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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Von wirklichem Kapitalvorschuss kann also die Rede sein nur
beim ersten Fall. Im zweiten und dritten Fall höchstens nur in
dem Sinn, wie bei jeder Kapitalanlage man "Kapital vorschiesst".
In diesem Sinn schiesst die Bank dem A Geldkapital vor; aber für
A ist es Geldkapital höchstens in dem Sinn, dass es ein Theil
seines Kapitals überhaupt ist. Und er verlangt und gebraucht es
nicht speciell als Kapital, sondern speciell als Zahlungsmittel. Sonst
wäre auch jeder gewöhnliche Waarenverkauf, wodurch man sich
Zahlungsmittel verschafft, als ein empfangner Kapitalvorschuss an-
zusehn. -- F. E.]

Bei der Privatbank mit Notenausgabe besteht der Unterschied, dass
falls ihre Noten weder in der Lokalcirkulation bleiben, noch ihr
selbst zurückkehren in Form von Depositen oder für Zahlung fälliger
Wechsel, diese Noten in die Hände von Leuten fallen, denen sie
Gold oder Noten der Bank von England in Auswechslung der-
selben zahlen muss. So repräsentirt in diesem Fall der Vorschuss
ihrer Noten in der That Vorschuss von Noten der Bank von Eng-
land, oder was für sie dasselbe, von Gold, also einen Theil ihres
Bankkapitals. Dasselbe gilt von dem Fall, wo die Bank von England
selbst oder irgend eine andere Bank, die einem gesetzlichen Maximum
der Notenausgabe unterworfen ist, Werthpapiere verkaufen muss,
um ihre eignen Noten aus der Cirkulation zu ziehn, und sie dann
wieder in Vorschüssen auszugeben; hier repräsentiren ihre eignen
Noten einen Theil ihres mobilisirten Bankkapitals.

Selbst wenn die Cirkulation rein metallisch wäre, könnte gleich-
zeitig 1) ein Goldabfluss [hier ist offenbar ein Goldabfluss gemeint,
der wenigstens zum Theil ins Ausland geht, F. E.] die Schatz-
kammer leeren, und 2) da das Gold hauptsächlich von der Bank
nur zur Saldirung von Zahlungen (Erledigung vergangner Trans-
aktionen) verlangt würde, so könnte ihr Vorschuss auf Werth-
papiere sehr wachsen, ihr aber in Form von Depositen zurück-
kehren, oder in Rückzahlung fälliger Wechsel; sodass einerseits,
bei Zunahme der Werthpapiere im Portefeuille der Bank, ihr Ge-
sammtschatz abnähme, sie andrerseits dieselbe Summe, die sie früher
als Eigenthümerin hielt, jetzt als Schuldnerin ihrer Depositäre
halten würde, und endlich die Gesammtmasse des cirkulirenden
Mediums abnähme.

Es ist bisher vorausgesetzt worden, dass die Vorschüsse in Noten
gemacht werden, also wenigstens eine augenblickliche, wenn auch
sofort wieder verschwindende Vermehrung der Notenausgabe mit
sich führen. Dies ist aber nicht nöthig. Statt der Papiernote

Von wirklichem Kapitalvorschuss kann also die Rede sein nur
beim ersten Fall. Im zweiten und dritten Fall höchstens nur in
dem Sinn, wie bei jeder Kapitalanlage man „Kapital vorschiesst“.
In diesem Sinn schiesst die Bank dem A Geldkapital vor; aber für
A ist es Geldkapital höchstens in dem Sinn, dass es ein Theil
seines Kapitals überhaupt ist. Und er verlangt und gebraucht es
nicht speciell als Kapital, sondern speciell als Zahlungsmittel. Sonst
wäre auch jeder gewöhnliche Waarenverkauf, wodurch man sich
Zahlungsmittel verschafft, als ein empfangner Kapitalvorschuss an-
zusehn. — F. E.]

Bei der Privatbank mit Notenausgabe besteht der Unterschied, dass
falls ihre Noten weder in der Lokalcirkulation bleiben, noch ihr
selbst zurückkehren in Form von Depositen oder für Zahlung fälliger
Wechsel, diese Noten in die Hände von Leuten fallen, denen sie
Gold oder Noten der Bank von England in Auswechslung der-
selben zahlen muss. So repräsentirt in diesem Fall der Vorschuss
ihrer Noten in der That Vorschuss von Noten der Bank von Eng-
land, oder was für sie dasselbe, von Gold, also einen Theil ihres
Bankkapitals. Dasselbe gilt von dem Fall, wo die Bank von England
selbst oder irgend eine andere Bank, die einem gesetzlichen Maximum
der Notenausgabe unterworfen ist, Werthpapiere verkaufen muss,
um ihre eignen Noten aus der Cirkulation zu ziehn, und sie dann
wieder in Vorschüssen auszugeben; hier repräsentiren ihre eignen
Noten einen Theil ihres mobilisirten Bankkapitals.

Selbst wenn die Cirkulation rein metallisch wäre, könnte gleich-
zeitig 1) ein Goldabfluss [hier ist offenbar ein Goldabfluss gemeint,
der wenigstens zum Theil ins Ausland geht, F. E.] die Schatz-
kammer leeren, und 2) da das Gold hauptsächlich von der Bank
nur zur Saldirung von Zahlungen (Erledigung vergangner Trans-
aktionen) verlangt würde, so könnte ihr Vorschuss auf Werth-
papiere sehr wachsen, ihr aber in Form von Depositen zurück-
kehren, oder in Rückzahlung fälliger Wechsel; sodass einerseits,
bei Zunahme der Werthpapiere im Portefeuille der Bank, ihr Ge-
sammtschatz abnähme, sie andrerseits dieselbe Summe, die sie früher
als Eigenthümerin hielt, jetzt als Schuldnerin ihrer Depositäre
halten würde, und endlich die Gesammtmasse des cirkulirenden
Mediums abnähme.

Es ist bisher vorausgesetzt worden, dass die Vorschüsse in Noten
gemacht werden, also wenigstens eine augenblickliche, wenn auch
sofort wieder verschwindende Vermehrung der Notenausgabe mit
sich führen. Dies ist aber nicht nöthig. Statt der Papiernote

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[444/0478] Von wirklichem Kapitalvorschuss kann also die Rede sein nur beim ersten Fall. Im zweiten und dritten Fall höchstens nur in dem Sinn, wie bei jeder Kapitalanlage man „Kapital vorschiesst“. In diesem Sinn schiesst die Bank dem A Geldkapital vor; aber für A ist es Geldkapital höchstens in dem Sinn, dass es ein Theil seines Kapitals überhaupt ist. Und er verlangt und gebraucht es nicht speciell als Kapital, sondern speciell als Zahlungsmittel. Sonst wäre auch jeder gewöhnliche Waarenverkauf, wodurch man sich Zahlungsmittel verschafft, als ein empfangner Kapitalvorschuss an- zusehn. — F. E.] Bei der Privatbank mit Notenausgabe besteht der Unterschied, dass falls ihre Noten weder in der Lokalcirkulation bleiben, noch ihr selbst zurückkehren in Form von Depositen oder für Zahlung fälliger Wechsel, diese Noten in die Hände von Leuten fallen, denen sie Gold oder Noten der Bank von England in Auswechslung der- selben zahlen muss. So repräsentirt in diesem Fall der Vorschuss ihrer Noten in der That Vorschuss von Noten der Bank von Eng- land, oder was für sie dasselbe, von Gold, also einen Theil ihres Bankkapitals. Dasselbe gilt von dem Fall, wo die Bank von England selbst oder irgend eine andere Bank, die einem gesetzlichen Maximum der Notenausgabe unterworfen ist, Werthpapiere verkaufen muss, um ihre eignen Noten aus der Cirkulation zu ziehn, und sie dann wieder in Vorschüssen auszugeben; hier repräsentiren ihre eignen Noten einen Theil ihres mobilisirten Bankkapitals. Selbst wenn die Cirkulation rein metallisch wäre, könnte gleich- zeitig 1) ein Goldabfluss [hier ist offenbar ein Goldabfluss gemeint, der wenigstens zum Theil ins Ausland geht, F. E.] die Schatz- kammer leeren, und 2) da das Gold hauptsächlich von der Bank nur zur Saldirung von Zahlungen (Erledigung vergangner Trans- aktionen) verlangt würde, so könnte ihr Vorschuss auf Werth- papiere sehr wachsen, ihr aber in Form von Depositen zurück- kehren, oder in Rückzahlung fälliger Wechsel; sodass einerseits, bei Zunahme der Werthpapiere im Portefeuille der Bank, ihr Ge- sammtschatz abnähme, sie andrerseits dieselbe Summe, die sie früher als Eigenthümerin hielt, jetzt als Schuldnerin ihrer Depositäre halten würde, und endlich die Gesammtmasse des cirkulirenden Mediums abnähme. Es ist bisher vorausgesetzt worden, dass die Vorschüsse in Noten gemacht werden, also wenigstens eine augenblickliche, wenn auch sofort wieder verschwindende Vermehrung der Notenausgabe mit sich führen. Dies ist aber nicht nöthig. Statt der Papiernote

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/478>, abgerufen am 26.04.2024.