Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

zwischen den Kaufmann und Krämer.
Größern, und da es nicht eines jeden Sache ist, so gleich ein
großer Krämer zu werden: so muß man hoffen, daß unter
diesen Aspecten sich wenige der kleinen Krämerey widmen
werden. Man muß hoffen, daß dadurch mancher sich bewe-
gen lassen werde sich wieder zum Handwerk zu wenden, und
daß endlich die Handwerker, wann es zuletzt nur noch auf ei-
nige wenige Feinde ankommt, diese überwältigen und durch
eine neue und verbesserte Einrichtung sich Ehre und Recht ver-
schaffen werden.



XXXXVII.
Jeder zahle seine Zeche.

Die Anzahl der Fündlinge hat sich voriges Jahr in Pa-
ris um zweytausend vermehrt. Dies ist doch ein star-
ker Beweis der herrschenden Unordnung, dürfte mancher em-
pfindsamer Reisender sagen; aber vermuthlich ist es nichts we-
niger, und beweiset dieser starke Zuwachs höchstens nur, daß
alle Generalcassen und Generalaufseher mehr hintergangen
werden, wie andre ehrliche Leute, die entweder blos ihre eigne
Haushaltung führen, oder die ihnen anvertraute Gemein-
heilsausgaben völlig übersehen können. Unsre guten ehrlichen
Vorfahren hielten daher nichts von Generalcassen. Der
Himmel mögte auch dem heiligen römischen Reiche gnädig
seyn, wenn es beständige Reichs- und Kreiscassen, und auf
denselben wie seine Nachbaren einige hundert Millionen
Schulden hätte! Wie viele Pensionen würden daraus verflie-
gen? Wie viel große und kleine Bettler würden daraus le-
ben, und wie viele hohe und geringe Mütter würden an den
Orten, wo diese Cassen stünden, ihre ächten und unächten Kin-

der
U 2

zwiſchen den Kaufmann und Kraͤmer.
Groͤßern, und da es nicht eines jeden Sache iſt, ſo gleich ein
großer Kraͤmer zu werden: ſo muß man hoffen, daß unter
dieſen Aſpecten ſich wenige der kleinen Kraͤmerey widmen
werden. Man muß hoffen, daß dadurch mancher ſich bewe-
gen laſſen werde ſich wieder zum Handwerk zu wenden, und
daß endlich die Handwerker, wann es zuletzt nur noch auf ei-
nige wenige Feinde ankommt, dieſe uͤberwaͤltigen und durch
eine neue und verbeſſerte Einrichtung ſich Ehre und Recht ver-
ſchaffen werden.



XXXXVII.
Jeder zahle ſeine Zeche.

Die Anzahl der Fuͤndlinge hat ſich voriges Jahr in Pa-
ris um zweytauſend vermehrt. Dies iſt doch ein ſtar-
ker Beweis der herrſchenden Unordnung, duͤrfte mancher em-
pfindſamer Reiſender ſagen; aber vermuthlich iſt es nichts we-
niger, und beweiſet dieſer ſtarke Zuwachs hoͤchſtens nur, daß
alle Generalcaſſen und Generalaufſeher mehr hintergangen
werden, wie andre ehrliche Leute, die entweder blos ihre eigne
Haushaltung fuͤhren, oder die ihnen anvertraute Gemein-
heilsausgaben voͤllig uͤberſehen koͤnnen. Unſre guten ehrlichen
Vorfahren hielten daher nichts von Generalcaſſen. Der
Himmel moͤgte auch dem heiligen roͤmiſchen Reiche gnaͤdig
ſeyn, wenn es beſtaͤndige Reichs- und Kreiscaſſen, und auf
denſelben wie ſeine Nachbaren einige hundert Millionen
Schulden haͤtte! Wie viele Penſionen wuͤrden daraus verflie-
gen? Wie viel große und kleine Bettler wuͤrden daraus le-
ben, und wie viele hohe und geringe Muͤtter wuͤrden an den
Orten, wo dieſe Caſſen ſtuͤnden, ihre aͤchten und unaͤchten Kin-

der
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0325" n="307"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zwi&#x017F;chen den Kaufmann und Kra&#x0364;mer.</hi></fw><lb/>
Gro&#x0364;ßern, und da es nicht eines jeden Sache i&#x017F;t, &#x017F;o gleich ein<lb/>
großer Kra&#x0364;mer zu werden: &#x017F;o muß man hoffen, daß unter<lb/>
die&#x017F;en A&#x017F;pecten &#x017F;ich wenige der kleinen Kra&#x0364;merey widmen<lb/>
werden. Man muß hoffen, daß dadurch mancher &#x017F;ich bewe-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en werde &#x017F;ich wieder zum Handwerk zu wenden, und<lb/>
daß endlich die Handwerker, wann es zuletzt nur noch auf ei-<lb/>
nige wenige Feinde ankommt, die&#x017F;e u&#x0364;berwa&#x0364;ltigen und durch<lb/>
eine neue und verbe&#x017F;&#x017F;erte Einrichtung &#x017F;ich Ehre und Recht ver-<lb/>
&#x017F;chaffen werden.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXXXVII.</hi><lb/>
Jeder zahle &#x017F;eine Zeche.</hi> </head><lb/>
        <p>Die Anzahl der Fu&#x0364;ndlinge hat &#x017F;ich voriges Jahr in Pa-<lb/>
ris um zweytau&#x017F;end vermehrt. Dies i&#x017F;t doch ein &#x017F;tar-<lb/>
ker Beweis der herr&#x017F;chenden Unordnung, du&#x0364;rfte mancher em-<lb/>
pfind&#x017F;amer Rei&#x017F;ender &#x017F;agen; aber vermuthlich i&#x017F;t es nichts we-<lb/>
niger, und bewei&#x017F;et die&#x017F;er &#x017F;tarke Zuwachs ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur, daß<lb/>
alle Generalca&#x017F;&#x017F;en und Generalauf&#x017F;eher mehr hintergangen<lb/>
werden, wie andre ehrliche Leute, die entweder blos ihre eigne<lb/>
Haushaltung fu&#x0364;hren, oder die ihnen anvertraute Gemein-<lb/>
heilsausgaben vo&#x0364;llig u&#x0364;ber&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Un&#x017F;re guten ehrlichen<lb/>
Vorfahren hielten daher nichts von Generalca&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Himmel mo&#x0364;gte auch dem heiligen ro&#x0364;mi&#x017F;chen Reiche gna&#x0364;dig<lb/>
&#x017F;eyn, wenn es be&#x017F;ta&#x0364;ndige Reichs- und Kreisca&#x017F;&#x017F;en, und auf<lb/>
den&#x017F;elben wie &#x017F;eine Nachbaren einige hundert Millionen<lb/>
Schulden ha&#x0364;tte! Wie viele Pen&#x017F;ionen wu&#x0364;rden daraus verflie-<lb/>
gen? Wie viel große und kleine Bettler wu&#x0364;rden daraus le-<lb/>
ben, und wie viele hohe und geringe Mu&#x0364;tter wu&#x0364;rden an den<lb/>
Orten, wo die&#x017F;e Ca&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tu&#x0364;nden, ihre a&#x0364;chten und una&#x0364;chten Kin-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0325] zwiſchen den Kaufmann und Kraͤmer. Groͤßern, und da es nicht eines jeden Sache iſt, ſo gleich ein großer Kraͤmer zu werden: ſo muß man hoffen, daß unter dieſen Aſpecten ſich wenige der kleinen Kraͤmerey widmen werden. Man muß hoffen, daß dadurch mancher ſich bewe- gen laſſen werde ſich wieder zum Handwerk zu wenden, und daß endlich die Handwerker, wann es zuletzt nur noch auf ei- nige wenige Feinde ankommt, dieſe uͤberwaͤltigen und durch eine neue und verbeſſerte Einrichtung ſich Ehre und Recht ver- ſchaffen werden. XXXXVII. Jeder zahle ſeine Zeche. Die Anzahl der Fuͤndlinge hat ſich voriges Jahr in Pa- ris um zweytauſend vermehrt. Dies iſt doch ein ſtar- ker Beweis der herrſchenden Unordnung, duͤrfte mancher em- pfindſamer Reiſender ſagen; aber vermuthlich iſt es nichts we- niger, und beweiſet dieſer ſtarke Zuwachs hoͤchſtens nur, daß alle Generalcaſſen und Generalaufſeher mehr hintergangen werden, wie andre ehrliche Leute, die entweder blos ihre eigne Haushaltung fuͤhren, oder die ihnen anvertraute Gemein- heilsausgaben voͤllig uͤberſehen koͤnnen. Unſre guten ehrlichen Vorfahren hielten daher nichts von Generalcaſſen. Der Himmel moͤgte auch dem heiligen roͤmiſchen Reiche gnaͤdig ſeyn, wenn es beſtaͤndige Reichs- und Kreiscaſſen, und auf denſelben wie ſeine Nachbaren einige hundert Millionen Schulden haͤtte! Wie viele Penſionen wuͤrden daraus verflie- gen? Wie viel große und kleine Bettler wuͤrden daraus le- ben, und wie viele hohe und geringe Muͤtter wuͤrden an den Orten, wo dieſe Caſſen ſtuͤnden, ihre aͤchten und unaͤchten Kin- der U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/325
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/325>, abgerufen am 21.11.2024.