Viertes Buch. Von den Rechten und Verbindlichkeiten der Völker in Rücksicht auf ihre auswärtigen Angelegenheiten.
Erstes Hauptstück. Von der Unabhängigkeit der Völker, und der Sorge für die Erhaltung ihrer Freyheit und Sicherheit.
§. 112. Freyheit der Völker in ihren Handlungen.
Wie ein jeder souveraine Staat das Recht hat seine in- nere Verfassung im ganzen und in ihren Theilen so einzu- richten, wie er es für die Erreichung der inneren Sicher- heit und Wohlfarth am nützlichsten findet, so hat er auch ebenmäßig das Recht, alles was auf die Beförderung der äußeren Sicherheit und Wohlfarth abzweckt, zu beschließen und zu unternehmen und was ihr entgegen steht zu unter- lassen; eine dritte Nation ist, so lange ihre vollkommnen Rechte dadurch nicht gekränkt werden, im allgemeinen so wenig befugt, Rechenschaft von seinem Thun und Lassen zu begehren, als ihn zu Unternehmung, oder Unterlassung sol- cher Handlungen zu nöthigen. Doch leiden diese Grund- sätze nicht selten Modificationen, welche, theils in dem poli- tischen Verhältnisse der Europäischen Völker überhaupt, theils in Verträgen ihren Grund haben.
§. 113. 1) Recht eines Staats für seine Sicherheit Zurüstungen zu machen.
So hat zwar jeder Staat als eine Folge seiner Frey- heit und Unabhängigkeit das Recht bey sich zu Hause alle
die
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Viertes Buch. Von den Rechten und Verbindlichkeiten der Voͤlker in Ruͤckſicht auf ihre auswaͤrtigen Angelegenheiten.
Erſtes Hauptſtuͤck. Von der Unabhaͤngigkeit der Voͤlker, und der Sorge fuͤr die Erhaltung ihrer Freyheit und Sicherheit.
§. 112. Freyheit der Voͤlker in ihren Handlungen.
Wie ein jeder ſouveraine Staat das Recht hat ſeine in- nere Verfaſſung im ganzen und in ihren Theilen ſo einzu- richten, wie er es fuͤr die Erreichung der inneren Sicher- heit und Wohlfarth am nuͤtzlichſten findet, ſo hat er auch ebenmaͤßig das Recht, alles was auf die Befoͤrderung der aͤußeren Sicherheit und Wohlfarth abzweckt, zu beſchließen und zu unternehmen und was ihr entgegen ſteht zu unter- laſſen; eine dritte Nation iſt, ſo lange ihre vollkommnen Rechte dadurch nicht gekraͤnkt werden, im allgemeinen ſo wenig befugt, Rechenſchaft von ſeinem Thun und Laſſen zu begehren, als ihn zu Unternehmung, oder Unterlaſſung ſol- cher Handlungen zu noͤthigen. Doch leiden dieſe Grund- ſaͤtze nicht ſelten Modificationen, welche, theils in dem poli- tiſchen Verhaͤltniſſe der Europaͤiſchen Voͤlker uͤberhaupt, theils in Vertraͤgen ihren Grund haben.
§. 113. 1) Recht eines Staats fuͤr ſeine Sicherheit Zuruͤſtungen zu machen.
So hat zwar jeder Staat als eine Folge ſeiner Frey- heit und Unabhaͤngigkeit das Recht bey ſich zu Hauſe alle
die
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Viertes Buch.
Von den Rechten und Verbindlichkeiten der
Voͤlker in Ruͤckſicht auf ihre auswaͤrtigen
Angelegenheiten.
Erſtes Hauptſtuͤck.
Von der Unabhaͤngigkeit der Voͤlker, und der Sorge
fuͤr die Erhaltung ihrer Freyheit und Sicherheit.
§. 112.
Freyheit der Voͤlker in ihren Handlungen.
Wie ein jeder ſouveraine Staat das Recht hat ſeine in-
nere Verfaſſung im ganzen und in ihren Theilen ſo einzu-
richten, wie er es fuͤr die Erreichung der inneren Sicher-
heit und Wohlfarth am nuͤtzlichſten findet, ſo hat er auch
ebenmaͤßig das Recht, alles was auf die Befoͤrderung der
aͤußeren Sicherheit und Wohlfarth abzweckt, zu beſchließen
und zu unternehmen und was ihr entgegen ſteht zu unter-
laſſen; eine dritte Nation iſt, ſo lange ihre vollkommnen
Rechte dadurch nicht gekraͤnkt werden, im allgemeinen ſo
wenig befugt, Rechenſchaft von ſeinem Thun und Laſſen zu
begehren, als ihn zu Unternehmung, oder Unterlaſſung ſol-
cher Handlungen zu noͤthigen. Doch leiden dieſe Grund-
ſaͤtze nicht ſelten Modificationen, welche, theils in dem poli-
tiſchen Verhaͤltniſſe der Europaͤiſchen Voͤlker uͤberhaupt,
theils in Vertraͤgen ihren Grund haben.
§. 113.
1) Recht eines Staats fuͤr ſeine Sicherheit Zuruͤſtungen
zu machen.
So hat zwar jeder Staat als eine Folge ſeiner Frey-
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/165>, abgerufen am 01.03.2025.
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