Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Der schöne Tag.
In kühler Tiefe spiegelt sich
Des Juli-Himmels warmes Blau,
Libellen tanzen auf der Flut,
Die nicht der kleinste Hauch bewegt.
Zwei Knaben und ein ledig Boot --
Sie springen jauchzend in das Bad,
Der eine taucht gekühlt empor,
Der andre steigt nicht wieder auf.
Ein wilder Schrei: "Der Bruder sank!"
Von Booten wimmelt's schon. Man fischt.
Den Einen rudern sie ans Land,
Der fahl wie ein Verbrecher sitzt.
Der andre Knabe sinkt und sinkt
Gemach hinab, ein Schlummernder,
Geschmiegt das sanfte Lockenhaupt
An einer Nymphe weiße Brust.

Der ſchöne Tag.
In kühler Tiefe ſpiegelt ſich
Des Juli-Himmels warmes Blau,
Libellen tanzen auf der Flut,
Die nicht der kleinſte Hauch bewegt.
Zwei Knaben und ein ledig Boot —
Sie ſpringen jauchzend in das Bad,
Der eine taucht gekühlt empor,
Der andre ſteigt nicht wieder auf.
Ein wilder Schrei: „Der Bruder ſank!“
Von Booten wimmelt's ſchon. Man fiſcht.
Den Einen rudern ſie ans Land,
Der fahl wie ein Verbrecher ſitzt.
Der andre Knabe ſinkt und ſinkt
Gemach hinab, ein Schlummernder,
Geſchmiegt das ſanfte Lockenhaupt
An einer Nymphe weiße Bruſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0326" n="312"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der &#x017F;chöne Tag.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>In kühler Tiefe &#x017F;piegelt &#x017F;ich</l><lb/>
              <l>Des Juli-Himmels warmes Blau,</l><lb/>
              <l>Libellen tanzen auf der Flut,</l><lb/>
              <l>Die nicht der klein&#x017F;te Hauch bewegt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Zwei Knaben und ein ledig Boot &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;pringen jauchzend in das Bad,</l><lb/>
              <l>Der eine taucht gekühlt empor,</l><lb/>
              <l>Der andre &#x017F;teigt nicht wieder auf.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Ein wilder Schrei: &#x201E;Der Bruder &#x017F;ank!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Von Booten wimmelt's &#x017F;chon. Man fi&#x017F;cht.</l><lb/>
              <l>Den Einen rudern &#x017F;ie ans Land,</l><lb/>
              <l>Der fahl wie ein Verbrecher &#x017F;itzt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Der andre Knabe &#x017F;inkt und &#x017F;inkt</l><lb/>
              <l>Gemach hinab, ein Schlummernder,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;chmiegt das &#x017F;anfte Lockenhaupt</l><lb/>
              <l>An einer Nymphe weiße Bru&#x017F;t.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0326] Der ſchöne Tag. In kühler Tiefe ſpiegelt ſich Des Juli-Himmels warmes Blau, Libellen tanzen auf der Flut, Die nicht der kleinſte Hauch bewegt. Zwei Knaben und ein ledig Boot — Sie ſpringen jauchzend in das Bad, Der eine taucht gekühlt empor, Der andre ſteigt nicht wieder auf. Ein wilder Schrei: „Der Bruder ſank!“ Von Booten wimmelt's ſchon. Man fiſcht. Den Einen rudern ſie ans Land, Der fahl wie ein Verbrecher ſitzt. Der andre Knabe ſinkt und ſinkt Gemach hinab, ein Schlummernder, Geſchmiegt das ſanfte Lockenhaupt An einer Nymphe weiße Bruſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/326
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/326>, abgerufen am 22.12.2024.