§. 88. Vermuthungen über die damaligen Heerwege der Römer in hiesigen Gegenden.
Die Züge der Römer von der Emse nach dieser Seite musten entweder diesen Fluß hinauf über das heutige Meppen bis Rheine laufen, und von dort mit einer Wendung zur Linken den Teutoburger Wald erreichen; oder aber mit einer frühern Einlen- kung über Kloppenburg und die Kuackenbrück durch unser Stift gehn. Andre Heerwege sind noch jetzt nicht vorhanden, und wegen der vielen Mohre und tiefen Gegenden nicht füglich anzunehmen. Erstern scheint Germanicus erwählet zu haben, wie er in einer Richtung gegen die Lippe, durch die Gegend der Bruckter vordrang, und seine Rechte durch die leichten Truppen verwüsten ließ, (b) zum Zeichen daß er mit der Haupt-Armee auf die Linke, wo er den Teutoburger Wald traf, gehn wollte. Die Gebürge und Waldungen mit untermischten Ebnen, deren oft erwehnt wird, nehmen bey Jppenbüren ihren Anfang, und gehen in einer mächtigen Kette durch unser Stift und die Grafschaft Tecklenburg ins Lippische und an die Weser. Germanicus verfolgte damals den Armin, der sich immer tiefer ins Land zog, auf seinen Ab- wegen, (c) und nahm allem Ansehen nach, von dem Varianischen Schlachtfelde, worauf er die zerstreue- ten Gebeine samlen und begraben ließ, eben den Weg, welchen der unglückliche römische Feldherr zu- erst gebahnet hatte; nicht ohne Gefahr ein gleiches Schicksal zu erfahren. Denn er that einen sehr un-
glück-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
§. 88. Vermuthungen uͤber die damaligen Heerwege der Roͤmer in hieſigen Gegenden.
Die Zuͤge der Roͤmer von der Emſe nach dieſer Seite muſten entweder dieſen Fluß hinauf uͤber das heutige Meppen bis Rheine laufen, und von dort mit einer Wendung zur Linken den Teutoburger Wald erreichen; oder aber mit einer fruͤhern Einlen- kung uͤber Kloppenburg und die Kuackenbruͤck durch unſer Stift gehn. Andre Heerwege ſind noch jetzt nicht vorhanden, und wegen der vielen Mohre und tiefen Gegenden nicht fuͤglich anzunehmen. Erſtern ſcheint Germanicus erwaͤhlet zu haben, wie er in einer Richtung gegen die Lippe, durch die Gegend der Bruckter vordrang, und ſeine Rechte durch die leichten Truppen verwuͤſten ließ, (b) zum Zeichen daß er mit der Haupt-Armee auf die Linke, wo er den Teutoburger Wald traf, gehn wollte. Die Gebuͤrge und Waldungen mit untermiſchten Ebnen, deren oft erwehnt wird, nehmen bey Jppenbuͤren ihren Anfang, und gehen in einer maͤchtigen Kette durch unſer Stift und die Grafſchaft Tecklenburg ins Lippiſche und an die Weſer. Germanicus verfolgte damals den Armin, der ſich immer tiefer ins Land zog, auf ſeinen Ab- wegen, (c) und nahm allem Anſehen nach, von dem Varianiſchen Schlachtfelde, worauf er die zerſtreue- ten Gebeine ſamlen und begraben ließ, eben den Weg, welchen der ungluͤckliche roͤmiſche Feldherr zu- erſt gebahnet hatte; nicht ohne Gefahr ein gleiches Schickſal zu erfahren. Denn er that einen ſehr un-
gluͤck-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0214"n="184"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Oſnabruͤckſche Geſchichte</hi></fw><lb/><divn="2"><head>§. 88.<lb/><hirendition="#b">Vermuthungen uͤber die damaligen<lb/>
Heerwege der Roͤmer in hieſigen<lb/>
Gegenden.</hi></head><lb/><p>Die Zuͤge der Roͤmer von der Emſe nach dieſer<lb/>
Seite muſten entweder dieſen Fluß hinauf uͤber das<lb/>
heutige Meppen bis Rheine laufen, und von dort<lb/>
mit einer Wendung zur Linken den Teutoburger<lb/>
Wald erreichen; oder aber mit einer fruͤhern Einlen-<lb/>
kung uͤber Kloppenburg und die Kuackenbruͤck durch<lb/>
unſer Stift gehn. Andre Heerwege ſind noch jetzt<lb/>
nicht vorhanden, und wegen der vielen Mohre und<lb/>
tiefen Gegenden nicht fuͤglich anzunehmen. Erſtern<lb/>ſcheint Germanicus erwaͤhlet zu haben, wie er in<lb/>
einer Richtung gegen die Lippe, durch die Gegend<lb/>
der Bruckter vordrang, und ſeine Rechte durch die<lb/>
leichten Truppen verwuͤſten ließ, <noteplace="end"n="(b)"/> zum Zeichen<lb/>
daß er mit der Haupt-Armee auf die Linke, wo er den<lb/>
Teutoburger Wald traf, gehn wollte. Die Gebuͤrge<lb/>
und Waldungen mit untermiſchten Ebnen, deren oft<lb/>
erwehnt wird, nehmen bey Jppenbuͤren ihren Anfang,<lb/>
und gehen in einer maͤchtigen Kette durch unſer Stift<lb/>
und die Grafſchaft Tecklenburg ins Lippiſche und an die<lb/>
Weſer. Germanicus verfolgte damals den Armin,<lb/>
der ſich immer tiefer ins Land zog, auf ſeinen Ab-<lb/>
wegen, <noteplace="end"n="(c)"/> und nahm allem Anſehen nach, von dem<lb/>
Varianiſchen Schlachtfelde, worauf er die zerſtreue-<lb/>
ten Gebeine ſamlen und begraben ließ, eben den<lb/>
Weg, welchen der ungluͤckliche roͤmiſche Feldherr zu-<lb/>
erſt gebahnet hatte; nicht ohne Gefahr ein gleiches<lb/>
Schickſal zu erfahren. Denn er that einen ſehr un-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gluͤck-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[184/0214]
Oſnabruͤckſche Geſchichte
§. 88.
Vermuthungen uͤber die damaligen
Heerwege der Roͤmer in hieſigen
Gegenden.
Die Zuͤge der Roͤmer von der Emſe nach dieſer
Seite muſten entweder dieſen Fluß hinauf uͤber das
heutige Meppen bis Rheine laufen, und von dort
mit einer Wendung zur Linken den Teutoburger
Wald erreichen; oder aber mit einer fruͤhern Einlen-
kung uͤber Kloppenburg und die Kuackenbruͤck durch
unſer Stift gehn. Andre Heerwege ſind noch jetzt
nicht vorhanden, und wegen der vielen Mohre und
tiefen Gegenden nicht fuͤglich anzunehmen. Erſtern
ſcheint Germanicus erwaͤhlet zu haben, wie er in
einer Richtung gegen die Lippe, durch die Gegend
der Bruckter vordrang, und ſeine Rechte durch die
leichten Truppen verwuͤſten ließ,
⁽b⁾
zum Zeichen
daß er mit der Haupt-Armee auf die Linke, wo er den
Teutoburger Wald traf, gehn wollte. Die Gebuͤrge
und Waldungen mit untermiſchten Ebnen, deren oft
erwehnt wird, nehmen bey Jppenbuͤren ihren Anfang,
und gehen in einer maͤchtigen Kette durch unſer Stift
und die Grafſchaft Tecklenburg ins Lippiſche und an die
Weſer. Germanicus verfolgte damals den Armin,
der ſich immer tiefer ins Land zog, auf ſeinen Ab-
wegen,
⁽c⁾
und nahm allem Anſehen nach, von dem
Varianiſchen Schlachtfelde, worauf er die zerſtreue-
ten Gebeine ſamlen und begraben ließ, eben den
Weg, welchen der ungluͤckliche roͤmiſche Feldherr zu-
erſt gebahnet hatte; nicht ohne Gefahr ein gleiches
Schickſal zu erfahren. Denn er that einen ſehr un-
gluͤck-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/214>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.