Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Die wunderbare Rede. Auf der Appierstraße zieht ein Heer Schnellen Schrittes, weit umwölkt von Staub. Weiß am Horizont das Häusermeer -- "Rom ist morgen euer!" zeigt Sever. "Flieget, Adler! Stoßt auf euren Raub!" Morgen? Rom sorgt sich um morgen nicht. "Die Gladiatoren spielen heut!" Weiber schmücken sich. Orestes ficht! Manch unheimlich brennend Augenlicht Blitzt im Spiegel den die Sklavin beut. Sänften hasten zum Theater schon, Von Gewitterwolken überjagt, Schwüle Blicke, die wie Fackeln lohn, Finst'rer Brauen ungeduldig Drohn -- Giebt's ein Morgen? Spiel ist angesagt! Ueber Dach und Zinne ragt empor
Himmelhoch ein riesenstarker Bau, Der ein Volk empfängt durch manches Thor. Hinter seinem Mauerkranz hervor Steigt es schwarz und schwärzer auf im Blau. Die wunderbare Rede. Auf der Appierſtraße zieht ein Heer Schnellen Schrittes, weit umwölkt von Staub. Weiß am Horizont das Häuſermeer — „Rom iſt morgen euer!“ zeigt Sever. „Flieget, Adler! Stoßt auf euren Raub!“ Morgen? Rom ſorgt ſich um morgen nicht. „Die Gladiatoren ſpielen heut!“ Weiber ſchmücken ſich. Oreſtes ficht! Manch unheimlich brennend Augenlicht Blitzt im Spiegel den die Sklavin beut. Sänften haſten zum Theater ſchon, Von Gewitterwolken überjagt, Schwüle Blicke, die wie Fackeln lohn, Finſt'rer Brauen ungeduldig Drohn — Giebt's ein Morgen? Spiel iſt angeſagt! Ueber Dach und Zinne ragt empor
Himmelhoch ein rieſenſtarker Bau, Der ein Volk empfängt durch manches Thor. Hinter ſeinem Mauerkranz hervor Steigt es ſchwarz und ſchwärzer auf im Blau. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="213" facs="#f0227"/> </div> <div n="2"> <head>Die wunderbare Rede.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Auf der Appierſtraße zieht ein Heer</l><lb/> <l>Schnellen Schrittes, weit umwölkt von Staub.</l><lb/> <l>Weiß am Horizont das Häuſermeer —</l><lb/> <l>„Rom iſt morgen euer!“ zeigt Sever.</l><lb/> <l>„Flieget, Adler! Stoßt auf euren Raub!“</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Morgen? Rom ſorgt ſich um morgen nicht.</l><lb/> <l>„Die Gladiatoren ſpielen heut!“</l><lb/> <l>Weiber ſchmücken ſich. Oreſtes ficht!</l><lb/> <l>Manch unheimlich brennend Augenlicht</l><lb/> <l>Blitzt im Spiegel den die Sklavin beut.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Sänften haſten zum Theater ſchon,</l><lb/> <l>Von Gewitterwolken überjagt,</l><lb/> <l>Schwüle Blicke, die wie Fackeln lohn,</l><lb/> <l>Finſt'rer Brauen ungeduldig Drohn —</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Giebt's</hi> ein Morgen? Spiel iſt angeſagt!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ueber Dach und Zinne ragt empor</l><lb/> <l>Himmelhoch ein rieſenſtarker Bau,</l><lb/> <l>Der ein Volk empfängt durch manches Thor.</l><lb/> <l>Hinter ſeinem Mauerkranz hervor</l><lb/> <l>Steigt es ſchwarz und ſchwärzer auf im Blau.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0227]
Die wunderbare Rede.
Auf der Appierſtraße zieht ein Heer
Schnellen Schrittes, weit umwölkt von Staub.
Weiß am Horizont das Häuſermeer —
„Rom iſt morgen euer!“ zeigt Sever.
„Flieget, Adler! Stoßt auf euren Raub!“
Morgen? Rom ſorgt ſich um morgen nicht.
„Die Gladiatoren ſpielen heut!“
Weiber ſchmücken ſich. Oreſtes ficht!
Manch unheimlich brennend Augenlicht
Blitzt im Spiegel den die Sklavin beut.
Sänften haſten zum Theater ſchon,
Von Gewitterwolken überjagt,
Schwüle Blicke, die wie Fackeln lohn,
Finſt'rer Brauen ungeduldig Drohn —
Giebt's ein Morgen? Spiel iſt angeſagt!
Ueber Dach und Zinne ragt empor
Himmelhoch ein rieſenſtarker Bau,
Der ein Volk empfängt durch manches Thor.
Hinter ſeinem Mauerkranz hervor
Steigt es ſchwarz und ſchwärzer auf im Blau.
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/227>, abgerufen am 03.03.2025. |