sonst nicht möglich die Lehre davon in ihr rechtes Liecht zu setzen. Es muß eine Knechtschaft, wie z. E. unser heutiger Leibeigenthum, gewesen seyn, welche den Adel peremtorie aufhob, so daß er durch den Freybrief gar nicht wieder hergestellet wurde. Es muß eine andre Knechtschaft gewesen seyn, welche ihn nur so lange als die Dienst-Zeit währete, aufhob; so daß durch den Frey- brief der Adel quasi jure postliminii wieder auflebte.
§. 35. Von der Krieges-Zunft im Gefolge.
Allem Ansehen nach ward im Gefolge der Krieg Zunft-mäßig(a) gelernet. Und muste selbst der Sohn eines Königs oder Fürsten seine Dienst-Jahre aushalten, (b) und erst Junge und Knape (c) wer- den, ehe man ihn zum Meister oder Ritter machte. Dieses erhob den Dienst sehr. Und diejenige irren welche dem Dienst-Adel aus seinem Jungen- und Knapen-Stande jetzt einen Vorwurf machen. Rit- terschaft und Knapschaft machen den Edelmann nicht; wohl aber zu gewissen Zeiten eine Vermuthung für seine edle Geburt. Als Knape erhielt er zuerst mit gewissen Feyerlichkeiten Schild und Pfriemen; (d) Wenn er seine Lehr-Jahre ausgehalten hatte, reisete er vermuthlich auf Ebentheuer, oder aufs Krieges- Handwerk; und wenn er sich darinn mit Ruhm ver- halten, dann erhielt er als Ritter, oder auch oft als licentiirter Knape (e) den Degen, wenn er die Rit- terliche Würde, welche ihn zu einen grössern Auf- wand verpflichtete, nicht verlangte. Jn beyden Fäl- len hatte er Meister-Recht; und er konnte sich nun aus dem Gefolge begeben; und selbst Zunft-mäßige Knapen halten. Jn eignem Dienste, wenn er eine
Allo-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
ſonſt nicht moͤglich die Lehre davon in ihr rechtes Liecht zu ſetzen. Es muß eine Knechtſchaft, wie z. E. unſer heutiger Leibeigenthum, geweſen ſeyn, welche den Adel peremtorie aufhob, ſo daß er durch den Freybrief gar nicht wieder hergeſtellet wurde. Es muß eine andre Knechtſchaft geweſen ſeyn, welche ihn nur ſo lange als die Dienſt-Zeit waͤhrete, aufhob; ſo daß durch den Frey- brief der Adel quaſi jure poſtliminii wieder auflebte.
§. 35. Von der Krieges-Zunft im Gefolge.
Allem Anſehen nach ward im Gefolge der Krieg Zunft-maͤßig(a) gelernet. Und muſte ſelbſt der Sohn eines Koͤnigs oder Fuͤrſten ſeine Dienſt-Jahre aushalten, (b) und erſt Junge und Knape (c) wer- den, ehe man ihn zum Meiſter oder Ritter machte. Dieſes erhob den Dienſt ſehr. Und diejenige irren welche dem Dienſt-Adel aus ſeinem Jungen- und Knapen-Stande jetzt einen Vorwurf machen. Rit- terſchaft und Knapſchaft machen den Edelmann nicht; wohl aber zu gewiſſen Zeiten eine Vermuthung fuͤr ſeine edle Geburt. Als Knape erhielt er zuerſt mit gewiſſen Feyerlichkeiten Schild und Pfriemen; (d) Wenn er ſeine Lehr-Jahre ausgehalten hatte, reiſete er vermuthlich auf Ebentheuer, oder aufs Krieges- Handwerk; und wenn er ſich darinn mit Ruhm ver- halten, dann erhielt er als Ritter, oder auch oft als licentiirter Knape (e) den Degen, wenn er die Rit- terliche Wuͤrde, welche ihn zu einen groͤſſern Auf- wand verpflichtete, nicht verlangte. Jn beyden Faͤl- len hatte er Meiſter-Recht; und er konnte ſich nun aus dem Gefolge begeben; und ſelbſt Zunft-maͤßige Knapen halten. Jn eignem Dienſte, wenn er eine
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Oſnabruͤckſche Geſchichte
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ſonſt nicht moͤglich die Lehre davon in ihr rechtes Liecht
zu ſetzen. Es muß eine Knechtſchaft, wie z. E. unſer
heutiger Leibeigenthum, geweſen ſeyn, welche den Adel
peremtorie aufhob, ſo daß er durch den Freybrief gar
nicht wieder hergeſtellet wurde. Es muß eine andre
Knechtſchaft geweſen ſeyn, welche ihn nur ſo lange als
die Dienſt-Zeit waͤhrete, aufhob; ſo daß durch den Frey-
brief der Adel quaſi jure poſtliminii wieder auflebte.
§. 35.
Von der Krieges-Zunft im Gefolge.
Allem Anſehen nach ward im Gefolge der Krieg
Zunft-maͤßig
⁽a⁾
gelernet. Und muſte ſelbſt der
Sohn eines Koͤnigs oder Fuͤrſten ſeine Dienſt-Jahre
aushalten,
⁽b⁾
und erſt Junge und Knape
⁽c⁾
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den, ehe man ihn zum Meiſter oder Ritter machte.
Dieſes erhob den Dienſt ſehr. Und diejenige irren
welche dem Dienſt-Adel aus ſeinem Jungen- und
Knapen-Stande jetzt einen Vorwurf machen. Rit-
terſchaft und Knapſchaft machen den Edelmann nicht;
wohl aber zu gewiſſen Zeiten eine Vermuthung fuͤr
ſeine edle Geburt. Als Knape erhielt er zuerſt mit
gewiſſen Feyerlichkeiten Schild und Pfriemen;
⁽d⁾
Wenn er ſeine Lehr-Jahre ausgehalten hatte, reiſete
er vermuthlich auf Ebentheuer, oder aufs Krieges-
Handwerk; und wenn er ſich darinn mit Ruhm ver-
halten, dann erhielt er als Ritter, oder auch oft als
licentiirter Knape
⁽e⁾
den Degen, wenn er die Rit-
terliche Wuͤrde, welche ihn zu einen groͤſſern Auf-
wand verpflichtete, nicht verlangte. Jn beyden Faͤl-
len hatte er Meiſter-Recht; und er konnte ſich nun
aus dem Gefolge begeben; und ſelbſt Zunft-maͤßige
Knapen halten. Jn eignem Dienſte, wenn er eine
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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/96>, abgerufen am 16.07.2024.
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