Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Die Gaukler. Am Strande des gelobten Lands In glühem Stich des Sonnenbrands Kämpft Ludowig der Fromme; Er trägt in sich des Todes Keim, Ihm ahnt es, daß er nimmer heim Ins schöne Frankreich komme. Scheu lauscht in Zeltes Dämmerschein Ein junger Edelknecht herein Und hinter ihm die andern: "Herr König, es sind Gaukler da, Drei Brüder aus Armenia, Die nach dem Grabe wandern. Es heißt, sie spielen wunderschön! Erlaubt ein frisches Horngetön Uns allen anzuhören!" Der König seufzt: "Betrug der Welt! Bringt mir die Gaukler in das Zelt, Daß sie euch nicht bethören!" Jetzt heben an den Mund die Drei
Das Horn und spielen frank und frei, Als ging' es aus zum Jagen. Dann wie ein Quell im Walde quillt, So rieselt sanft und wächst und schwillt Ein Jubeln und ein Klagen. Die Gaukler. Am Strande des gelobten Lands In glühem Stich des Sonnenbrands Kämpft Ludowig der Fromme; Er trägt in ſich des Todes Keim, Ihm ahnt es, daß er nimmer heim Ins ſchöne Frankreich komme. Scheu lauſcht in Zeltes Dämmerſchein Ein junger Edelknecht herein Und hinter ihm die andern: „Herr König, es ſind Gaukler da, Drei Brüder aus Armenia, Die nach dem Grabe wandern. Es heißt, ſie ſpielen wunderſchön! Erlaubt ein friſches Horngetön Uns allen anzuhören!“ Der König ſeufzt: „Betrug der Welt! Bringt mir die Gaukler in das Zelt, Daß ſie euch nicht bethören!“ Jetzt heben an den Mund die Drei
Das Horn und ſpielen frank und frei, Als ging' es aus zum Jagen. Dann wie ein Quell im Walde quillt, So rieſelt ſanft und wächſt und ſchwillt Ein Jubeln und ein Klagen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="229" facs="#f0243"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Gaukler.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Am Strande des gelobten Lands</l><lb/> <l>In glühem Stich des Sonnenbrands</l><lb/> <l>Kämpft Ludowig der Fromme;</l><lb/> <l>Er trägt in ſich des Todes Keim,</l><lb/> <l>Ihm ahnt es, daß er nimmer heim</l><lb/> <l>Ins ſchöne Frankreich komme.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Scheu lauſcht in Zeltes Dämmerſchein</l><lb/> <l>Ein junger Edelknecht herein</l><lb/> <l>Und hinter ihm die andern:</l><lb/> <l>„Herr König, es ſind Gaukler da,</l><lb/> <l>Drei Brüder aus Armenia,</l><lb/> <l>Die nach dem Grabe wandern.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Es heißt, ſie ſpielen wunderſchön!</l><lb/> <l>Erlaubt ein friſches Horngetön</l><lb/> <l>Uns allen anzuhören!“</l><lb/> <l>Der König ſeufzt: „Betrug der Welt!</l><lb/> <l>Bringt mir die Gaukler in das Zelt,</l><lb/> <l>Daß ſie euch nicht bethören!“</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Jetzt heben an den Mund die Drei</l><lb/> <l>Das Horn und ſpielen frank und frei,</l><lb/> <l>Als ging' es aus zum Jagen.</l><lb/> <l>Dann wie ein Quell im Walde quillt,</l><lb/> <l>So rieſelt ſanft und wächſt und ſchwillt</l><lb/> <l>Ein Jubeln und ein Klagen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0243]
Die Gaukler.
Am Strande des gelobten Lands
In glühem Stich des Sonnenbrands
Kämpft Ludowig der Fromme;
Er trägt in ſich des Todes Keim,
Ihm ahnt es, daß er nimmer heim
Ins ſchöne Frankreich komme.
Scheu lauſcht in Zeltes Dämmerſchein
Ein junger Edelknecht herein
Und hinter ihm die andern:
„Herr König, es ſind Gaukler da,
Drei Brüder aus Armenia,
Die nach dem Grabe wandern.
Es heißt, ſie ſpielen wunderſchön!
Erlaubt ein friſches Horngetön
Uns allen anzuhören!“
Der König ſeufzt: „Betrug der Welt!
Bringt mir die Gaukler in das Zelt,
Daß ſie euch nicht bethören!“
Jetzt heben an den Mund die Drei
Das Horn und ſpielen frank und frei,
Als ging' es aus zum Jagen.
Dann wie ein Quell im Walde quillt,
So rieſelt ſanft und wächſt und ſchwillt
Ein Jubeln und ein Klagen.
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/243>, abgerufen am 03.03.2025. |