Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Erste Buch.
Durch dessen lieb entzünd sie must erbärmlich leben/
Dem hat ihr vater sie noch unberührt gegeben
Und sie mit ihm vermählt/ demnach er hier und da
Durch zeichen und gemerck der Götter willen sah.
Doch saß Pygmalion ihr bruder noch im reiche
Und hatte Tyrien; dem keiner je war gleiche
An list und tyranney: Er übertraff sie all
Än büberey/ so viel ihr waren dazumal.
Auff eine zeit geschicht/ daß sie mißhällig werden/
Da trägt er diesem mann mit feindlichen gebärden
Den haß und zorren nach/ wird über das geblend
Von geitz nach seinem gut/ nach dem er brennt und rennt:
Da überfällt er ihn beim altar/ da er dessen
Am minsten sich versah/ und alles war vergessen
Bey ihm/ siösst ihm mit macht das eysen hinterwerts
Und meuchlerischer weiß (o grausamkeit!) durchs hertz.
War unbekümmert drumb/ daß seine schwester lieben
Ihn würde nimmermehr/ die er so kunt betrüben;
Verheelt ihr lange noch die that der bösewicht
Mit mancher farb und schein daß sies erführe nicht/
Wo er geblieben wär/ und ließ ihr eitles hoffen
Sein spiel und kurtzweil seyn/ bis endlich er betroffen
Inseinem laster ward. Als sie ligt in der ruh/
Dünckt sie/ ihr eh-herr kömmt entleibet auff ihr zu/
Und steht gantz bleich für ihr/ weist auff die blutge stelle/
Da er ihn hat ermordt der hämische geselle/
Zeigt seine blose brust durch stochen mit dem schwerdt/
Und schafft/ daß sie den grund von dieser that erfährt.
denn
Das Erſte Buch.
Durch deſſen lieb entzuͤnd ſie muſt erbaͤrmlich leben/
Dem hat ihr vater ſie noch unberuͤhrt gegeben
Und ſie mit ihm vermaͤhlt/ demnach er hier und da
Durch zeichen und gemerck der Goͤtter willen ſah.
Doch ſaß Pygmalion ihr bruder noch im reiche
Und hatte Tyrien; dem keiner je war gleiche
An liſt und tyranney: Er uͤbertraff ſie all
Aͤn buͤberey/ ſo viel ihr waren dazumal.
Auff eine zeit geſchicht/ daß ſie mißhaͤllig werden/
Da traͤgt er dieſem mann mit feindlichen gebaͤrden
Den haß und zorren nach/ wird uͤber das geblend
Von geitz nach ſeinem gut/ nach dem er breñt und rennt:
Da uͤberfaͤllt er ihn beim altar/ da er deſſen
Am minſten ſich verſah/ und alles war vergeſſen
Bey ihm/ ſioͤſſt ihm mit macht das eyſen hinterwerts
Und meuchleriſcher weiß (o grauſamkeit!) durchs hertz.
War unbekuͤmmert drumb/ daß ſeine ſchweſter lieben
Ihn wuͤrde nimmermehr/ die er ſo kunt betruͤben;
Verheelt ihr lange noch die that der boͤſewicht
Mit mancher farb und ſchein daß ſies erfuͤhre nicht/
Wo er geblieben waͤr/ und ließ ihr eitles hoffen
Sein ſpiel und kurtzweil ſeyn/ bis endlich er betroffen
Inſeinem laſter ward. Als ſie ligt in der ruh/
Duͤnckt ſie/ ihr eh-herr koͤmmt entleibet auff ihr zu/
Und ſteht gantz bleich fuͤr ihr/ weiſt auff die blutge ſtelle/
Da er ihn hat ermordt der haͤmiſche geſelle/
Zeigt ſeine bloſe bruſt durch ſtochen mit dem ſchwerdt/
Und ſchafft/ daß ſie den grund von dieſer that erfaͤhrt.
denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0046" n="24"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Er&#x017F;te Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Durch de&#x017F;&#x017F;en lieb entzu&#x0364;nd &#x017F;ie mu&#x017F;t erba&#x0364;rmlich leben/</l><lb/>
          <l>Dem hat ihr vater &#x017F;ie noch unberu&#x0364;hrt gegeben</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ie mit ihm verma&#x0364;hlt/ demnach er hier und da</l><lb/>
          <l>Durch zeichen und gemerck der Go&#x0364;tter willen &#x017F;ah.</l><lb/>
          <l>Doch &#x017F;aß Pygmalion ihr bruder noch im reiche</l><lb/>
          <l>Und hatte Tyrien; dem keiner je war gleiche</l><lb/>
          <l>An li&#x017F;t und tyranney: Er u&#x0364;bertraff &#x017F;ie all</l><lb/>
          <l>A&#x0364;n bu&#x0364;berey/ &#x017F;o viel ihr waren dazumal.</l><lb/>
          <l>Auff eine zeit ge&#x017F;chicht/ daß &#x017F;ie mißha&#x0364;llig werden/</l><lb/>
          <l>Da tra&#x0364;gt er die&#x017F;em mann mit feindlichen geba&#x0364;rden</l><lb/>
          <l>Den haß und zorren nach/ wird u&#x0364;ber das geblend</l><lb/>
          <l>Von geitz nach &#x017F;einem gut/ nach dem er bren&#x0303;t und rennt:</l><lb/>
          <l>Da u&#x0364;berfa&#x0364;llt er ihn beim altar/ da er de&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Am min&#x017F;ten &#x017F;ich ver&#x017F;ah/ und alles war verge&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Bey ihm/ &#x017F;io&#x0364;&#x017F;&#x017F;t ihm mit macht das ey&#x017F;en hinterwerts</l><lb/>
          <l>Und meuchleri&#x017F;cher weiß (o grau&#x017F;amkeit!) durchs hertz.</l><lb/>
          <l>War unbeku&#x0364;mmert drumb/ daß &#x017F;eine &#x017F;chwe&#x017F;ter lieben</l><lb/>
          <l>Ihn wu&#x0364;rde nimmermehr/ die er &#x017F;o kunt betru&#x0364;ben;</l><lb/>
          <l>Verheelt ihr lange noch die that der bo&#x0364;&#x017F;ewicht</l><lb/>
          <l>Mit mancher farb und &#x017F;chein daß &#x017F;ies erfu&#x0364;hre nicht/</l><lb/>
          <l>Wo er geblieben wa&#x0364;r/ und ließ ihr eitles hoffen</l><lb/>
          <l>Sein &#x017F;piel und kurtzweil &#x017F;eyn/ bis endlich er betroffen</l><lb/>
          <l>In&#x017F;einem la&#x017F;ter ward. Als &#x017F;ie ligt in der ruh/</l><lb/>
          <l>Du&#x0364;nckt &#x017F;ie/ ihr eh-herr ko&#x0364;mmt entleibet auff ihr zu/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;teht gantz bleich fu&#x0364;r ihr/ wei&#x017F;t auff die blutge &#x017F;telle/</l><lb/>
          <l>Da er ihn hat ermordt der ha&#x0364;mi&#x017F;che ge&#x017F;elle/</l><lb/>
          <l>Zeigt &#x017F;eine blo&#x017F;e bru&#x017F;t durch &#x017F;tochen mit dem &#x017F;chwerdt/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;chafft/ daß &#x017F;ie den grund von die&#x017F;er that erfa&#x0364;hrt.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">denn</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0046] Das Erſte Buch. Durch deſſen lieb entzuͤnd ſie muſt erbaͤrmlich leben/ Dem hat ihr vater ſie noch unberuͤhrt gegeben Und ſie mit ihm vermaͤhlt/ demnach er hier und da Durch zeichen und gemerck der Goͤtter willen ſah. Doch ſaß Pygmalion ihr bruder noch im reiche Und hatte Tyrien; dem keiner je war gleiche An liſt und tyranney: Er uͤbertraff ſie all Aͤn buͤberey/ ſo viel ihr waren dazumal. Auff eine zeit geſchicht/ daß ſie mißhaͤllig werden/ Da traͤgt er dieſem mann mit feindlichen gebaͤrden Den haß und zorren nach/ wird uͤber das geblend Von geitz nach ſeinem gut/ nach dem er breñt und rennt: Da uͤberfaͤllt er ihn beim altar/ da er deſſen Am minſten ſich verſah/ und alles war vergeſſen Bey ihm/ ſioͤſſt ihm mit macht das eyſen hinterwerts Und meuchleriſcher weiß (o grauſamkeit!) durchs hertz. War unbekuͤmmert drumb/ daß ſeine ſchweſter lieben Ihn wuͤrde nimmermehr/ die er ſo kunt betruͤben; Verheelt ihr lange noch die that der boͤſewicht Mit mancher farb und ſchein daß ſies erfuͤhre nicht/ Wo er geblieben waͤr/ und ließ ihr eitles hoffen Sein ſpiel und kurtzweil ſeyn/ bis endlich er betroffen Inſeinem laſter ward. Als ſie ligt in der ruh/ Duͤnckt ſie/ ihr eh-herr koͤmmt entleibet auff ihr zu/ Und ſteht gantz bleich fuͤr ihr/ weiſt auff die blutge ſtelle/ Da er ihn hat ermordt der haͤmiſche geſelle/ Zeigt ſeine bloſe bruſt durch ſtochen mit dem ſchwerdt/ Und ſchafft/ daß ſie den grund von dieſer that erfaͤhrt. denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/46
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/46>, abgerufen am 26.04.2024.