Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Alles mit Maas. Mancherlei sind der Gaben, die gütige Götter den Menschen Zum Genusse verliehn und für die tägliche Nothdurft. Aber vor jeglichem Ding begehr' ich gebratenen Schweinsfuß. Meine Frau Wirthin, die merkt's, nun hab' ich alle Tag' Schweinsfüß'. Oefters ahnt' mir im Geist: jezt ist kein einziger Schweinsfuß In der Stadt mehr zu finden: Was krieg' ich zu Mit¬ tage? Schweinsfüß'! Spräche der König nun gleich zu seinem Koch: Schaff' mir Schweinsfüß'! Gnade der Himmel dem Mann! denn nirgend mehr wan¬ delt ein Schweinsfuß. Und ich sagte zur Wirthin zulezt: Nun laßt mir die Schweinsfüß'! Denn er schmeckt mir nicht mehr wie sonst, der bräun¬ liche Schweinsfuß. Aber sie denkt, aus Zartgefühl nur verbät' ich die Schweins¬ füß', Lächelnd bringet sie mir auch heute gebratenen Schweins¬ fuß -- Ei so hole der Teufel auf ewig die höllischen Schweinsfüß'! Alles mit Maas. Mancherlei ſind der Gaben, die guͤtige Goͤtter den Menſchen Zum Genuſſe verliehn und fuͤr die taͤgliche Nothdurft. Aber vor jeglichem Ding begehr' ich gebratenen Schweinsfuß. Meine Frau Wirthin, die merkt's, nun hab' ich alle Tag' Schweinsfuͤß'. Oefters ahnt' mir im Geiſt: jezt iſt kein einziger Schweinsfuß In der Stadt mehr zu finden: Was krieg' ich zu Mit¬ tage? Schweinsfuͤß'! Spraͤche der Koͤnig nun gleich zu ſeinem Koch: Schaff' mir Schweinsfuͤß'! Gnade der Himmel dem Mann! denn nirgend mehr wan¬ delt ein Schweinsfuß. Und ich ſagte zur Wirthin zulezt: Nun laßt mir die Schweinsfuͤß'! Denn er ſchmeckt mir nicht mehr wie ſonſt, der braͤun¬ liche Schweinsfuß. Aber ſie denkt, aus Zartgefuͤhl nur verbaͤt' ich die Schweins¬ fuͤß', Laͤchelnd bringet ſie mir auch heute gebratenen Schweins¬ fuß — Ei ſo hole der Teufel auf ewig die hoͤlliſchen Schweinsfuͤß'! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="214" facs="#f0230"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Alles mit Maas.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Mancherlei ſind der Gaben, die guͤtige Goͤtter den Menſchen</l><lb/> <l>Zum Genuſſe verliehn und fuͤr die taͤgliche Nothdurft.</l><lb/> <l>Aber vor jeglichem Ding begehr' ich gebratenen Schweinsfuß.</l><lb/> <l>Meine Frau Wirthin, die merkt's, nun hab' ich alle Tag'<lb/><hi rendition="#et">Schweinsfuͤß'.</hi></l><lb/> <l>Oefters ahnt' mir im Geiſt: jezt iſt kein einziger<lb/><hi rendition="#et">Schweinsfuß</hi></l><lb/> <l>In der Stadt mehr zu finden: Was krieg' ich zu Mit¬<lb/><hi rendition="#et">tage? Schweinsfuͤß'!</hi></l><lb/> <l>Spraͤche der Koͤnig nun gleich zu ſeinem Koch: Schaff'<lb/><hi rendition="#et">mir Schweinsfuͤß'!</hi></l><lb/> <l>Gnade der Himmel dem Mann! denn nirgend mehr wan¬<lb/><hi rendition="#et">delt ein Schweinsfuß.</hi></l><lb/> <l>Und ich ſagte zur Wirthin zulezt: Nun laßt mir die<lb/><hi rendition="#et">Schweinsfuͤß'!</hi></l><lb/> <l>Denn er ſchmeckt mir nicht mehr wie ſonſt, der braͤun¬<lb/><hi rendition="#et">liche Schweinsfuß.</hi></l><lb/> <l>Aber ſie denkt, aus Zartgefuͤhl nur verbaͤt' ich die Schweins¬<lb/><hi rendition="#et">fuͤß',</hi></l><lb/> <l>Laͤchelnd bringet ſie mir auch heute gebratenen Schweins¬<lb/><hi rendition="#et">fuß —</hi></l><lb/> <l>Ei ſo hole der Teufel auf ewig die hoͤlliſchen Schweinsfuͤß'!</l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [214/0230]
Alles mit Maas.
Mancherlei ſind der Gaben, die guͤtige Goͤtter den Menſchen
Zum Genuſſe verliehn und fuͤr die taͤgliche Nothdurft.
Aber vor jeglichem Ding begehr' ich gebratenen Schweinsfuß.
Meine Frau Wirthin, die merkt's, nun hab' ich alle Tag'
Schweinsfuͤß'.
Oefters ahnt' mir im Geiſt: jezt iſt kein einziger
Schweinsfuß
In der Stadt mehr zu finden: Was krieg' ich zu Mit¬
tage? Schweinsfuͤß'!
Spraͤche der Koͤnig nun gleich zu ſeinem Koch: Schaff'
mir Schweinsfuͤß'!
Gnade der Himmel dem Mann! denn nirgend mehr wan¬
delt ein Schweinsfuß.
Und ich ſagte zur Wirthin zulezt: Nun laßt mir die
Schweinsfuͤß'!
Denn er ſchmeckt mir nicht mehr wie ſonſt, der braͤun¬
liche Schweinsfuß.
Aber ſie denkt, aus Zartgefuͤhl nur verbaͤt' ich die Schweins¬
fuͤß',
Laͤchelnd bringet ſie mir auch heute gebratenen Schweins¬
fuß —
Ei ſo hole der Teufel auf ewig die hoͤlliſchen Schweinsfuͤß'!
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/230>, abgerufen am 03.03.2025. |