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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das Wesen und den Ursprung des Güterwerthes.
diesem letzten stehen, Gegenstände unserer Wirthschaft, das ist
ökonomische Güter werden, andererseits aber die Erkenntniss
desselben Verhältnisses uns auch die Bedeutung zum Bewusst-
sein führt, welche die Verfügung über jede concrete *) Theilquan-
tität der uns verfügbaren Gütermenge für unser Leben, bezie-
hungsweise für unsere Wohlfahrt hat, und die im obigen Ver-
hältnisse stehenden Güter demnach für uns Werth erlangen **).

Es ist desshalb aber auch klar, warum nur die ökonomi-
schen Güter für uns Werth haben, während diejenigen Güter,
welche in dem den nicht ökonomischen Charakter der Güter be-
gründenden Quantitätenverhältnisse stehen, gar keinen Werth
für uns erlangen können.

Das Verhältniss, welches den nicht ökonomischen Charakter

*) Der Verwechslung von "Gebrauchswerth" und "Nützlichkeit," be-
ziehungsweise des erstern mit dem "Grade der Nützlichkeit" oder mit der
"erkannten Nützlichkeit," entspringt auch die Lehre vom abstracten Werthe
der Güter (Siehe Rau, "Volkswirthschaftslehre," §. 58 ff., 1863). Eine Gat-
tung kann nützliche Eigenschaften haben, welche die concreten Güter zur Be-
friedigung menschlicher Bedürfnisse tauglich machen, der Grad der Nütz-
lichkeit kann bei den verschiedenen Gattungen mit Rücksicht auf bestimmte
Gebrauchszwecke ein ungleicher sein (Buchenholz und Weidenholz für Heiz-
zwecke u. dgl. m.); weder die Nützlichkeit der Gattung, noch aber auch der
verschiedene Grad derselben bei den verschiedenen Gattungen oder Species
kann indess "Werth" genannt werden. Nicht die Gattungen, sondern stets nur
die concreten Güter sind den wirthschaftenden Individuen verfügbar, nur
diese letztern demnach Güter und nur solche: Objecte unserer Wirth-
schaft
und unserer Werthschätzung.
**) Wie eine tiefer gehende Untersuchung der seelischen Vorgänge uns
die Erkenntniss der Aussendinge lediglich als die zu unserem Bewusstsein
gelangte Einwirkung der Dinge auf uns selbst, das ist in letzter Reihe als
die Erkenntniss eines Zustandes unserer eigenen Person erscheinen lässt, so
ist auch alle Bedeutung, welche wir den Dingen der Aussenwelt beimessen,
in letzter Reihe nur ein Ausfluss jener Bedeutung, welche die Aufrecht-
haltung unserer Natur in ihrem Wesen und ihrer Entwickelung, das ist unser
Leben und unsere Wohlfahrt für uns haben. Der Werth ist demnach nichts
den Gütern Anhaftendes, keine Eigenschaft derselben, sondern vielmehr ledig-
lich jene Bedeutung, welche wir zunächst der Befriedigung unserer Bedürf-
nisse, beziehungsweise unserem Leben und unserer Wohlfahrt beilegen und
in weiterer Folge auf die ökonomischen Güter, als die ausschliessenden Ur-
sachen derselben, übertragen.
Menger, Volkswirthschaftslehre. 6

Ueber das Wesen und den Ursprung des Güterwerthes.
diesem letzten stehen, Gegenstände unserer Wirthschaft, das ist
ökonomische Güter werden, andererseits aber die Erkenntniss
desselben Verhältnisses uns auch die Bedeutung zum Bewusst-
sein führt, welche die Verfügung über jede concrete *) Theilquan-
tität der uns verfügbaren Gütermenge für unser Leben, bezie-
hungsweise für unsere Wohlfahrt hat, und die im obigen Ver-
hältnisse stehenden Güter demnach für uns Werth erlangen **).

Es ist desshalb aber auch klar, warum nur die ökonomi-
schen Güter für uns Werth haben, während diejenigen Güter,
welche in dem den nicht ökonomischen Charakter der Güter be-
gründenden Quantitätenverhältnisse stehen, gar keinen Werth
für uns erlangen können.

Das Verhältniss, welches den nicht ökonomischen Charakter

*) Der Verwechslung von „Gebrauchswerth“ und „Nützlichkeit,“ be-
ziehungsweise des erstern mit dem „Grade der Nützlichkeit“ oder mit der
„erkannten Nützlichkeit,“ entspringt auch die Lehre vom abstracten Werthe
der Güter (Siehe Rau, „Volkswirthschaftslehre,“ §. 58 ff., 1863). Eine Gat-
tung kann nützliche Eigenschaften haben, welche die concreten Güter zur Be-
friedigung menschlicher Bedürfnisse tauglich machen, der Grad der Nütz-
lichkeit kann bei den verschiedenen Gattungen mit Rücksicht auf bestimmte
Gebrauchszwecke ein ungleicher sein (Buchenholz und Weidenholz für Heiz-
zwecke u. dgl. m.); weder die Nützlichkeit der Gattung, noch aber auch der
verschiedene Grad derselben bei den verschiedenen Gattungen oder Species
kann indess „Werth“ genannt werden. Nicht die Gattungen, sondern stets nur
die concreten Güter sind den wirthschaftenden Individuen verfügbar, nur
diese letztern demnach Güter und nur solche: Objecte unserer Wirth-
schaft
und unserer Werthschätzung.
**) Wie eine tiefer gehende Untersuchung der seelischen Vorgänge uns
die Erkenntniss der Aussendinge lediglich als die zu unserem Bewusstsein
gelangte Einwirkung der Dinge auf uns selbst, das ist in letzter Reihe als
die Erkenntniss eines Zustandes unserer eigenen Person erscheinen lässt, so
ist auch alle Bedeutung, welche wir den Dingen der Aussenwelt beimessen,
in letzter Reihe nur ein Ausfluss jener Bedeutung, welche die Aufrecht-
haltung unserer Natur in ihrem Wesen und ihrer Entwickelung, das ist unser
Leben und unsere Wohlfahrt für uns haben. Der Werth ist demnach nichts
den Gütern Anhaftendes, keine Eigenschaft derselben, sondern vielmehr ledig-
lich jene Bedeutung, welche wir zunächst der Befriedigung unserer Bedürf-
nisse, beziehungsweise unserem Leben und unserer Wohlfahrt beilegen und
in weiterer Folge auf die ökonomischen Güter, als die ausschliessenden Ur-
sachen derselben, übertragen.
Menger, Volkswirthschaftslehre. 6
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[81/0099] Ueber das Wesen und den Ursprung des Güterwerthes. diesem letzten stehen, Gegenstände unserer Wirthschaft, das ist ökonomische Güter werden, andererseits aber die Erkenntniss desselben Verhältnisses uns auch die Bedeutung zum Bewusst- sein führt, welche die Verfügung über jede concrete *) Theilquan- tität der uns verfügbaren Gütermenge für unser Leben, bezie- hungsweise für unsere Wohlfahrt hat, und die im obigen Ver- hältnisse stehenden Güter demnach für uns Werth erlangen **). Es ist desshalb aber auch klar, warum nur die ökonomi- schen Güter für uns Werth haben, während diejenigen Güter, welche in dem den nicht ökonomischen Charakter der Güter be- gründenden Quantitätenverhältnisse stehen, gar keinen Werth für uns erlangen können. Das Verhältniss, welches den nicht ökonomischen Charakter *) Der Verwechslung von „Gebrauchswerth“ und „Nützlichkeit,“ be- ziehungsweise des erstern mit dem „Grade der Nützlichkeit“ oder mit der „erkannten Nützlichkeit,“ entspringt auch die Lehre vom abstracten Werthe der Güter (Siehe Rau, „Volkswirthschaftslehre,“ §. 58 ff., 1863). Eine Gat- tung kann nützliche Eigenschaften haben, welche die concreten Güter zur Be- friedigung menschlicher Bedürfnisse tauglich machen, der Grad der Nütz- lichkeit kann bei den verschiedenen Gattungen mit Rücksicht auf bestimmte Gebrauchszwecke ein ungleicher sein (Buchenholz und Weidenholz für Heiz- zwecke u. dgl. m.); weder die Nützlichkeit der Gattung, noch aber auch der verschiedene Grad derselben bei den verschiedenen Gattungen oder Species kann indess „Werth“ genannt werden. Nicht die Gattungen, sondern stets nur die concreten Güter sind den wirthschaftenden Individuen verfügbar, nur diese letztern demnach Güter und nur solche: Objecte unserer Wirth- schaft und unserer Werthschätzung. **) Wie eine tiefer gehende Untersuchung der seelischen Vorgänge uns die Erkenntniss der Aussendinge lediglich als die zu unserem Bewusstsein gelangte Einwirkung der Dinge auf uns selbst, das ist in letzter Reihe als die Erkenntniss eines Zustandes unserer eigenen Person erscheinen lässt, so ist auch alle Bedeutung, welche wir den Dingen der Aussenwelt beimessen, in letzter Reihe nur ein Ausfluss jener Bedeutung, welche die Aufrecht- haltung unserer Natur in ihrem Wesen und ihrer Entwickelung, das ist unser Leben und unsere Wohlfahrt für uns haben. Der Werth ist demnach nichts den Gütern Anhaftendes, keine Eigenschaft derselben, sondern vielmehr ledig- lich jene Bedeutung, welche wir zunächst der Befriedigung unserer Bedürf- nisse, beziehungsweise unserem Leben und unserer Wohlfahrt beilegen und in weiterer Folge auf die ökonomischen Güter, als die ausschliessenden Ur- sachen derselben, übertragen. Menger, Volkswirthschaftslehre. 6

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/99>, abgerufen am 26.04.2024.