Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Umgekehrt: es ist rathsamer straßen; und ich ziehe solche allem andern Aufwande, selbstdemjenigen vor, welchen Schauspiele, Maitressen und Jag- den erfordern. Nur wünsche ich nicht, daß man das ge- meine Beste für einen englischen Garten halten, alles große im kleinen umhahmen, und Brücken und Wege auf gemeine Kosten und zum Druck der Unterthanen anlegen möge, wo sie mit der Handlung und dem Interesse des Staats in keinem Verhältniß stehen, und für ein belustigtes Auge zehntausend mit Thränen erfüllen. LXXV. Umgekehrt: es ist rathsamer die Wege zu bessern als auszuflicken. Mein Herr! Sie verlangen meine Anmerkung über das vorige Stück? Die erste Regel unsers Lobredners der schlechten Wege, tigen a) Dieser Aufsatz ist von einem ungenannten Verfasser, der
aber hier mit eingerückt wird, weil man beyde Partheyen hören muß, um richtig zu urtheilen. Umgekehrt: es iſt rathſamer ſtraßen; und ich ziehe ſolche allem andern Aufwande, ſelbſtdemjenigen vor, welchen Schauſpiele, Maitreſſen und Jag- den erfordern. Nur wuͤnſche ich nicht, daß man das ge- meine Beſte fuͤr einen engliſchen Garten halten, alles große im kleinen umhahmen, und Bruͤcken und Wege auf gemeine Koſten und zum Druck der Unterthanen anlegen moͤge, wo ſie mit der Handlung und dem Intereſſe des Staats in keinem Verhaͤltniß ſtehen, und fuͤr ein beluſtigtes Auge zehntauſend mit Thraͤnen erfuͤllen. LXXV. Umgekehrt: es iſt rathſamer die Wege zu beſſern als auszuflicken. Mein Herr! Sie verlangen meine Anmerkung uͤber das vorige Stuͤck? Die erſte Regel unſers Lobredners der ſchlechten Wege, tigen a) Dieſer Aufſatz iſt von einem ungenannten Verfaſſer, der
aber hier mit eingeruͤckt wird, weil man beyde Partheyen hoͤren muß, um richtig zu urtheilen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0440" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Umgekehrt: es iſt rathſamer</hi></fw><lb/> ſtraßen; und ich ziehe ſolche allem andern Aufwande, ſelbſt<lb/> demjenigen vor, welchen Schauſpiele, Maitreſſen und Jag-<lb/> den erfordern. Nur wuͤnſche ich nicht, daß man das ge-<lb/> meine Beſte fuͤr einen engliſchen Garten halten, alles große<lb/> im kleinen umhahmen, und Bruͤcken und Wege auf gemeine<lb/> Koſten und zum Druck der Unterthanen anlegen moͤge, wo ſie<lb/> mit der Handlung und dem Intereſſe des Staats in keinem<lb/> Verhaͤltniß ſtehen, und fuͤr ein beluſtigtes Auge zehntauſend<lb/> mit Thraͤnen erfuͤllen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">LXXV.</hi><lb/> Umgekehrt: es iſt rathſamer die Wege zu<lb/> beſſern als auszuflicken.</hi> </head><lb/> <salute>Mein Herr!</salute><lb/> <p>Sie verlangen meine Anmerkung uͤber das vorige Stuͤck?<lb/> Wohlan hier ſind ſie, ſo wie mir die theils angenehme<lb/> theils traurige Erfahrungen meiner neulichen Reiſe ſelbige<lb/> an die Hand geben. <note place="foot" n="a)">Dieſer Aufſatz iſt von einem ungenannten Verfaſſer, der<lb/> aber hier mit eingeruͤckt wird, weil man beyde Partheyen<lb/> hoͤren muß, um richtig zu urtheilen.</note></p><lb/> <p>Die erſte Regel unſers Lobredners der ſchlechten Wege,<lb/> nicht ohne Noth Feldwege fuͤr Heerſtraßen zu erklaͤren und<lb/> ſolche nicht gruͤndlich zu beſſern, ſondern nur zu flicken, be-<lb/> greife ich ſo gut als ſolche an ſich außer allen Zweifel iſt. Doch<lb/> daß ſehr oft gegen ſelbige verſtoſſen werde, iſt mir bis daher<lb/> unbekannt geweſen. Ich wenigſtens habe auf meinen vielfaͤl-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tigen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [422/0440]
Umgekehrt: es iſt rathſamer
ſtraßen; und ich ziehe ſolche allem andern Aufwande, ſelbſt
demjenigen vor, welchen Schauſpiele, Maitreſſen und Jag-
den erfordern. Nur wuͤnſche ich nicht, daß man das ge-
meine Beſte fuͤr einen engliſchen Garten halten, alles große
im kleinen umhahmen, und Bruͤcken und Wege auf gemeine
Koſten und zum Druck der Unterthanen anlegen moͤge, wo ſie
mit der Handlung und dem Intereſſe des Staats in keinem
Verhaͤltniß ſtehen, und fuͤr ein beluſtigtes Auge zehntauſend
mit Thraͤnen erfuͤllen.
LXXV.
Umgekehrt: es iſt rathſamer die Wege zu
beſſern als auszuflicken.
Mein Herr!
Sie verlangen meine Anmerkung uͤber das vorige Stuͤck?
Wohlan hier ſind ſie, ſo wie mir die theils angenehme
theils traurige Erfahrungen meiner neulichen Reiſe ſelbige
an die Hand geben. a)
Die erſte Regel unſers Lobredners der ſchlechten Wege,
nicht ohne Noth Feldwege fuͤr Heerſtraßen zu erklaͤren und
ſolche nicht gruͤndlich zu beſſern, ſondern nur zu flicken, be-
greife ich ſo gut als ſolche an ſich außer allen Zweifel iſt. Doch
daß ſehr oft gegen ſelbige verſtoſſen werde, iſt mir bis daher
unbekannt geweſen. Ich wenigſtens habe auf meinen vielfaͤl-
tigen
a) Dieſer Aufſatz iſt von einem ungenannten Verfaſſer, der
aber hier mit eingeruͤckt wird, weil man beyde Partheyen
hoͤren muß, um richtig zu urtheilen.
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