Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Erste Buch.
Auffs segelreiche meer/ auff haven land und seen/
Wie es mit ihnen sey bewand/ und wie sie stehen/
Bleibt auff der höhe still/ und richtet sein gesicht
Auff Libyen allein/ und davon wendet nicht.
Als er nun dafür sorg in seinem hertzen träget/
Und sich mit mancherley gedancken traurig schläget/
Kommt Venus sehr betrübt und hat die augen fast
Geweinet aus für angst und ihres hertzens last.
Die redet ihn so an: O höchster aller Götter
Und menschen Jupiter/ du einiger erretter/
Der du mit ewger macht regierest überall/
Und böse schrecken kanst mit deinem donnerstrahl;
Sag an/ was hat mein sohn so gröblich doch gehandelt/
Der richtig je und je für aller welt gewandelt?
Was hat das Troer volck für missethat und schuld/
Die so viel noht und tod getragen mit gedult?
Sol ihnen land und see des eingen welschlands wegen
Versperret seyn? Sol sich dawider niemand regen?
Du hast ja für gewiß und gleichsam zugesagt/
Das dir verhoffentlich nicht reut/ noch mißbehagt;
Es würden aus dem stamm der Troer grosse printzen
Einst kommen/ die mit macht regierten die provintzen
Zu wasser und zu land: wie kommst du/ vater/ nun
Auff einen andern sinn/ daß du das nicht wilst thun?
Ich habe traun hierauff vertröstet mein gemüthe
Als Troja unterging mit solchem sturm und wüte/
Und hofft/ es würde je ein ander glücksfall sich
Nach diesen ungelück ereignen gütiglich.
Nun
Das Erſte Buch.
Auffs ſegelreiche meer/ auff haven land und ſeen/
Wie es mit ihnen ſey bewand/ und wie ſie ſtehen/
Bleibt auff der hoͤhe ſtill/ und richtet ſein geſicht
Auff Libyen allein/ und davon wendet nicht.
Als er nun dafuͤr ſorg in ſeinem hertzen traͤget/
Und ſich mit mancherley gedancken traurig ſchlaͤget/
Kommt Venus ſehr betruͤbt und hat die augen faſt
Geweinet aus fuͤr angſt und ihres hertzens laſt.
Die redet ihn ſo an: O hoͤchſter aller Goͤtter
Und menſchen Jupiter/ du einiger erretter/
Der du mit ewger macht regiereſt uͤberall/
Und boͤſe ſchrecken kanſt mit deinem donnerſtrahl;
Sag an/ was hat mein ſohn ſo groͤblich doch gehandelt/
Der richtig je und je fuͤr aller welt gewandelt?
Was hat das Troer volck fuͤr miſſethat und ſchuld/
Die ſo viel noht und tod getragen mit gedult?
Sol ihnen land und ſee des eingen welſchlands wegen
Verſperret ſeyn? Sol ſich dawider niemand regen?
Du haſt ja fuͤr gewiß und gleichſam zugeſagt/
Das dir verhoffentlich nicht reut/ noch mißbehagt;
Es wuͤrden aus dem ſtamm der Troer groſſe printzen
Einſt kommen/ die mit macht regierten die provintzen
Zu waſſer und zu land: wie kommſt du/ vater/ nun
Auff einen andern ſinn/ daß du das nicht wilſt thun?
Ich habe traun hierauff vertroͤſtet mein gemuͤthe
Als Troja unterging mit ſolchem ſturm und wuͤte/
Und hofft/ es wuͤrde je ein ander gluͤcksfall ſich
Nach dieſen ungeluͤck ereignen guͤtiglich.
Nun
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0038" n="16"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Er&#x017F;te Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Auffs &#x017F;egelreiche meer/ auff haven land und &#x017F;een/</l><lb/>
          <l>Wie es mit ihnen &#x017F;ey bewand/ und wie &#x017F;ie &#x017F;tehen/</l><lb/>
          <l>Bleibt auff der ho&#x0364;he &#x017F;till/ und richtet &#x017F;ein ge&#x017F;icht</l><lb/>
          <l>Auff Libyen allein/ und davon wendet nicht.</l><lb/>
          <l>Als er nun dafu&#x0364;r &#x017F;org in &#x017F;einem hertzen tra&#x0364;get/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ich mit mancherley gedancken traurig &#x017F;chla&#x0364;get/</l><lb/>
          <l>Kommt Venus &#x017F;ehr betru&#x0364;bt und hat die augen fa&#x017F;t</l><lb/>
          <l>Geweinet aus fu&#x0364;r ang&#x017F;t und ihres hertzens la&#x017F;t.</l><lb/>
          <l>Die redet ihn &#x017F;o an: O ho&#x0364;ch&#x017F;ter aller Go&#x0364;tter</l><lb/>
          <l>Und men&#x017F;chen Jupiter/ du einiger erretter/</l><lb/>
          <l>Der du mit ewger macht regiere&#x017F;t u&#x0364;berall/</l><lb/>
          <l>Und bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;chrecken kan&#x017F;t mit deinem donner&#x017F;trahl<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/>
          <l>Sag an/ was hat mein &#x017F;ohn &#x017F;o gro&#x0364;blich doch gehandelt/</l><lb/>
          <l>Der richtig je und je fu&#x0364;r aller welt gewandelt?</l><lb/>
          <l>Was hat das Troer volck fu&#x0364;r mi&#x017F;&#x017F;ethat und &#x017F;chuld/</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;o viel noht und tod getragen mit gedult?</l><lb/>
          <l>Sol ihnen land und &#x017F;ee des eingen wel&#x017F;chlands wegen</l><lb/>
          <l>Ver&#x017F;perret &#x017F;eyn? Sol &#x017F;ich dawider niemand regen?</l><lb/>
          <l>Du ha&#x017F;t ja fu&#x0364;r gewiß und gleich&#x017F;am zuge&#x017F;agt/</l><lb/>
          <l>Das dir verhoffentlich nicht reut/ noch mißbehagt<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/>
          <l>Es wu&#x0364;rden aus dem &#x017F;tamm der Troer gro&#x017F;&#x017F;e printzen</l><lb/>
          <l>Ein&#x017F;t kommen/ die mit macht regierten die provintzen</l><lb/>
          <l>Zu wa&#x017F;&#x017F;er und zu land: wie komm&#x017F;t du/ vater/ nun</l><lb/>
          <l>Auff einen andern &#x017F;inn/ daß du das nicht wil&#x017F;t thun?</l><lb/>
          <l>Ich habe traun hierauff vertro&#x0364;&#x017F;tet mein gemu&#x0364;the</l><lb/>
          <l>Als Troja unterging mit &#x017F;olchem &#x017F;turm und wu&#x0364;te/</l><lb/>
          <l>Und hofft/ es wu&#x0364;rde je ein ander glu&#x0364;cksfall &#x017F;ich</l><lb/>
          <l>Nach die&#x017F;en ungelu&#x0364;ck ereignen gu&#x0364;tiglich.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Nun</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0038] Das Erſte Buch. Auffs ſegelreiche meer/ auff haven land und ſeen/ Wie es mit ihnen ſey bewand/ und wie ſie ſtehen/ Bleibt auff der hoͤhe ſtill/ und richtet ſein geſicht Auff Libyen allein/ und davon wendet nicht. Als er nun dafuͤr ſorg in ſeinem hertzen traͤget/ Und ſich mit mancherley gedancken traurig ſchlaͤget/ Kommt Venus ſehr betruͤbt und hat die augen faſt Geweinet aus fuͤr angſt und ihres hertzens laſt. Die redet ihn ſo an: O hoͤchſter aller Goͤtter Und menſchen Jupiter/ du einiger erretter/ Der du mit ewger macht regiereſt uͤberall/ Und boͤſe ſchrecken kanſt mit deinem donnerſtrahl; Sag an/ was hat mein ſohn ſo groͤblich doch gehandelt/ Der richtig je und je fuͤr aller welt gewandelt? Was hat das Troer volck fuͤr miſſethat und ſchuld/ Die ſo viel noht und tod getragen mit gedult? Sol ihnen land und ſee des eingen welſchlands wegen Verſperret ſeyn? Sol ſich dawider niemand regen? Du haſt ja fuͤr gewiß und gleichſam zugeſagt/ Das dir verhoffentlich nicht reut/ noch mißbehagt; Es wuͤrden aus dem ſtamm der Troer groſſe printzen Einſt kommen/ die mit macht regierten die provintzen Zu waſſer und zu land: wie kommſt du/ vater/ nun Auff einen andern ſinn/ daß du das nicht wilſt thun? Ich habe traun hierauff vertroͤſtet mein gemuͤthe Als Troja unterging mit ſolchem ſturm und wuͤte/ Und hofft/ es wuͤrde je ein ander gluͤcksfall ſich Nach dieſen ungeluͤck ereignen guͤtiglich. Nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/38
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/38>, abgerufen am 26.04.2024.