Könige Abend mit den Großen seines Hofes Würfel spielt; wovon der Vortheil für die Armen ist. Man schließt aber leicht aus der Vergleichung dieser Ceremonie mit den Bock- holtischen Statuten, daß es eine allgemeine deutsche Gewohn- heit gewesen auf Heil. drey Könige Abend Glücksspiele zu spielen; oder sich etwas mehr zu erlauben, als die Gesetze sonst gestatteten.
LXXXII. Die Ehre nach dem Tode.
Die Zeit, mein Sohn, daß ich aus der Welt scheiden muß, nähert sich nun mit jedem Tage; ich fühle daß ich keinem weiter nützlich seyn kan, und gehe andern, die das Werk frischer angreifen können, nur im Wege. Bereite dich also nur in Zeiten deinen Vater, der dich so sehr geliebt hat, zu verlieren; versprich mir aber vorher, daß du mir nach meinem Tode ein Denkmahl in unsrer Kirche aufrichten lassen wollest, wodurch mein Andenken noch auf einige Zeit dem Staate, dem ich gedient habe, erhalten werde. Ich weiß zwar wohl, daß die heutige Welt über dergleichen Dinge spottet. Laß dich aber dadurch nicht abhalten meine letzte Bitte zu erfüllen. In dem vorigen Jahrhundert, worinn ich ge- bohren bin, wurde jedem verdienten Mann ein solches Ehren- gedächtniß errichtet, und ich glaube es auch verdient zu haben. Die Sitte der damaligen Zeiten gefällt mir überhaupt besser als die jetzige, und ich sehe es als eine höchstschädliche Neue- rung an, daß man den verdienten wie den unverdienten Mann ganz in aller Stille verscharret, und oft den einen so wenig als den andern mit einem Stein bedeckt, der seinen Namen
der
Die Ehre nach dem Tode.
Koͤnige Abend mit den Großen ſeines Hofes Wuͤrfel ſpielt; wovon der Vortheil fuͤr die Armen iſt. Man ſchließt aber leicht aus der Vergleichung dieſer Ceremonie mit den Bock- holtiſchen Statuten, daß es eine allgemeine deutſche Gewohn- heit geweſen auf Heil. drey Koͤnige Abend Gluͤcksſpiele zu ſpielen; oder ſich etwas mehr zu erlauben, als die Geſetze ſonſt geſtatteten.
LXXXII. Die Ehre nach dem Tode.
Die Zeit, mein Sohn, daß ich aus der Welt ſcheiden muß, naͤhert ſich nun mit jedem Tage; ich fuͤhle daß ich keinem weiter nuͤtzlich ſeyn kan, und gehe andern, die das Werk friſcher angreifen koͤnnen, nur im Wege. Bereite dich alſo nur in Zeiten deinen Vater, der dich ſo ſehr geliebt hat, zu verlieren; verſprich mir aber vorher, daß du mir nach meinem Tode ein Denkmahl in unſrer Kirche aufrichten laſſen wolleſt, wodurch mein Andenken noch auf einige Zeit dem Staate, dem ich gedient habe, erhalten werde. Ich weiß zwar wohl, daß die heutige Welt uͤber dergleichen Dinge ſpottet. Laß dich aber dadurch nicht abhalten meine letzte Bitte zu erfuͤllen. In dem vorigen Jahrhundert, worinn ich ge- bohren bin, wurde jedem verdienten Mann ein ſolches Ehren- gedaͤchtniß errichtet, und ich glaube es auch verdient zu haben. Die Sitte der damaligen Zeiten gefaͤllt mir uͤberhaupt beſſer als die jetzige, und ich ſehe es als eine hoͤchſtſchaͤdliche Neue- rung an, daß man den verdienten wie den unverdienten Mann ganz in aller Stille verſcharret, und oft den einen ſo wenig als den andern mit einem Stein bedeckt, der ſeinen Namen
der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0466"n="448"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Ehre nach dem Tode.</hi></fw><lb/>
Koͤnige Abend mit den Großen ſeines Hofes Wuͤrfel ſpielt;<lb/>
wovon der Vortheil fuͤr die Armen iſt. Man ſchließt aber<lb/>
leicht aus der Vergleichung dieſer Ceremonie mit den Bock-<lb/>
holtiſchen Statuten, daß es eine allgemeine deutſche Gewohn-<lb/>
heit geweſen auf Heil. drey Koͤnige Abend Gluͤcksſpiele zu<lb/>ſpielen; oder ſich etwas mehr zu erlauben, als die Geſetze ſonſt<lb/>
geſtatteten.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">LXXXII.</hi><lb/>
Die Ehre nach dem Tode.</hi></head><lb/><p>Die Zeit, mein Sohn, daß ich aus der Welt ſcheiden<lb/>
muß, naͤhert ſich nun mit jedem Tage; ich fuͤhle daß<lb/>
ich keinem weiter nuͤtzlich ſeyn kan, und gehe andern, die das<lb/>
Werk friſcher angreifen koͤnnen, nur im Wege. Bereite<lb/>
dich alſo nur in Zeiten deinen Vater, der dich ſo ſehr geliebt<lb/>
hat, zu verlieren; verſprich mir aber vorher, daß du mir<lb/>
nach meinem Tode ein Denkmahl in unſrer Kirche aufrichten<lb/>
laſſen wolleſt, wodurch mein Andenken noch auf einige Zeit<lb/>
dem Staate, dem ich gedient habe, erhalten werde. Ich<lb/>
weiß zwar wohl, daß die heutige Welt uͤber dergleichen Dinge<lb/>ſpottet. Laß dich aber dadurch nicht abhalten meine letzte Bitte<lb/>
zu erfuͤllen. In dem vorigen Jahrhundert, worinn ich ge-<lb/>
bohren bin, wurde jedem verdienten Mann ein ſolches Ehren-<lb/>
gedaͤchtniß errichtet, und ich glaube es auch verdient zu haben.<lb/>
Die Sitte der damaligen Zeiten gefaͤllt mir uͤberhaupt beſſer<lb/>
als die jetzige, und ich ſehe es als eine hoͤchſtſchaͤdliche Neue-<lb/>
rung an, daß man den verdienten wie den unverdienten Mann<lb/>
ganz in aller Stille verſcharret, und oft den einen ſo wenig<lb/>
als den andern mit einem Stein bedeckt, der ſeinen Namen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[448/0466]
Die Ehre nach dem Tode.
Koͤnige Abend mit den Großen ſeines Hofes Wuͤrfel ſpielt;
wovon der Vortheil fuͤr die Armen iſt. Man ſchließt aber
leicht aus der Vergleichung dieſer Ceremonie mit den Bock-
holtiſchen Statuten, daß es eine allgemeine deutſche Gewohn-
heit geweſen auf Heil. drey Koͤnige Abend Gluͤcksſpiele zu
ſpielen; oder ſich etwas mehr zu erlauben, als die Geſetze ſonſt
geſtatteten.
LXXXII.
Die Ehre nach dem Tode.
Die Zeit, mein Sohn, daß ich aus der Welt ſcheiden
muß, naͤhert ſich nun mit jedem Tage; ich fuͤhle daß
ich keinem weiter nuͤtzlich ſeyn kan, und gehe andern, die das
Werk friſcher angreifen koͤnnen, nur im Wege. Bereite
dich alſo nur in Zeiten deinen Vater, der dich ſo ſehr geliebt
hat, zu verlieren; verſprich mir aber vorher, daß du mir
nach meinem Tode ein Denkmahl in unſrer Kirche aufrichten
laſſen wolleſt, wodurch mein Andenken noch auf einige Zeit
dem Staate, dem ich gedient habe, erhalten werde. Ich
weiß zwar wohl, daß die heutige Welt uͤber dergleichen Dinge
ſpottet. Laß dich aber dadurch nicht abhalten meine letzte Bitte
zu erfuͤllen. In dem vorigen Jahrhundert, worinn ich ge-
bohren bin, wurde jedem verdienten Mann ein ſolches Ehren-
gedaͤchtniß errichtet, und ich glaube es auch verdient zu haben.
Die Sitte der damaligen Zeiten gefaͤllt mir uͤberhaupt beſſer
als die jetzige, und ich ſehe es als eine hoͤchſtſchaͤdliche Neue-
rung an, daß man den verdienten wie den unverdienten Mann
ganz in aller Stille verſcharret, und oft den einen ſo wenig
als den andern mit einem Stein bedeckt, der ſeinen Namen
der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/466>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.