Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Diffusionen.
Zweiter Abschnitt.
Physiologie der Aggregatzustände.

Da die im vorigen Abschnitt beschriebenen Atome in den drei
möglichen Aggregatzuständen zur Bildung des Organismus zusammen-
treten, so müsste, indem wir auf einer weiteren Verfolgung ihrer Leis-
tungen für den Lebenshergang begriffen sind, erörtert werden, welche
Veränderung in ihren Eigenschaften die Masse im Allgemeinen erleidet,
wenn sie aus diesen in jenen Aggregatzustand eintritt. Wir unterlassen
jedoch grösstentheils die in diesem Sinne möglichen Betrachtungen,
weil sie in ihrer Allgemeinheit geführt, den Physiologen wenig befrie-
digen und in der That auch nur zu einer einfachen Uebertragung der
bekannten Abschnitte physikalischer Lehrbücher über Wärmeleitung,
Dichtigkeit, Elastizität, Druckmittheilung, Porosität u. s. w. u. s. w.
führen würden. Nur eine Folge des flüssigen Aggregatzustandes, die
Diffusionen werden wir ausführlicher behandlen.

Diffusionen.

Zwei Flüssigkeiten, tropfbare oder gasförmige, durchdringen sich,
vorausgesetzt dass sie keine deprimirende Capillarität zu einander
zeigen, wenn sie unmittelbar in Berührung gelangen, auch ohne Ver-
mittlung der chemischen Verwandtschaft und der mechanischen Er-
schütterung so innig, dass schliesslich der ursprünglich nur von einer
derselben eingenommene Raum auch von der andern erfüllt wird. Diese
Erscheinung findet, unter Voraussetzung der Undurchdringlichkeit
körperlicher Massen und ihrer Zusammensetzung aus kleinsten Theil-
chen (Molekeln), nur dann eine Erklärung, wenn die Molekeln den
Massenraum nicht ununterbrochen ausfüllen, so dass Lücken (moleku-
lare Poren) zwischen ihnen übrig bleiben.

Die Erscheinungen selbst, sowie die ihr zu Grunde liegenden Ur-
sachen, sind andere bei den Luftarten als bei den tropfbaren Flüssig-
keiten; beide müssen darum gesondert betrachtet werden.

Gasdiffusion *).

1. Diffusion zweier Gasarten bei unmittelbarer Be-
rührung
. Berühren sich zwei verschiedene Gase unmittelbar (wie
z. B. in den Poren einer sie trennenden trocknen Scheidewand)

*) Poggendorf Artikel Diffusion im Handwörterbuch der Chemie 2. Bd.
4*
Diffusionen.
Zweiter Abschnitt.
Physiologie der Aggregatzustände.

Da die im vorigen Abschnitt beschriebenen Atome in den drei
möglichen Aggregatzuständen zur Bildung des Organismus zusammen-
treten, so müsste, indem wir auf einer weiteren Verfolgung ihrer Leis-
tungen für den Lebenshergang begriffen sind, erörtert werden, welche
Veränderung in ihren Eigenschaften die Masse im Allgemeinen erleidet,
wenn sie aus diesen in jenen Aggregatzustand eintritt. Wir unterlassen
jedoch grösstentheils die in diesem Sinne möglichen Betrachtungen,
weil sie in ihrer Allgemeinheit geführt, den Physiologen wenig befrie-
digen und in der That auch nur zu einer einfachen Uebertragung der
bekannten Abschnitte physikalischer Lehrbücher über Wärmeleitung,
Dichtigkeit, Elastizität, Druckmittheilung, Porosität u. s. w. u. s. w.
führen würden. Nur eine Folge des flüssigen Aggregatzustandes, die
Diffusionen werden wir ausführlicher behandlen.

Diffusionen.

Zwei Flüssigkeiten, tropfbare oder gasförmige, durchdringen sich,
vorausgesetzt dass sie keine deprimirende Capillarität zu einander
zeigen, wenn sie unmittelbar in Berührung gelangen, auch ohne Ver-
mittlung der chemischen Verwandtschaft und der mechanischen Er-
schütterung so innig, dass schliesslich der ursprünglich nur von einer
derselben eingenommene Raum auch von der andern erfüllt wird. Diese
Erscheinung findet, unter Voraussetzung der Undurchdringlichkeit
körperlicher Massen und ihrer Zusammensetzung aus kleinsten Theil-
chen (Molekeln), nur dann eine Erklärung, wenn die Molekeln den
Massenraum nicht ununterbrochen ausfüllen, so dass Lücken (moleku-
lare Poren) zwischen ihnen übrig bleiben.

Die Erscheinungen selbst, sowie die ihr zu Grunde liegenden Ur-
sachen, sind andere bei den Luftarten als bei den tropfbaren Flüssig-
keiten; beide müssen darum gesondert betrachtet werden.

Gasdiffusion *).

1. Diffusion zweier Gasarten bei unmittelbarer Be-
rührung
. Berühren sich zwei verschiedene Gase unmittelbar (wie
z. B. in den Poren einer sie trennenden trocknen Scheidewand)

*) Poggendorf Artikel Diffusion im Handwörterbuch der Chemie 2. Bd.
4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0065" n="51"/>
      <fw place="top" type="header">Diffusionen.</fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Zweiter Abschnitt.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Physiologie der Aggregatzustände.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Da die im vorigen Abschnitt beschriebenen Atome in den drei<lb/>
möglichen Aggregatzuständen zur Bildung des Organismus zusammen-<lb/>
treten, so müsste, indem wir auf einer weiteren Verfolgung ihrer Leis-<lb/>
tungen für den Lebenshergang begriffen sind, erörtert werden, welche<lb/>
Veränderung in ihren Eigenschaften die Masse im Allgemeinen erleidet,<lb/>
wenn sie aus diesen in jenen Aggregatzustand eintritt. Wir unterlassen<lb/>
jedoch grösstentheils die in diesem Sinne möglichen Betrachtungen,<lb/>
weil sie in ihrer Allgemeinheit geführt, den Physiologen wenig befrie-<lb/>
digen und in der That auch nur zu einer einfachen Uebertragung der<lb/>
bekannten Abschnitte physikalischer Lehrbücher über Wärmeleitung,<lb/>
Dichtigkeit, Elastizität, Druckmittheilung, Porosität u. s. w. u. s. w.<lb/>
führen würden. Nur eine Folge des flüssigen Aggregatzustandes, die<lb/>
Diffusionen werden wir ausführlicher behandlen.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#i">Diffusionen.</hi> </p><lb/>
        <p>Zwei Flüssigkeiten, tropfbare oder gasförmige, durchdringen sich,<lb/>
vorausgesetzt dass sie keine deprimirende Capillarität zu einander<lb/>
zeigen, wenn sie unmittelbar in Berührung gelangen, auch ohne Ver-<lb/>
mittlung der chemischen Verwandtschaft und der mechanischen Er-<lb/>
schütterung so innig, dass schliesslich der ursprünglich nur von einer<lb/>
derselben eingenommene Raum auch von der andern erfüllt wird. Diese<lb/>
Erscheinung findet, unter Voraussetzung der Undurchdringlichkeit<lb/>
körperlicher Massen und ihrer Zusammensetzung aus kleinsten Theil-<lb/>
chen (Molekeln), nur dann eine Erklärung, wenn die Molekeln den<lb/>
Massenraum nicht ununterbrochen ausfüllen, so dass Lücken (moleku-<lb/>
lare Poren) zwischen ihnen übrig bleiben.</p><lb/>
        <p>Die Erscheinungen selbst, sowie die ihr zu Grunde liegenden Ur-<lb/>
sachen, sind andere bei den Luftarten als bei den tropfbaren Flüssig-<lb/>
keiten; beide müssen darum gesondert betrachtet werden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#i">Gasdiffusion</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Poggendorf</hi> Artikel Diffusion im Handwörterbuch der Chemie 2. Bd.</note>.</p><lb/>
        <p>1. <hi rendition="#g">Diffusion zweier Gasarten bei unmittelbarer Be-<lb/>
rührung</hi>. Berühren sich zwei verschiedene Gase unmittelbar (wie<lb/>
z. B. in den Poren einer sie trennenden <hi rendition="#g">trocknen</hi> Scheidewand)<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0065] Diffusionen. Zweiter Abschnitt. Physiologie der Aggregatzustände. Da die im vorigen Abschnitt beschriebenen Atome in den drei möglichen Aggregatzuständen zur Bildung des Organismus zusammen- treten, so müsste, indem wir auf einer weiteren Verfolgung ihrer Leis- tungen für den Lebenshergang begriffen sind, erörtert werden, welche Veränderung in ihren Eigenschaften die Masse im Allgemeinen erleidet, wenn sie aus diesen in jenen Aggregatzustand eintritt. Wir unterlassen jedoch grösstentheils die in diesem Sinne möglichen Betrachtungen, weil sie in ihrer Allgemeinheit geführt, den Physiologen wenig befrie- digen und in der That auch nur zu einer einfachen Uebertragung der bekannten Abschnitte physikalischer Lehrbücher über Wärmeleitung, Dichtigkeit, Elastizität, Druckmittheilung, Porosität u. s. w. u. s. w. führen würden. Nur eine Folge des flüssigen Aggregatzustandes, die Diffusionen werden wir ausführlicher behandlen. Diffusionen. Zwei Flüssigkeiten, tropfbare oder gasförmige, durchdringen sich, vorausgesetzt dass sie keine deprimirende Capillarität zu einander zeigen, wenn sie unmittelbar in Berührung gelangen, auch ohne Ver- mittlung der chemischen Verwandtschaft und der mechanischen Er- schütterung so innig, dass schliesslich der ursprünglich nur von einer derselben eingenommene Raum auch von der andern erfüllt wird. Diese Erscheinung findet, unter Voraussetzung der Undurchdringlichkeit körperlicher Massen und ihrer Zusammensetzung aus kleinsten Theil- chen (Molekeln), nur dann eine Erklärung, wenn die Molekeln den Massenraum nicht ununterbrochen ausfüllen, so dass Lücken (moleku- lare Poren) zwischen ihnen übrig bleiben. Die Erscheinungen selbst, sowie die ihr zu Grunde liegenden Ur- sachen, sind andere bei den Luftarten als bei den tropfbaren Flüssig- keiten; beide müssen darum gesondert betrachtet werden. Gasdiffusion *). 1. Diffusion zweier Gasarten bei unmittelbarer Be- rührung. Berühren sich zwei verschiedene Gase unmittelbar (wie z. B. in den Poren einer sie trennenden trocknen Scheidewand) *) Poggendorf Artikel Diffusion im Handwörterbuch der Chemie 2. Bd. 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/65
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/65>, abgerufen am 15.11.2024.