Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Wiederherstellung des Friedens.
§. 329.
Separat-Artikel.

Zuweilen werden einem Friedensschlusse aus verschie-
denen Gründen Separat-Artikel angehängt, aber ausdrück-
lich für eben so verbindlich als das Haupt-Instrument er-
kläret, und wie dieser unterzeichnet. Diese Separat-Artikel
sind von zwiefacher Gattung: Einige enthalten Hauptpuncte
welche auf den Frieden selbst und dessen Vollziehung Bezug
haben, und sind entweder öffentliche oder geheime. Andere
haben die Eigenschaft eines bloßen Vorbehalts, und betreffen
insonderheit theils die in dem Friedens-Instrument ge-
brauchten Titel, daß nemlich wenn diese etwa nicht allge-
mein anerkannt werden, aus deren Zulassung kein Recht für
die Zukunft folgen solle, theils die Sprache deren man sich
in dem Friedens-Instrument bedient hat. Da nemlich in
neueren Zeiten die Französische Sprache auch in Friedens-
schlüssen häufig in die Stelle der Lateinischen getreten, in der
sonst Völker von verschiedenen Zungen zu schließen pflegen,
so hat man es insonderheit in den Verträgen an welchen
Frankreich Antheil nimmt für rathsam gefunden, sich zu ver-
wahren, daß daraus für die Zukunft keine Schuldigkeit ge-
folgert werden solle a).

a) Ueber den Gebrauch der Staats- und Hofsprachen überhaupt
s. oben §. 174. Insonderheit seit dem Nimmweger Frieden ward
die französische Sprache zwischen Mächten von verschiedenen Zun-
gen in Verhandlungen und Friedensschlüssen der lateinischen vor-
gezogen. S. Comte de Rivarol dissertation sur Universalite de la
Langue Francoise. a Berlin 1784. 4. p.
33. Von Friedensschlüssen
zwischen teutschen Fürsten giebt der Breslauer Friede von 1742
das erste Beyspiel des Gebrauchs der französischen Sprache, wel-
ches nachmahls 1745. 1763. 1779 erneuert wurde. Moser
Teschner Friedensschluß mit Anmerkungen
S. 48. Sonst fehlt
es nicht an Beyspielen neuerer Zeit, daß Staatsverträge zweyer
Völker zugleich in zwey Sprachen aufgesetzt worden. Und da,
nach dem was de Real T. V. p. 558. anführt, die Osmanen nur
dann einen Friedensschluß für verbindlich halten, wenn er in
A a 2
Von der Wiederherſtellung des Friedens.
§. 329.
Separat-Artikel.

Zuweilen werden einem Friedensſchluſſe aus verſchie-
denen Gruͤnden Separat-Artikel angehaͤngt, aber ausdruͤck-
lich fuͤr eben ſo verbindlich als das Haupt-Inſtrument er-
klaͤret, und wie dieſer unterzeichnet. Dieſe Separat-Artikel
ſind von zwiefacher Gattung: Einige enthalten Hauptpuncte
welche auf den Frieden ſelbſt und deſſen Vollziehung Bezug
haben, und ſind entweder oͤffentliche oder geheime. Andere
haben die Eigenſchaft eines bloßen Vorbehalts, und betreffen
inſonderheit theils die in dem Friedens-Inſtrument ge-
brauchten Titel, daß nemlich wenn dieſe etwa nicht allge-
mein anerkannt werden, aus deren Zulaſſung kein Recht fuͤr
die Zukunft folgen ſolle, theils die Sprache deren man ſich
in dem Friedens-Inſtrument bedient hat. Da nemlich in
neueren Zeiten die Franzoͤſiſche Sprache auch in Friedens-
ſchluͤſſen haͤufig in die Stelle der Lateiniſchen getreten, in der
ſonſt Voͤlker von verſchiedenen Zungen zu ſchließen pflegen,
ſo hat man es inſonderheit in den Vertraͤgen an welchen
Frankreich Antheil nimmt fuͤr rathſam gefunden, ſich zu ver-
wahren, daß daraus fuͤr die Zukunft keine Schuldigkeit ge-
folgert werden ſolle a).

a) Ueber den Gebrauch der Staats- und Hofſprachen uͤberhaupt
ſ. oben §. 174. Inſonderheit ſeit dem Nimmweger Frieden ward
die franzoͤſiſche Sprache zwiſchen Maͤchten von verſchiedenen Zun-
gen in Verhandlungen und Friedensſchluͤſſen der lateiniſchen vor-
gezogen. S. Comte de Rivarol diſſertation ſur Univerſalité de la
Langue Françoiſe. à Berlin 1784. 4. p.
33. Von Friedensſchluͤſſen
zwiſchen teutſchen Fuͤrſten giebt der Breslauer Friede von 1742
das erſte Beyſpiel des Gebrauchs der franzoͤſiſchen Sprache, wel-
ches nachmahls 1745. 1763. 1779 erneuert wurde. Moſer
Teſchner Friedensſchluß mit Anmerkungen
S. 48. Sonſt fehlt
es nicht an Beyſpielen neuerer Zeit, daß Staatsvertraͤge zweyer
Voͤlker zugleich in zwey Sprachen aufgeſetzt worden. Und da,
nach dem was de Real T. V. p. 558. anfuͤhrt, die Osmanen nur
dann einen Friedensſchluß fuͤr verbindlich halten, wenn er in
A a 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0399" n="371"/>
          <fw place="top" type="header">Von der Wiederher&#x017F;tellung des Friedens.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 329.<lb/><hi rendition="#fr">Separat-Artikel.</hi></head><lb/>
            <p>Zuweilen werden einem Friedens&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e aus ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Gru&#x0364;nden Separat-Artikel angeha&#x0364;ngt, aber ausdru&#x0364;ck-<lb/>
lich fu&#x0364;r eben &#x017F;o verbindlich als das Haupt-In&#x017F;trument er-<lb/>
kla&#x0364;ret, und wie die&#x017F;er unterzeichnet. Die&#x017F;e Separat-Artikel<lb/>
&#x017F;ind von zwiefacher Gattung: Einige enthalten Hauptpuncte<lb/>
welche auf den Frieden &#x017F;elb&#x017F;t und de&#x017F;&#x017F;en Vollziehung Bezug<lb/>
haben, und &#x017F;ind entweder o&#x0364;ffentliche oder geheime. Andere<lb/>
haben die Eigen&#x017F;chaft eines bloßen Vorbehalts, und betreffen<lb/>
in&#x017F;onderheit theils die in dem Friedens-In&#x017F;trument ge-<lb/>
brauchten Titel, daß nemlich wenn die&#x017F;e etwa nicht allge-<lb/>
mein anerkannt werden, aus deren Zula&#x017F;&#x017F;ung kein Recht fu&#x0364;r<lb/>
die Zukunft folgen &#x017F;olle, theils die Sprache deren man &#x017F;ich<lb/>
in dem Friedens-In&#x017F;trument bedient hat. Da nemlich in<lb/>
neueren Zeiten die Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Sprache auch in Friedens-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;ufig in die Stelle der Lateini&#x017F;chen getreten, in der<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t Vo&#x0364;lker von ver&#x017F;chiedenen Zungen zu &#x017F;chließen pflegen,<lb/>
&#x017F;o hat man es in&#x017F;onderheit in den Vertra&#x0364;gen an welchen<lb/>
Frankreich Antheil nimmt fu&#x0364;r rath&#x017F;am gefunden, &#x017F;ich zu ver-<lb/>
wahren, daß daraus fu&#x0364;r die Zukunft keine Schuldigkeit ge-<lb/>
folgert werden &#x017F;olle <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">Ueber den Gebrauch der Staats- und Hof&#x017F;prachen u&#x0364;berhaupt<lb/>
&#x017F;. oben §. 174. In&#x017F;onderheit &#x017F;eit dem Nimmweger Frieden ward<lb/>
die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Sprache zwi&#x017F;chen Ma&#x0364;chten von ver&#x017F;chiedenen Zun-<lb/>
gen in Verhandlungen und Friedens&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der lateini&#x017F;chen vor-<lb/>
gezogen. S. <hi rendition="#aq">Comte de Rivarol di&#x017F;&#x017F;ertation &#x017F;ur Univer&#x017F;alité de la<lb/>
Langue Françoi&#x017F;e. à Berlin 1784. 4. p.</hi> 33. Von Friedens&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zwi&#x017F;chen teut&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten giebt der Breslauer Friede von 1742<lb/>
das er&#x017F;te Bey&#x017F;piel des Gebrauchs der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Sprache, wel-<lb/>
ches nachmahls 1745. 1763. 1779 erneuert wurde. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi><lb/>
Te&#x017F;chner Friedens&#x017F;chluß mit Anmerkungen</hi> S. 48. Son&#x017F;t fehlt<lb/>
es nicht an Bey&#x017F;pielen neuerer Zeit, daß Staatsvertra&#x0364;ge zweyer<lb/>
Vo&#x0364;lker zugleich in zwey Sprachen aufge&#x017F;etzt worden. Und da,<lb/>
nach dem was <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">de Real</hi> T. V. p.</hi> 558. anfu&#x0364;hrt, die Osmanen nur<lb/>
dann einen Friedens&#x017F;chluß fu&#x0364;r verbindlich halten, wenn er in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ihrer</fw><lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0399] Von der Wiederherſtellung des Friedens. §. 329. Separat-Artikel. Zuweilen werden einem Friedensſchluſſe aus verſchie- denen Gruͤnden Separat-Artikel angehaͤngt, aber ausdruͤck- lich fuͤr eben ſo verbindlich als das Haupt-Inſtrument er- klaͤret, und wie dieſer unterzeichnet. Dieſe Separat-Artikel ſind von zwiefacher Gattung: Einige enthalten Hauptpuncte welche auf den Frieden ſelbſt und deſſen Vollziehung Bezug haben, und ſind entweder oͤffentliche oder geheime. Andere haben die Eigenſchaft eines bloßen Vorbehalts, und betreffen inſonderheit theils die in dem Friedens-Inſtrument ge- brauchten Titel, daß nemlich wenn dieſe etwa nicht allge- mein anerkannt werden, aus deren Zulaſſung kein Recht fuͤr die Zukunft folgen ſolle, theils die Sprache deren man ſich in dem Friedens-Inſtrument bedient hat. Da nemlich in neueren Zeiten die Franzoͤſiſche Sprache auch in Friedens- ſchluͤſſen haͤufig in die Stelle der Lateiniſchen getreten, in der ſonſt Voͤlker von verſchiedenen Zungen zu ſchließen pflegen, ſo hat man es inſonderheit in den Vertraͤgen an welchen Frankreich Antheil nimmt fuͤr rathſam gefunden, ſich zu ver- wahren, daß daraus fuͤr die Zukunft keine Schuldigkeit ge- folgert werden ſolle a). a⁾ Ueber den Gebrauch der Staats- und Hofſprachen uͤberhaupt ſ. oben §. 174. Inſonderheit ſeit dem Nimmweger Frieden ward die franzoͤſiſche Sprache zwiſchen Maͤchten von verſchiedenen Zun- gen in Verhandlungen und Friedensſchluͤſſen der lateiniſchen vor- gezogen. S. Comte de Rivarol diſſertation ſur Univerſalité de la Langue Françoiſe. à Berlin 1784. 4. p. 33. Von Friedensſchluͤſſen zwiſchen teutſchen Fuͤrſten giebt der Breslauer Friede von 1742 das erſte Beyſpiel des Gebrauchs der franzoͤſiſchen Sprache, wel- ches nachmahls 1745. 1763. 1779 erneuert wurde. Moſer Teſchner Friedensſchluß mit Anmerkungen S. 48. Sonſt fehlt es nicht an Beyſpielen neuerer Zeit, daß Staatsvertraͤge zweyer Voͤlker zugleich in zwey Sprachen aufgeſetzt worden. Und da, nach dem was de Real T. V. p. 558. anfuͤhrt, die Osmanen nur dann einen Friedensſchluß fuͤr verbindlich halten, wenn er in ihrer A a 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/399
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/399>, abgerufen am 03.12.2024.