Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Die spanischen Brüder. "Da find' ich dich! In Wintergraus Hält dich ein deutsches Donaunest, Ein schneebelastet Giebelhaus, Kind einer heißen Sonne, fest. Was treibst du hier? Mit toller Brunst Bohrst du dich in Folianten ein? Vom Teufel kommt die schwarze Kunst! Griechisch? Die Kirche spricht Latein! Darüber sitzest, Nacht um Nacht, Du auf? Noch qualmt der Lampe Docht! Auch siehst du bleich und überwacht, Der sonst so weidlich ritt und focht! Du darbst? Du meidest jede Lust? Von allem Denken mach dich frei! Verbrenn' an einer warmen Brust, Ertränk' in Wein die Ketzerei! Ergreife Schwert und Eisenhut!
Dem Spanier ward die Welt zum Raub! Nach Flandern! Eh dein Edelblut Versiegt in ekelm Bücherstaub! Die ſpaniſchen Brüder. „Da find' ich dich! In Wintergraus Hält dich ein deutſches Donauneſt, Ein ſchneebelaſtet Giebelhaus, Kind einer heißen Sonne, feſt. Was treibſt du hier? Mit toller Brunſt Bohrſt du dich in Folianten ein? Vom Teufel kommt die ſchwarze Kunſt! Griechiſch? Die Kirche ſpricht Latein! Darüber ſitzeſt, Nacht um Nacht, Du auf? Noch qualmt der Lampe Docht! Auch ſiehſt du bleich und überwacht, Der ſonſt ſo weidlich ritt und focht! Du darbſt? Du meideſt jede Luſt? Von allem Denken mach dich frei! Verbrenn' an einer warmen Bruſt, Ertränk' in Wein die Ketzerei! Ergreife Schwert und Eiſenhut!
Dem Spanier ward die Welt zum Raub! Nach Flandern! Eh dein Edelblut Verſiegt in ekelm Bücherſtaub! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="309" facs="#f0323"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die ſpaniſchen Brüder.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>„Da find' ich dich! In Wintergraus</l><lb/> <l>Hält dich ein deutſches Donauneſt,</l><lb/> <l>Ein ſchneebelaſtet Giebelhaus,</l><lb/> <l>Kind einer heißen Sonne, feſt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Was treibſt du hier? Mit toller Brunſt</l><lb/> <l>Bohrſt du dich in Folianten ein?</l><lb/> <l>Vom Teufel kommt die ſchwarze Kunſt!</l><lb/> <l>Griechiſch? Die Kirche ſpricht Latein!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Darüber ſitzeſt, Nacht um Nacht,</l><lb/> <l>Du auf? Noch qualmt der Lampe Docht!</l><lb/> <l>Auch ſiehſt du bleich und überwacht,</l><lb/> <l>Der ſonſt ſo weidlich ritt und focht!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Du darbſt? Du meideſt jede Luſt?</l><lb/> <l>Von allem Denken mach dich frei!</l><lb/> <l>Verbrenn' an einer warmen Bruſt,</l><lb/> <l>Ertränk' in Wein die Ketzerei!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Ergreife Schwert und Eiſenhut!</l><lb/> <l>Dem Spanier ward die Welt zum Raub!</l><lb/> <l>Nach Flandern! Eh dein Edelblut</l><lb/> <l>Verſiegt in ekelm Bücherſtaub!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0323]
Die ſpaniſchen Brüder.
„Da find' ich dich! In Wintergraus
Hält dich ein deutſches Donauneſt,
Ein ſchneebelaſtet Giebelhaus,
Kind einer heißen Sonne, feſt.
Was treibſt du hier? Mit toller Brunſt
Bohrſt du dich in Folianten ein?
Vom Teufel kommt die ſchwarze Kunſt!
Griechiſch? Die Kirche ſpricht Latein!
Darüber ſitzeſt, Nacht um Nacht,
Du auf? Noch qualmt der Lampe Docht!
Auch ſiehſt du bleich und überwacht,
Der ſonſt ſo weidlich ritt und focht!
Du darbſt? Du meideſt jede Luſt?
Von allem Denken mach dich frei!
Verbrenn' an einer warmen Bruſt,
Ertränk' in Wein die Ketzerei!
Ergreife Schwert und Eiſenhut!
Dem Spanier ward die Welt zum Raub!
Nach Flandern! Eh dein Edelblut
Verſiegt in ekelm Bücherſtaub!
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/323>, abgerufen am 03.03.2025. |