Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 21. Die Polizeierlaubnis.
Rechtsvorgänger mit Rücksicht auf diesen Besitz auferlegten Gehor-
samspflichten; diese sind rein persönlicher Art. Auch wenn die neuen
Geschäftsinhaber oder Hausbesitzer die Erben dessen sind, der den
Befehl erhielt, ist es nicht anders23. In Wahrheit geht ja auch der
rechtssatzmässige Polizeibefehl nicht von dem ursprünglich Verpflichte-
ten auf dessen Erben und Rechtsnachfolger über, sondern entsteht
nur jedesmal neu bei dem, der seine allgemeinen Merkmale bietet.

§ 21.
Die Polizeierlaubnis.

Der Polizeirechtssatz kann grundsätzlich von der Polizeiverfügung
nicht durchbrochen werden; sie ist unfähig zu gestatten, was er ver-
bietet, zu verbieten, was er erlaubt.

Gesetz und Verordnung können aber, indem sie ihre Polizei-
befehlsregel aufstellen, der Polizeiverfügung Ermächtigung erteilen, für
den Einzelfall eine Ausnahme davon zu bewilligen. So entsteht das
Polizeiverbot mit Erlaubnisvorbehalt1.

23 O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358) scheint eine Übertragung der Ge-
horsamspflicht auf den Nachfolger in dem Unternehmen, das der Befehl betraf, im
Falle der mala fides beim Erwerbe für denkbar zu halten. -- Wegen der Aus-
nahme, die sich im Zusammenhang mit der Polizeierlaubnis ergiebt: unten § 21
Note 24.
1 Statt des Ausdrucks Erlaubnis finden wir häufig in gleichem Sinne gebraucht
die Ausdrücke Genehmigung, Gestattung, Zustimmung, auch Konsens (Baukonsens)
oder sonst irgend ein mehr oder weniger farbloses Fremdwort. -- Das Wort
"Approbation" bedeutet die obrigkeitliche Feststellung, dass bei jemandem diejenigen
persönlichen Fähigkeiten vorhanden sind, welche für die Ausübung einer gewissen
Erwerbsthätigkeit verlangt werden. Wenn diese Thätigkeit andernfalls unter
Polizeiverbot gestellt ist, kann die Approbation zugleich die Polizeierlaubnis be-
deuten. Die Approbation kann aber auch bloss die Befugnis verleihen, sich bei
Ausübung eines Beruss mit einem gewissen Titel zu bezeichnen, oder die Fähigkeit,
mit amtlichen Aufträgen betraut zu werden (Arzt). Das geht dann über den Be-
reich unseres Rechtsinstituts hinaus. Vgl. darüber G. Meyer, V.R. I S. 394.
Für einzelne Dinge führt die entsprechende Polizeierlaubnis wieder ganz besondere
Namen: so die Hengst- und Stierkörung, welche eine Polizeierlaubnis für den Be-
sitzer bedeutet (G. Meyer, V.R. I S. 336, 337). Eine verschämte Polizeierlaubnis,
die sich absichtlich nicht so nennt, bietet die Sittenpolizei (Wörterbuch II S. 456).
-- Diese Verschiedenheiten des Ausdrucks sind meist unschädlich. Dagegen ist
es sehr zu beklagen, dass sich aus einer Zeit, wo man noch keinen Anlass hatte,
die Rechtsinstitute scharf zu scheiden, das Wort Konzession als gleichbedeutend
mit Polizeierlaubnis erhalten hat und fast allgemein auch in diesem Sinne ge-

§ 21. Die Polizeierlaubnis.
Rechtsvorgänger mit Rücksicht auf diesen Besitz auferlegten Gehor-
samspflichten; diese sind rein persönlicher Art. Auch wenn die neuen
Geschäftsinhaber oder Hausbesitzer die Erben dessen sind, der den
Befehl erhielt, ist es nicht anders23. In Wahrheit geht ja auch der
rechtssatzmäſsige Polizeibefehl nicht von dem ursprünglich Verpflichte-
ten auf dessen Erben und Rechtsnachfolger über, sondern entsteht
nur jedesmal neu bei dem, der seine allgemeinen Merkmale bietet.

§ 21.
Die Polizeierlaubnis.

Der Polizeirechtssatz kann grundsätzlich von der Polizeiverfügung
nicht durchbrochen werden; sie ist unfähig zu gestatten, was er ver-
bietet, zu verbieten, was er erlaubt.

Gesetz und Verordnung können aber, indem sie ihre Polizei-
befehlsregel aufstellen, der Polizeiverfügung Ermächtigung erteilen, für
den Einzelfall eine Ausnahme davon zu bewilligen. So entsteht das
Polizeiverbot mit Erlaubnisvorbehalt1.

23 O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358) scheint eine Übertragung der Ge-
horsamspflicht auf den Nachfolger in dem Unternehmen, das der Befehl betraf, im
Falle der mala fides beim Erwerbe für denkbar zu halten. — Wegen der Aus-
nahme, die sich im Zusammenhang mit der Polizeierlaubnis ergiebt: unten § 21
Note 24.
1 Statt des Ausdrucks Erlaubnis finden wir häufig in gleichem Sinne gebraucht
die Ausdrücke Genehmigung, Gestattung, Zustimmung, auch Konsens (Baukonsens)
oder sonst irgend ein mehr oder weniger farbloses Fremdwort. — Das Wort
„Approbation“ bedeutet die obrigkeitliche Feststellung, daſs bei jemandem diejenigen
persönlichen Fähigkeiten vorhanden sind, welche für die Ausübung einer gewissen
Erwerbsthätigkeit verlangt werden. Wenn diese Thätigkeit andernfalls unter
Polizeiverbot gestellt ist, kann die Approbation zugleich die Polizeierlaubnis be-
deuten. Die Approbation kann aber auch bloſs die Befugnis verleihen, sich bei
Ausübung eines Beruſs mit einem gewissen Titel zu bezeichnen, oder die Fähigkeit,
mit amtlichen Aufträgen betraut zu werden (Arzt). Das geht dann über den Be-
reich unseres Rechtsinstituts hinaus. Vgl. darüber G. Meyer, V.R. I S. 394.
Für einzelne Dinge führt die entsprechende Polizeierlaubnis wieder ganz besondere
Namen: so die Hengst- und Stierkörung, welche eine Polizeierlaubnis für den Be-
sitzer bedeutet (G. Meyer, V.R. I S. 336, 337). Eine verschämte Polizeierlaubnis,
die sich absichtlich nicht so nennt, bietet die Sittenpolizei (Wörterbuch II S. 456).
— Diese Verschiedenheiten des Ausdrucks sind meist unschädlich. Dagegen ist
es sehr zu beklagen, daſs sich aus einer Zeit, wo man noch keinen Anlaſs hatte,
die Rechtsinstitute scharf zu scheiden, das Wort Konzession als gleichbedeutend
mit Polizeierlaubnis erhalten hat und fast allgemein auch in diesem Sinne ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0307" n="287"/><fw place="top" type="header">§ 21. Die Polizeierlaubnis.</fw><lb/>
Rechtsvorgänger mit Rücksicht auf diesen Besitz auferlegten Gehor-<lb/>
samspflichten; diese sind rein persönlicher Art. Auch wenn die neuen<lb/>
Geschäftsinhaber oder Hausbesitzer die Erben dessen sind, der den<lb/>
Befehl erhielt, ist es nicht anders<note place="foot" n="23">O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358) scheint eine Übertragung der Ge-<lb/>
horsamspflicht auf den Nachfolger in dem Unternehmen, das der Befehl betraf, im<lb/>
Falle der mala fides beim Erwerbe für denkbar zu halten. &#x2014; Wegen der Aus-<lb/>
nahme, die sich im Zusammenhang mit der Polizeierlaubnis ergiebt: unten § 21<lb/>
Note 24.</note>. In Wahrheit geht ja auch der<lb/>
rechtssatzmä&#x017F;sige Polizeibefehl nicht von dem ursprünglich Verpflichte-<lb/>
ten auf dessen Erben und Rechtsnachfolger über, sondern entsteht<lb/>
nur jedesmal neu bei dem, der seine allgemeinen Merkmale bietet.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§ 21.<lb/><hi rendition="#b">Die Polizeierlaubnis.</hi></head><lb/>
              <p>Der Polizeirechtssatz kann grundsätzlich von der Polizeiverfügung<lb/>
nicht durchbrochen werden; sie ist unfähig zu gestatten, was er ver-<lb/>
bietet, zu verbieten, was er erlaubt.</p><lb/>
              <p>Gesetz und Verordnung können aber, indem sie ihre Polizei-<lb/>
befehlsregel aufstellen, der Polizeiverfügung Ermächtigung erteilen, für<lb/>
den Einzelfall eine Ausnahme davon zu bewilligen. So entsteht das<lb/><hi rendition="#g">Polizeiverbot mit Erlaubnisvorbehalt</hi><note xml:id="seg2pn_68_1" next="#seg2pn_68_2" place="foot" n="1">Statt des Ausdrucks Erlaubnis finden wir häufig in gleichem Sinne gebraucht<lb/>
die Ausdrücke Genehmigung, Gestattung, Zustimmung, auch Konsens (Baukonsens)<lb/>
oder sonst irgend ein mehr oder weniger farbloses Fremdwort. &#x2014; Das Wort<lb/>
&#x201E;Approbation&#x201C; bedeutet die obrigkeitliche Feststellung, da&#x017F;s bei jemandem diejenigen<lb/>
persönlichen Fähigkeiten vorhanden sind, welche für die Ausübung einer gewissen<lb/>
Erwerbsthätigkeit verlangt werden. Wenn diese Thätigkeit andernfalls unter<lb/>
Polizeiverbot gestellt ist, kann die Approbation zugleich die Polizeierlaubnis be-<lb/>
deuten. Die Approbation kann aber auch blo&#x017F;s die Befugnis verleihen, sich bei<lb/>
Ausübung eines Beru&#x017F;s mit einem gewissen Titel zu bezeichnen, oder die Fähigkeit,<lb/>
mit amtlichen Aufträgen betraut zu werden (Arzt). Das geht dann über den Be-<lb/>
reich unseres Rechtsinstituts hinaus. Vgl. darüber G. <hi rendition="#g">Meyer,</hi> V.R. I S. 394.<lb/>
Für einzelne Dinge führt die entsprechende Polizeierlaubnis wieder ganz besondere<lb/>
Namen: so die Hengst- und Stierkörung, welche eine Polizeierlaubnis für den Be-<lb/>
sitzer bedeutet (G. Meyer, V.R. I S. 336, 337). Eine verschämte Polizeierlaubnis,<lb/>
die sich absichtlich nicht so nennt, bietet die Sittenpolizei (Wörterbuch II S. 456).<lb/>
&#x2014; Diese Verschiedenheiten des Ausdrucks sind meist unschädlich. Dagegen ist<lb/>
es sehr zu beklagen, da&#x017F;s sich aus einer Zeit, wo man noch keinen Anla&#x017F;s hatte,<lb/>
die Rechtsinstitute scharf zu scheiden, das Wort <hi rendition="#g">Konzession</hi> als gleichbedeutend<lb/>
mit Polizeierlaubnis erhalten hat und fast allgemein auch in diesem Sinne ge-</note>.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0307] § 21. Die Polizeierlaubnis. Rechtsvorgänger mit Rücksicht auf diesen Besitz auferlegten Gehor- samspflichten; diese sind rein persönlicher Art. Auch wenn die neuen Geschäftsinhaber oder Hausbesitzer die Erben dessen sind, der den Befehl erhielt, ist es nicht anders 23. In Wahrheit geht ja auch der rechtssatzmäſsige Polizeibefehl nicht von dem ursprünglich Verpflichte- ten auf dessen Erben und Rechtsnachfolger über, sondern entsteht nur jedesmal neu bei dem, der seine allgemeinen Merkmale bietet. § 21. Die Polizeierlaubnis. Der Polizeirechtssatz kann grundsätzlich von der Polizeiverfügung nicht durchbrochen werden; sie ist unfähig zu gestatten, was er ver- bietet, zu verbieten, was er erlaubt. Gesetz und Verordnung können aber, indem sie ihre Polizei- befehlsregel aufstellen, der Polizeiverfügung Ermächtigung erteilen, für den Einzelfall eine Ausnahme davon zu bewilligen. So entsteht das Polizeiverbot mit Erlaubnisvorbehalt 1. 23 O.V.G. 19. Mai 1877 (Samml. II S. 358) scheint eine Übertragung der Ge- horsamspflicht auf den Nachfolger in dem Unternehmen, das der Befehl betraf, im Falle der mala fides beim Erwerbe für denkbar zu halten. — Wegen der Aus- nahme, die sich im Zusammenhang mit der Polizeierlaubnis ergiebt: unten § 21 Note 24. 1 Statt des Ausdrucks Erlaubnis finden wir häufig in gleichem Sinne gebraucht die Ausdrücke Genehmigung, Gestattung, Zustimmung, auch Konsens (Baukonsens) oder sonst irgend ein mehr oder weniger farbloses Fremdwort. — Das Wort „Approbation“ bedeutet die obrigkeitliche Feststellung, daſs bei jemandem diejenigen persönlichen Fähigkeiten vorhanden sind, welche für die Ausübung einer gewissen Erwerbsthätigkeit verlangt werden. Wenn diese Thätigkeit andernfalls unter Polizeiverbot gestellt ist, kann die Approbation zugleich die Polizeierlaubnis be- deuten. Die Approbation kann aber auch bloſs die Befugnis verleihen, sich bei Ausübung eines Beruſs mit einem gewissen Titel zu bezeichnen, oder die Fähigkeit, mit amtlichen Aufträgen betraut zu werden (Arzt). Das geht dann über den Be- reich unseres Rechtsinstituts hinaus. Vgl. darüber G. Meyer, V.R. I S. 394. Für einzelne Dinge führt die entsprechende Polizeierlaubnis wieder ganz besondere Namen: so die Hengst- und Stierkörung, welche eine Polizeierlaubnis für den Be- sitzer bedeutet (G. Meyer, V.R. I S. 336, 337). Eine verschämte Polizeierlaubnis, die sich absichtlich nicht so nennt, bietet die Sittenpolizei (Wörterbuch II S. 456). — Diese Verschiedenheiten des Ausdrucks sind meist unschädlich. Dagegen ist es sehr zu beklagen, daſs sich aus einer Zeit, wo man noch keinen Anlaſs hatte, die Rechtsinstitute scharf zu scheiden, das Wort Konzession als gleichbedeutend mit Polizeierlaubnis erhalten hat und fast allgemein auch in diesem Sinne ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/307
Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/307>, abgerufen am 21.11.2024.