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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Pentheus.
Sie schreitet in bacchisch bevölkertem Raum
Mit wehenden Haaren ein glühender Traum,
Von Faunen umhüpft,
Um die Hüfte den Gürtel der Natter geknüpft.
Melodisch gewiegt und von Eppich umlaubt,
Ein flüsterndes rücklings geworfenes Haupt --
"Ich opfre mich Dir.
Verzehre, Lyaeus, was menschlich in mir!"
"Agave!" ruft's und der bacchische Schwarm
Zerstiebt und der Vater ergreift sie am Arm.
"Weg, trunken Gesind!
Erwach und erröthe, verlorenes Kind!
Du dienst einem Gaukler!" Im Schutz des Gewands
Verhüllt er den Busen, entreißt ihr den Kranz --
Wild hebt sie den Stab.
Sie schlug! Aufstöhnt der das Leben ihr gab.
"Ich glaube den Gott! Ich empfinde die Macht!
Ich strafe den Frevler der Götter verlacht!
Wer bist du, Gesicht?
Ich bin die Bacchantin! Ich kenne dich nicht!"
Er betrachtet sein Kind. Er erstaunt. Er erblaßt.
Er entspringt, von entsetzlichem Grauen erfaßt.
Er flieht im Gefild,
Ein rennender Läufer, ein hastendes Wild.
Pentheus.
Sie ſchreitet in bacchiſch bevölkertem Raum
Mit wehenden Haaren ein glühender Traum,
Von Faunen umhüpft,
Um die Hüfte den Gürtel der Natter geknüpft.
Melodiſch gewiegt und von Eppich umlaubt,
Ein flüſterndes rücklings geworfenes Haupt —
„Ich opfre mich Dir.
Verzehre, Lyaeus, was menſchlich in mir!“
„Agave!“ ruft's und der bacchiſche Schwarm
Zerſtiebt und der Vater ergreift ſie am Arm.
„Weg, trunken Geſind!
Erwach und erröthe, verlorenes Kind!
Du dienſt einem Gaukler!“ Im Schutz des Gewands
Verhüllt er den Buſen, entreißt ihr den Kranz —
Wild hebt ſie den Stab.
Sie ſchlug! Aufſtöhnt der das Leben ihr gab.
„Ich glaube den Gott! Ich empfinde die Macht!
Ich ſtrafe den Frevler der Götter verlacht!
Wer biſt du, Geſicht?
Ich bin die Bacchantin! Ich kenne dich nicht!“
Er betrachtet ſein Kind. Er erſtaunt. Er erblaßt.
Er entſpringt, von entſetzlichem Grauen erfaßt.
Er flieht im Gefild,
Ein rennender Läufer, ein haſtendes Wild.
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[186/0200] Pentheus. Sie ſchreitet in bacchiſch bevölkertem Raum Mit wehenden Haaren ein glühender Traum, Von Faunen umhüpft, Um die Hüfte den Gürtel der Natter geknüpft. Melodiſch gewiegt und von Eppich umlaubt, Ein flüſterndes rücklings geworfenes Haupt — „Ich opfre mich Dir. Verzehre, Lyaeus, was menſchlich in mir!“ „Agave!“ ruft's und der bacchiſche Schwarm Zerſtiebt und der Vater ergreift ſie am Arm. „Weg, trunken Geſind! Erwach und erröthe, verlorenes Kind! Du dienſt einem Gaukler!“ Im Schutz des Gewands Verhüllt er den Buſen, entreißt ihr den Kranz — Wild hebt ſie den Stab. Sie ſchlug! Aufſtöhnt der das Leben ihr gab. „Ich glaube den Gott! Ich empfinde die Macht! Ich ſtrafe den Frevler der Götter verlacht! Wer biſt du, Geſicht? Ich bin die Bacchantin! Ich kenne dich nicht!“ Er betrachtet ſein Kind. Er erſtaunt. Er erblaßt. Er entſpringt, von entſetzlichem Grauen erfaßt. Er flieht im Gefild, Ein rennender Läufer, ein haſtendes Wild.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/200>, abgerufen am 22.12.2024.