Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Achtes Buch. Achtes Hauptstück.
ihrer Sprache abgefaßt worden, so pflegt man die Friedensschlüsse
und Verträge mit der Pforte in 2 oder wohl gar 3 verschiedenen
Original-Sprachen abzufassen. So ist z. B. der Friede von 1774
mit Rußland in Türkischer, Russischer und Italienischer Sprache
abgefaßt. S. den art. 28. in m. Recueil T. IV. p. 607.
§. 330.
Von mehreren Friedens-Instrumenten, dem Einschluß
und Beytritt dritter Mächte.

Wenn mehr als zwey Mächte an einem Kriege directen
Antheil genommen haben, folglich auch als Hauptfriedens-
schließenden Theile zu dem Frieden concurriren müssen so
ist möglich, daß 1) jeder für sich sein Hauptfriedens-Instru-
ment mit seinem Gegner errichte, aus welchem sodann die
übrigen weder Rechte noch Verbindlichkeiten erlangen, dafern
hierüber nicht ausdrücklich etwas festgesetzt worden; oder
2) ein gemeinschaftliches Haupt-Instrument errichtet werde
in Ansehung dessen ein jeder als Hauptcontrahent anzusehn
ist; oder 3) daß eine dieser Mächte dem von den übrigen
zugleich für sie geschlossenen Hauptfrieden als Hauptcontrahent
beytrete a), wodurch sie alle Rechte und Verbindlichkeiten
erlangt, die sie durch unmittelbare Unterschrift des Haupt-
Instruments würde erlangt haben.

Aber auch von solchen Mächten die keinen directen
Antheil an dem Kriege genommen, sondern entweder bloß
als hülfleistende Theile Truppen u. s. f. gesandt, oder sonst
bey dem Gegenstande des Kriegs oder dem Frieden ein In-
teresse haben, kann auf mannigfaltige Weise in einem Frie-
densschlusse die Rede seyn.

Es ist möglich 1) daß einer der Hauptcontrahenten zu
ihrem Besten etwas in dem Friedensschlusse stipulirt, ent-
weder so, daß selbige in dem Frieden mit eingeschlossen
werden (comprehensi), so daß Friede und Freundschaft sich
auf sie mit erstrecken, ohne daß sie dadurch übrigens die
Rechte und Verbindlichkeiten eines Hauptcontrahenten er-
halten b), oder so daß einzelne Puncte in dem Frieden zu

ihrem
Achtes Buch. Achtes Hauptſtuͤck.
ihrer Sprache abgefaßt worden, ſo pflegt man die Friedensſchluͤſſe
und Vertraͤge mit der Pforte in 2 oder wohl gar 3 verſchiedenen
Original-Sprachen abzufaſſen. So iſt z. B. der Friede von 1774
mit Rußland in Tuͤrkiſcher, Ruſſiſcher und Italieniſcher Sprache
abgefaßt. S. den art. 28. in m. Recueil T. IV. p. 607.
§. 330.
Von mehreren Friedens-Inſtrumenten, dem Einſchluß
und Beytritt dritter Maͤchte.

Wenn mehr als zwey Maͤchte an einem Kriege directen
Antheil genommen haben, folglich auch als Hauptfriedens-
ſchließenden Theile zu dem Frieden concurriren muͤſſen ſo
iſt moͤglich, daß 1) jeder fuͤr ſich ſein Hauptfriedens-Inſtru-
ment mit ſeinem Gegner errichte, aus welchem ſodann die
uͤbrigen weder Rechte noch Verbindlichkeiten erlangen, dafern
hieruͤber nicht ausdruͤcklich etwas feſtgeſetzt worden; oder
2) ein gemeinſchaftliches Haupt-Inſtrument errichtet werde
in Anſehung deſſen ein jeder als Hauptcontrahent anzuſehn
iſt; oder 3) daß eine dieſer Maͤchte dem von den uͤbrigen
zugleich fuͤr ſie geſchloſſenen Hauptfrieden als Hauptcontrahent
beytrete a), wodurch ſie alle Rechte und Verbindlichkeiten
erlangt, die ſie durch unmittelbare Unterſchrift des Haupt-
Inſtruments wuͤrde erlangt haben.

Aber auch von ſolchen Maͤchten die keinen directen
Antheil an dem Kriege genommen, ſondern entweder bloß
als huͤlfleiſtende Theile Truppen u. ſ. f. geſandt, oder ſonſt
bey dem Gegenſtande des Kriegs oder dem Frieden ein In-
tereſſe haben, kann auf mannigfaltige Weiſe in einem Frie-
densſchluſſe die Rede ſeyn.

Es iſt moͤglich 1) daß einer der Hauptcontrahenten zu
ihrem Beſten etwas in dem Friedensſchluſſe ſtipulirt, ent-
weder ſo, daß ſelbige in dem Frieden mit eingeſchloſſen
werden (comprehenſi), ſo daß Friede und Freundſchaft ſich
auf ſie mit erſtrecken, ohne daß ſie dadurch uͤbrigens die
Rechte und Verbindlichkeiten eines Hauptcontrahenten er-
halten b), oder ſo daß einzelne Puncte in dem Frieden zu

ihrem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="a)"><pb facs="#f0400" n="372"/><fw place="top" type="header">Achtes Buch. Achtes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
ihrer Sprache abgefaßt worden, &#x017F;o pflegt man die Friedens&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
und Vertra&#x0364;ge mit der Pforte in 2 oder wohl gar 3 ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Original-Sprachen abzufa&#x017F;&#x017F;en. So i&#x017F;t z. B. der Friede von 1774<lb/>
mit Rußland in Tu&#x0364;rki&#x017F;cher, Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher und Italieni&#x017F;cher Sprache<lb/>
abgefaßt. S. den <hi rendition="#aq">art.</hi> 28. in m. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Recueil</hi> T. IV. p.</hi> 607.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 330.<lb/><hi rendition="#fr">Von mehreren Friedens-In&#x017F;trumenten, dem Ein&#x017F;chluß<lb/>
und Beytritt dritter Ma&#x0364;chte.</hi></head><lb/>
            <p>Wenn mehr als zwey Ma&#x0364;chte an einem Kriege directen<lb/>
Antheil genommen haben, folglich auch als Hauptfriedens-<lb/>
&#x017F;chließenden Theile zu dem Frieden concurriren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t mo&#x0364;glich, daß 1) jeder fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;ein Hauptfriedens-In&#x017F;tru-<lb/>
ment mit &#x017F;einem Gegner errichte, aus welchem &#x017F;odann die<lb/>
u&#x0364;brigen weder Rechte noch Verbindlichkeiten erlangen, dafern<lb/>
hieru&#x0364;ber nicht ausdru&#x0364;cklich etwas fe&#x017F;tge&#x017F;etzt worden; oder<lb/>
2) ein gemein&#x017F;chaftliches Haupt-In&#x017F;trument errichtet werde<lb/>
in An&#x017F;ehung de&#x017F;&#x017F;en ein jeder als Hauptcontrahent anzu&#x017F;ehn<lb/>
i&#x017F;t; oder 3) daß eine die&#x017F;er Ma&#x0364;chte dem von den u&#x0364;brigen<lb/>
zugleich fu&#x0364;r &#x017F;ie ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Hauptfrieden als Hauptcontrahent<lb/>
beytrete <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>), wodurch &#x017F;ie alle Rechte und Verbindlichkeiten<lb/>
erlangt, die &#x017F;ie durch unmittelbare Unter&#x017F;chrift des Haupt-<lb/>
In&#x017F;truments wu&#x0364;rde erlangt haben.</p><lb/>
            <p>Aber auch von &#x017F;olchen Ma&#x0364;chten die keinen directen<lb/>
Antheil an dem Kriege genommen, &#x017F;ondern entweder bloß<lb/>
als hu&#x0364;lflei&#x017F;tende Theile Truppen u. &#x017F;. f. ge&#x017F;andt, oder &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
bey dem Gegen&#x017F;tande des Kriegs oder dem Frieden ein In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e haben, kann auf mannigfaltige Wei&#x017F;e in einem Frie-<lb/>
dens&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e die Rede &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t mo&#x0364;glich 1) daß einer der Hauptcontrahenten zu<lb/>
ihrem Be&#x017F;ten etwas in dem Friedens&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tipulirt, ent-<lb/>
weder &#x017F;o, daß &#x017F;elbige in dem Frieden mit einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werden (<hi rendition="#aq">comprehen&#x017F;i</hi>), &#x017F;o daß Friede und Freund&#x017F;chaft &#x017F;ich<lb/>
auf &#x017F;ie mit er&#x017F;trecken, ohne daß &#x017F;ie dadurch u&#x0364;brigens die<lb/>
Rechte und Verbindlichkeiten eines Hauptcontrahenten er-<lb/>
halten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>), oder &#x017F;o daß einzelne Puncte in dem Frieden zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihrem</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0400] Achtes Buch. Achtes Hauptſtuͤck. a⁾ ihrer Sprache abgefaßt worden, ſo pflegt man die Friedensſchluͤſſe und Vertraͤge mit der Pforte in 2 oder wohl gar 3 verſchiedenen Original-Sprachen abzufaſſen. So iſt z. B. der Friede von 1774 mit Rußland in Tuͤrkiſcher, Ruſſiſcher und Italieniſcher Sprache abgefaßt. S. den art. 28. in m. Recueil T. IV. p. 607. §. 330. Von mehreren Friedens-Inſtrumenten, dem Einſchluß und Beytritt dritter Maͤchte. Wenn mehr als zwey Maͤchte an einem Kriege directen Antheil genommen haben, folglich auch als Hauptfriedens- ſchließenden Theile zu dem Frieden concurriren muͤſſen ſo iſt moͤglich, daß 1) jeder fuͤr ſich ſein Hauptfriedens-Inſtru- ment mit ſeinem Gegner errichte, aus welchem ſodann die uͤbrigen weder Rechte noch Verbindlichkeiten erlangen, dafern hieruͤber nicht ausdruͤcklich etwas feſtgeſetzt worden; oder 2) ein gemeinſchaftliches Haupt-Inſtrument errichtet werde in Anſehung deſſen ein jeder als Hauptcontrahent anzuſehn iſt; oder 3) daß eine dieſer Maͤchte dem von den uͤbrigen zugleich fuͤr ſie geſchloſſenen Hauptfrieden als Hauptcontrahent beytrete a), wodurch ſie alle Rechte und Verbindlichkeiten erlangt, die ſie durch unmittelbare Unterſchrift des Haupt- Inſtruments wuͤrde erlangt haben. Aber auch von ſolchen Maͤchten die keinen directen Antheil an dem Kriege genommen, ſondern entweder bloß als huͤlfleiſtende Theile Truppen u. ſ. f. geſandt, oder ſonſt bey dem Gegenſtande des Kriegs oder dem Frieden ein In- tereſſe haben, kann auf mannigfaltige Weiſe in einem Frie- densſchluſſe die Rede ſeyn. Es iſt moͤglich 1) daß einer der Hauptcontrahenten zu ihrem Beſten etwas in dem Friedensſchluſſe ſtipulirt, ent- weder ſo, daß ſelbige in dem Frieden mit eingeſchloſſen werden (comprehenſi), ſo daß Friede und Freundſchaft ſich auf ſie mit erſtrecken, ohne daß ſie dadurch uͤbrigens die Rechte und Verbindlichkeiten eines Hauptcontrahenten er- halten b), oder ſo daß einzelne Puncte in dem Frieden zu ihrem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/400
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/400>, abgerufen am 21.11.2024.