluͤte ergoͤtzt haͤtten?
Und die ſieben Weiſen giengen wieder zuruͤck, jeder in
ſeine Heymath; und jedermann ſagte am Hofe, daß wann
die Hunde, Katzen und Maͤuſe und Voͤgel zuſammen in
einem Korbe oder einer Kammer leben ſollte, wie denn die
Welt nicht groß genug waͤre, um einem jeden Thiere ſein
beſonders Revier zu geben, ſie ſo erzogen werden muͤſten,
wie ſie der alte weiſe Koͤnig erzogen haͤtte.
LVII.
Alſo ſollten die Koſten eines Concurs-
proceſſes billig nicht auf ſaͤmmtliche
Glaͤubiger vertheilet werden.
Die Abſicht Ihres Koͤnigs, mein Freund! iſt unſtrei-
tig, die Sicherheit der Glaͤubiger auf alle Weiſe zu
befoͤrdern, und wenn es moͤglich waͤre, ihnen ihre Forde-
rungen gegen jeden Zufall zu verſichern. Zu dieſem großen
Zwecke hat er eine neue Juſtitzverfaſſung erſchaffen, die be-
ſten Gerichtsordnungen gegeben, die redlichſten und geſchick-
teſten Maͤnner zu Richtern erwaͤhlt, die Sportuln aufs
ſchaͤrfſte beſtimmt, die Hypothekenbuͤcher eingefuͤhrt, dem
Zinslauf wie dem Concursproceſſe ein gemeſſenes Ziel ge-
ſetzt, und dem Glaͤubiger gleichſam bis auf eine Minute
und bis auf einen Pfennig geſagt, wie lange ihn ein un-
gluͤcklicher Schuldner hinhalten, und wie viel er bey ihm
verlieren koͤnne. Der geringe Reſt der Unſicherheit, wel-
cher ſich durch menſchliche Weisheit nicht zwingen laͤßt, iſt
dadurch aufs moͤglichſte verkleinert, und dergeſtalt zum An-
ſchlag gebracht, daß jeder der einem andern Geld leiht, ſei-
nen moͤglichen Verluſt in voraus berechnen, allenfalls die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/265>, abgerufen am 03.03.2025.
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