Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

der deutsch. und engl. Handelscompagnie.
ganzen Handel an sich gezogen, und die übrige Welt nö-
thigten, alles aus der zweyten Hand zu nehmen.

-- Ob eine Aenderung hierinn zu erwarten oder je-
mals zu hoffen sey, ist eine Frage die wohl niemand so
gerade zu beantworten wird. In der jetzigen Lage ist es
besser den Paßivhandel zu erhalten, als es durch gar zu
heroische Unternehmungen dahin zu bringen, daß die See-
städte so wenig fremde als einheimische Waaren vorkaufen
können. Die Folge davon mögte leicht seyn, daß die Eng-
länder uns alle ihre Waaren für die Thür brächten, und
unsre deutschen Producte gegen eine ihnen beliebige Provi-
sion überall an der Quelle auf kauften. Und dann ...



L.
Von dem wichtigen Unterscheide
zwischen der Hörigkeit und Knechtschaft.

Der Gränzstein woran sich der Hörige Mann (litus
oder lito) von dem eigentlichen Leibeignen (ho-
mine proprio
) scheidet, wird zwar von allen erkannt,
aber nicht so deutlich angegeben, daß man sich nicht immer
noch eine kleine Erläuterung wünschen sollte. Wenigstens
habe ich dieses oft und so lange gethan, bis ich mir die
Hörigkeit unter der römischen Suitaet gedachte. Nun
aber glaubte ich auch, wie es uns Gelehrten bisweilen zu
gehen pflegt, die Sache viel klärer einzusehen als alle meine
Vorgänger; jedoch um versichert zu seyn, ob ich darunter
meiner Einbildung zu viel eingeräumet habe, will ich den
Gang meiner Gedanken getreulich vorlegen.

Die Römer kannten die Suitatem nur im Hausstande,
und nach derselben waren die Kinder, so lange sie nicht frey

gelassen

der deutſch. und engl. Handelscompagnie.
ganzen Handel an ſich gezogen, und die uͤbrige Welt noͤ-
thigten, alles aus der zweyten Hand zu nehmen.

— Ob eine Aenderung hierinn zu erwarten oder je-
mals zu hoffen ſey, iſt eine Frage die wohl niemand ſo
gerade zu beantworten wird. In der jetzigen Lage iſt es
beſſer den Paßivhandel zu erhalten, als es durch gar zu
heroiſche Unternehmungen dahin zu bringen, daß die See-
ſtaͤdte ſo wenig fremde als einheimiſche Waaren vorkaufen
koͤnnen. Die Folge davon moͤgte leicht ſeyn, daß die Eng-
laͤnder uns alle ihre Waaren fuͤr die Thuͤr braͤchten, und
unſre deutſchen Producte gegen eine ihnen beliebige Provi-
ſion uͤberall an der Quelle auf kauften. Und dann …



L.
Von dem wichtigen Unterſcheide
zwiſchen der Hoͤrigkeit und Knechtſchaft.

Der Graͤnzſtein woran ſich der Hoͤrige Mann (litus
oder lito) von dem eigentlichen Leibeignen (ho-
mine proprio
) ſcheidet, wird zwar von allen erkannt,
aber nicht ſo deutlich angegeben, daß man ſich nicht immer
noch eine kleine Erlaͤuterung wuͤnſchen ſollte. Wenigſtens
habe ich dieſes oft und ſo lange gethan, bis ich mir die
Hoͤrigkeit unter der roͤmiſchen Suitaet gedachte. Nun
aber glaubte ich auch, wie es uns Gelehrten bisweilen zu
gehen pflegt, die Sache viel klaͤrer einzuſehen als alle meine
Vorgaͤnger; jedoch um verſichert zu ſeyn, ob ich darunter
meiner Einbildung zu viel eingeraͤumet habe, will ich den
Gang meiner Gedanken getreulich vorlegen.

Die Roͤmer kannten die Suitatem nur im Hausſtande,
und nach derſelben waren die Kinder, ſo lange ſie nicht frey

gelaſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="187"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der deut&#x017F;ch. und engl. Handelscompagnie.</hi></fw><lb/>
ganzen Handel an &#x017F;ich gezogen, und die u&#x0364;brige Welt no&#x0364;-<lb/>
thigten, alles aus der zweyten Hand zu nehmen.</p><lb/>
        <p>&#x2014; Ob eine Aenderung hierinn zu erwarten oder je-<lb/>
mals zu hoffen &#x017F;ey, i&#x017F;t eine Frage die wohl niemand &#x017F;o<lb/>
gerade zu beantworten wird. In der jetzigen Lage i&#x017F;t es<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er den Paßivhandel zu erhalten, als es durch gar zu<lb/>
heroi&#x017F;che Unternehmungen dahin zu bringen, daß die See-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dte &#x017F;o wenig fremde als einheimi&#x017F;che Waaren vorkaufen<lb/>
ko&#x0364;nnen. Die Folge davon mo&#x0364;gte leicht &#x017F;eyn, daß die Eng-<lb/>
la&#x0364;nder uns alle ihre Waaren fu&#x0364;r die Thu&#x0364;r bra&#x0364;chten, und<lb/>
un&#x017F;re deut&#x017F;chen Producte gegen eine ihnen beliebige Provi-<lb/>
&#x017F;ion u&#x0364;berall an der Quelle auf kauften. Und dann &#x2026;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">L.</hi><lb/>
Von dem wichtigen Unter&#x017F;cheide<lb/>
zwi&#x017F;chen der Ho&#x0364;rigkeit und Knecht&#x017F;chaft.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Gra&#x0364;nz&#x017F;tein woran &#x017F;ich der <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;rige</hi> Mann (<hi rendition="#aq">litus</hi><lb/>
oder <hi rendition="#aq">lito</hi>) von dem eigentlichen <hi rendition="#fr">Leibeignen</hi> (<hi rendition="#aq">ho-<lb/>
mine proprio</hi>) &#x017F;cheidet, wird zwar von allen erkannt,<lb/>
aber nicht &#x017F;o deutlich angegeben, daß man &#x017F;ich nicht immer<lb/>
noch eine kleine Erla&#x0364;uterung wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;ollte. Wenig&#x017F;tens<lb/>
habe ich die&#x017F;es oft und &#x017F;o lange gethan, bis ich mir die<lb/><hi rendition="#fr">Ho&#x0364;rigkeit</hi> unter der ro&#x0364;mi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Suitaet</hi> gedachte. Nun<lb/>
aber glaubte ich auch, wie es uns Gelehrten bisweilen zu<lb/>
gehen pflegt, die Sache viel kla&#x0364;rer einzu&#x017F;ehen als alle meine<lb/>
Vorga&#x0364;nger; jedoch um ver&#x017F;ichert zu &#x017F;eyn, ob ich darunter<lb/>
meiner Einbildung zu viel eingera&#x0364;umet habe, will ich den<lb/>
Gang meiner Gedanken getreulich vorlegen.</p><lb/>
        <p>Die Ro&#x0364;mer kannten die <hi rendition="#aq">Suitatem</hi> nur im Haus&#x017F;tande,<lb/>
und nach der&#x017F;elben waren die Kinder, &#x017F;o lange &#x017F;ie nicht frey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gela&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0201] der deutſch. und engl. Handelscompagnie. ganzen Handel an ſich gezogen, und die uͤbrige Welt noͤ- thigten, alles aus der zweyten Hand zu nehmen. — Ob eine Aenderung hierinn zu erwarten oder je- mals zu hoffen ſey, iſt eine Frage die wohl niemand ſo gerade zu beantworten wird. In der jetzigen Lage iſt es beſſer den Paßivhandel zu erhalten, als es durch gar zu heroiſche Unternehmungen dahin zu bringen, daß die See- ſtaͤdte ſo wenig fremde als einheimiſche Waaren vorkaufen koͤnnen. Die Folge davon moͤgte leicht ſeyn, daß die Eng- laͤnder uns alle ihre Waaren fuͤr die Thuͤr braͤchten, und unſre deutſchen Producte gegen eine ihnen beliebige Provi- ſion uͤberall an der Quelle auf kauften. Und dann … L. Von dem wichtigen Unterſcheide zwiſchen der Hoͤrigkeit und Knechtſchaft. Der Graͤnzſtein woran ſich der Hoͤrige Mann (litus oder lito) von dem eigentlichen Leibeignen (ho- mine proprio) ſcheidet, wird zwar von allen erkannt, aber nicht ſo deutlich angegeben, daß man ſich nicht immer noch eine kleine Erlaͤuterung wuͤnſchen ſollte. Wenigſtens habe ich dieſes oft und ſo lange gethan, bis ich mir die Hoͤrigkeit unter der roͤmiſchen Suitaet gedachte. Nun aber glaubte ich auch, wie es uns Gelehrten bisweilen zu gehen pflegt, die Sache viel klaͤrer einzuſehen als alle meine Vorgaͤnger; jedoch um verſichert zu ſeyn, ob ich darunter meiner Einbildung zu viel eingeraͤumet habe, will ich den Gang meiner Gedanken getreulich vorlegen. Die Roͤmer kannten die Suitatem nur im Hausſtande, und nach derſelben waren die Kinder, ſo lange ſie nicht frey gelaſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/201
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/201>, abgerufen am 22.12.2024.