neller Ausdruck, hinter dem sich ein reelles ökonomisches Verhält- niss versteckt. Der Wasserfall, wie die Erde überhaupt, wie alle Naturkraft, hat keinen Werth, weil er keine in ihm vergegen- ständlichte Arbeit darstellt, und daher auch keinen Preis, der nor- maliter nichts ist als der in Geld ausgedrückte Werth. Wo kein Werth ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden. Dieser Preis ist nichts als die kapitalisirte Rente. Das Grund- eigenthum befähigt den Eigenthümer, die Differenz zwischen dem individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisirt werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst. Ist der Surplusprofit, den die Benutzung des Wasserfalls dem Fabri- kanten abwirft, 10 £ jährlich, und der Durchschnittszins 5 %, so stellen diese 10 £ jährlich den Zins eines Kapitals von 200 £ dar; und diese Kapitalisation der jährlichen 10 £, die der Wasser- fall seinen Eigenthümer befähigt dem Fabrikanten abzufangen, er- scheint dann als Kapitalwerth des Wasserfalls selbst. Dass nicht dieser selbst Werth hat, sondern sein Preis blosser Reflex des ab- gefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich gleich darin, dass der Preis von 200 £ nur das Produkt des Sur- plusprofits von 10 £ mit 20 Jahren darstellt, während unter sonst gleichbleibenden Umständen derselbe Wasserfall für unbestimmte Zeit, 30, 100, x Jahre den Eigenthümer befähigt jährlich diese 10 £ abzufangen, und während andrerseits, wenn eine neue, nicht auf Wasserkraft anwendbare Produktionsmethode den Kostpreis der mit der Dampfmaschine producirten Waaren von 100 auf 90 £ erniedrigte, der Surplusprofit, und damit die Rente, und damit der Preis des Wasserfalls verschwände.
Nachdem wir so den allgemeinen Begriff der Differentialrente festgesetzt, gehn wir nun zur Betrachtung derselben in der eigent- lichen Agrikultur über. Was von ihr gesagt wird, gilt im Ganzen auch für Bergwerke.
Neununddreissigstes Kapitel. Erste Form der Differentialrente (Differentialrente I.)
Ricardo hat vollständig Recht in folgenden Sätzen:
"Rent" [d. h. Differentialrente; er unterstellt, dass überhaupt keine Rente existirt ausser Differentialrente] "is always the diffe- rence between the produce obtained by the employment of two equal quantities of capital and labour." (Principles p. 59.) "Auf
neller Ausdruck, hinter dem sich ein reelles ökonomisches Verhält- niss versteckt. Der Wasserfall, wie die Erde überhaupt, wie alle Naturkraft, hat keinen Werth, weil er keine in ihm vergegen- ständlichte Arbeit darstellt, und daher auch keinen Preis, der nor- maliter nichts ist als der in Geld ausgedrückte Werth. Wo kein Werth ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden. Dieser Preis ist nichts als die kapitalisirte Rente. Das Grund- eigenthum befähigt den Eigenthümer, die Differenz zwischen dem individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisirt werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst. Ist der Surplusprofit, den die Benutzung des Wasserfalls dem Fabri- kanten abwirft, 10 £ jährlich, und der Durchschnittszins 5 %, so stellen diese 10 £ jährlich den Zins eines Kapitals von 200 £ dar; und diese Kapitalisation der jährlichen 10 £, die der Wasser- fall seinen Eigenthümer befähigt dem Fabrikanten abzufangen, er- scheint dann als Kapitalwerth des Wasserfalls selbst. Dass nicht dieser selbst Werth hat, sondern sein Preis blosser Reflex des ab- gefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich gleich darin, dass der Preis von 200 £ nur das Produkt des Sur- plusprofits von 10 £ mit 20 Jahren darstellt, während unter sonst gleichbleibenden Umständen derselbe Wasserfall für unbestimmte Zeit, 30, 100, x Jahre den Eigenthümer befähigt jährlich diese 10 £ abzufangen, und während andrerseits, wenn eine neue, nicht auf Wasserkraft anwendbare Produktionsmethode den Kostpreis der mit der Dampfmaschine producirten Waaren von 100 auf 90 £ erniedrigte, der Surplusprofit, und damit die Rente, und damit der Preis des Wasserfalls verschwände.
Nachdem wir so den allgemeinen Begriff der Differentialrente festgesetzt, gehn wir nun zur Betrachtung derselben in der eigent- lichen Agrikultur über. Was von ihr gesagt wird, gilt im Ganzen auch für Bergwerke.
Neununddreissigstes Kapitel. Erste Form der Differentialrente (Differentialrente I.)
Ricardo hat vollständig Recht in folgenden Sätzen:
„Rent“ [d. h. Differentialrente; er unterstellt, dass überhaupt keine Rente existirt ausser Differentialrente] „is always the diffe- rence between the produce obtained by the employment of two equal quantities of capital and labour.“ (Principles p. 59.) „Auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0197"n="188"/>
neller Ausdruck, hinter dem sich ein reelles ökonomisches Verhält-<lb/>
niss versteckt. Der Wasserfall, wie die Erde überhaupt, wie alle<lb/>
Naturkraft, hat keinen Werth, weil er keine in ihm vergegen-<lb/>
ständlichte Arbeit darstellt, und daher auch keinen Preis, der nor-<lb/>
maliter nichts ist als der in Geld ausgedrückte Werth. Wo kein<lb/>
Werth ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden.<lb/>
Dieser Preis ist nichts als die kapitalisirte Rente. Das Grund-<lb/>
eigenthum befähigt den Eigenthümer, die Differenz zwischen dem<lb/>
individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der<lb/>
so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisirt<lb/>
werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst. Ist<lb/>
der Surplusprofit, den die Benutzung des Wasserfalls dem Fabri-<lb/>
kanten abwirft, 10 <hirendition="#i">£</hi> jährlich, und der Durchschnittszins 5 %, so<lb/>
stellen diese 10 <hirendition="#i">£</hi> jährlich den Zins eines Kapitals von 200 <hirendition="#i">£</hi><lb/>
dar; und diese Kapitalisation der jährlichen 10 <hirendition="#i">£</hi>, die der Wasser-<lb/>
fall seinen Eigenthümer befähigt dem Fabrikanten abzufangen, er-<lb/>
scheint dann als Kapitalwerth des Wasserfalls selbst. Dass nicht<lb/>
dieser selbst Werth hat, sondern sein Preis blosser Reflex des ab-<lb/>
gefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich<lb/>
gleich darin, dass der Preis von 200 <hirendition="#i">£</hi> nur das Produkt des Sur-<lb/>
plusprofits von 10 <hirendition="#i">£</hi> mit 20 Jahren darstellt, während unter sonst<lb/>
gleichbleibenden Umständen derselbe Wasserfall für unbestimmte<lb/>
Zeit, 30, 100, x Jahre den Eigenthümer befähigt jährlich diese<lb/>
10 <hirendition="#i">£</hi> abzufangen, und während andrerseits, wenn eine neue, nicht<lb/>
auf Wasserkraft anwendbare Produktionsmethode den Kostpreis der<lb/>
mit der Dampfmaschine producirten Waaren von 100 auf 90 <hirendition="#i">£</hi><lb/>
erniedrigte, der Surplusprofit, und damit die Rente, und damit der<lb/>
Preis des Wasserfalls verschwände.</p><lb/><p>Nachdem wir so den allgemeinen Begriff der Differentialrente<lb/>
festgesetzt, gehn wir nun zur Betrachtung derselben in der eigent-<lb/>
lichen Agrikultur über. Was von ihr gesagt wird, gilt im Ganzen<lb/>
auch für Bergwerke.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#g">Neununddreissigstes Kapitel</hi>.<lb/><hirendition="#b">Erste Form der Differentialrente (Differentialrente I.)</hi></head><lb/><p>Ricardo hat vollständig Recht in folgenden Sätzen:</p><lb/><p>„Rent“ [d. h. Differentialrente; er unterstellt, dass überhaupt<lb/>
keine Rente existirt ausser Differentialrente] „is always the diffe-<lb/>
rence between the produce obtained by the employment of two<lb/>
equal quantities of capital and labour.“ (Principles p. 59.) „Auf<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[188/0197]
neller Ausdruck, hinter dem sich ein reelles ökonomisches Verhält-
niss versteckt. Der Wasserfall, wie die Erde überhaupt, wie alle
Naturkraft, hat keinen Werth, weil er keine in ihm vergegen-
ständlichte Arbeit darstellt, und daher auch keinen Preis, der nor-
maliter nichts ist als der in Geld ausgedrückte Werth. Wo kein
Werth ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden.
Dieser Preis ist nichts als die kapitalisirte Rente. Das Grund-
eigenthum befähigt den Eigenthümer, die Differenz zwischen dem
individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der
so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisirt
werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst. Ist
der Surplusprofit, den die Benutzung des Wasserfalls dem Fabri-
kanten abwirft, 10 £ jährlich, und der Durchschnittszins 5 %, so
stellen diese 10 £ jährlich den Zins eines Kapitals von 200 £
dar; und diese Kapitalisation der jährlichen 10 £, die der Wasser-
fall seinen Eigenthümer befähigt dem Fabrikanten abzufangen, er-
scheint dann als Kapitalwerth des Wasserfalls selbst. Dass nicht
dieser selbst Werth hat, sondern sein Preis blosser Reflex des ab-
gefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich
gleich darin, dass der Preis von 200 £ nur das Produkt des Sur-
plusprofits von 10 £ mit 20 Jahren darstellt, während unter sonst
gleichbleibenden Umständen derselbe Wasserfall für unbestimmte
Zeit, 30, 100, x Jahre den Eigenthümer befähigt jährlich diese
10 £ abzufangen, und während andrerseits, wenn eine neue, nicht
auf Wasserkraft anwendbare Produktionsmethode den Kostpreis der
mit der Dampfmaschine producirten Waaren von 100 auf 90 £
erniedrigte, der Surplusprofit, und damit die Rente, und damit der
Preis des Wasserfalls verschwände.
Nachdem wir so den allgemeinen Begriff der Differentialrente
festgesetzt, gehn wir nun zur Betrachtung derselben in der eigent-
lichen Agrikultur über. Was von ihr gesagt wird, gilt im Ganzen
auch für Bergwerke.
Neununddreissigstes Kapitel.
Erste Form der Differentialrente (Differentialrente I.)
Ricardo hat vollständig Recht in folgenden Sätzen:
„Rent“ [d. h. Differentialrente; er unterstellt, dass überhaupt
keine Rente existirt ausser Differentialrente] „is always the diffe-
rence between the produce obtained by the employment of two
equal quantities of capital and labour.“ (Principles p. 59.) „Auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/197>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.