Unvermeid- lichkeit des Creditirens bey der Kauf- mannschaft.
Es ist das Creditiren, oder einem auf Borg geben, bey der Kaufmannschaft unvermeidlich: und würden, wenn dieses aufgehoben wäre, zugleich alle Commercien darnieder liegen, weil keiner dem andern Waare abfolgen lassen würde, ehe er den Werth dafür Zug um Zug empfangen. So würde des- gleichen keiner Geld auf Wechsel geben, und solchergestalt auch anderwärts nichts hin remittiren können; und was dergleichen Fälle mehr sind. Daß man also mit Recht behaupten kann, es sey der Credit, nebst dem Gelde (§. 39.), dasjenige, was die Handlung belebet.
§. 91.
Miscredit, was er sey?
Dem Credite steht der Miscredit entgegen, und ist dem- nach solcher das Unvermögen, sich eines andern seines Reich- thums auf Zeiten zu bedienen. Man saget von dem, der in Miseredit gefallen, oder dessen Credit verschwunden: sein Credit ist todt; oder sein Credit ist gefallen. Desgleichen höret man auch manchmal unter Kauf- und Handelsleuten, aber nur bloß Sprüchworts- und Spottweise sagen: Jch will euch Credit geben, von der Hand bis zum Beutel, wenn sie zu verstehen geben wollen, daß man sie contant oder baar bezahlen müsse; oder in gleicher Absicht: Der Credit ist bey mir todt.
§. 92.
Ursachen des Miscredits.
Die unmittelbare Ursache des Miscredits ist die Mey- nung von der Unsicherheit der Zahlung; diese Meynung aber rühret aus dem Mangel der Sicherheit auf Sachen oder Per- sonen her, so, daß die mittelbaren Ursachen des Miscredits einer Person sind, wenn sie (1) kein zeitliches Vermögen oder keine Einkünfte hat; oder doch solche mit Schulden, oder wol gar Arrest, beschweret sind: weiter, wenn sie (2) keine Geschick- lichkeit, Klugheit, und Fleiß besitzt; noch gute Wirthschaft treibt; und es ihr endlich auch an der Ordnung im Borgen und Bezahlen, und an der Redlichkeit fehlet (§. 86.). Jedoch können auch (3) übele, obwol ungegründete Nachreden böser Gemü- ther eine Person um den Credit, und mithin in Miscredit bringen.
§. 93.
Behutsam- keitsregeln eines 1) Creditge- benden Kaufmanns.
Die Erfahrung lehret, daß das unbedachtsame und nicht wohl überlegete viele Creditiren (welches oftmals von einem unvernünftigen Hochmuthe gezeuget und von einer eiteln Ein- bildung genähret wird, um das Ansehen und den Ruf zu ha- ben, daß man einen starken Verkehr habe) manchen Kaufmann um sein Vermögen und um seinen eigenen Credit gebracht hat. Aus dieser Ursache hat sich ein Kaufmann, vor- züglich ein angehender, mit großem Borge nicht viel zu bemengen, damit er sich nicht in das Unvermögen setze, seine Handlung fortzusetzen; noch auch seinen Credit schwäche.
Da
1 Th. 5 Cap. Vom Credite,
§. 90.
Unvermeid- lichkeit des Creditirens bey der Kauf- mannſchaft.
Es iſt das Creditiren, oder einem auf Borg geben, bey der Kaufmannſchaft unvermeidlich: und wuͤrden, wenn dieſes aufgehoben waͤre, zugleich alle Commercien darnieder liegen, weil keiner dem andern Waare abfolgen laſſen wuͤrde, ehe er den Werth dafuͤr Zug um Zug empfangen. So wuͤrde des- gleichen keiner Geld auf Wechſel geben, und ſolchergeſtalt auch anderwaͤrts nichts hin remittiren koͤnnen; und was dergleichen Faͤlle mehr ſind. Daß man alſo mit Recht behaupten kann, es ſey der Credit, nebſt dem Gelde (§. 39.), dasjenige, was die Handlung belebet.
§. 91.
Miscredit, was er ſey?
Dem Credite ſteht der Miscredit entgegen, und iſt dem- nach ſolcher das Unvermoͤgen, ſich eines andern ſeines Reich- thums auf Zeiten zu bedienen. Man ſaget von dem, der in Miseredit gefallen, oder deſſen Credit verſchwunden: ſein Credit iſt todt; oder ſein Credit iſt gefallen. Desgleichen hoͤret man auch manchmal unter Kauf- und Handelsleuten, aber nur bloß Spruͤchworts- und Spottweiſe ſagen: Jch will euch Credit geben, von der Hand bis zum Beutel, wenn ſie zu verſtehen geben wollen, daß man ſie contant oder baar bezahlen muͤſſe; oder in gleicher Abſicht: Der Credit iſt bey mir todt.
§. 92.
Urſachen des Miscredits.
Die unmittelbare Urſache des Miscredits iſt die Mey- nung von der Unſicherheit der Zahlung; dieſe Meynung aber ruͤhret aus dem Mangel der Sicherheit auf Sachen oder Per- ſonen her, ſo, daß die mittelbaren Urſachen des Miscredits einer Perſon ſind, wenn ſie (1) kein zeitliches Vermoͤgen oder keine Einkuͤnfte hat; oder doch ſolche mit Schulden, oder wol gar Arreſt, beſchweret ſind: weiter, wenn ſie (2) keine Geſchick- lichkeit, Klugheit, und Fleiß beſitzt; noch gute Wirthſchaft treibt; und es ihr endlich auch an der Ordnung im Borgen und Bezahlen, und an der Redlichkeit fehlet (§. 86.). Jedoch koͤnnen auch (3) uͤbele, obwol ungegruͤndete Nachreden boͤſer Gemuͤ- ther eine Perſon um den Credit, und mithin in Miscredit bringen.
§. 93.
Behutſam- keitsregeln eines 1) Creditge- benden Kaufman̄s.
Die Erfahrung lehret, daß das unbedachtſame und nicht wohl uͤberlegete viele Creditiren (welches oftmals von einem unvernuͤnftigen Hochmuthe gezeuget und von einer eiteln Ein- bildung genaͤhret wird, um das Anſehen und den Ruf zu ha- ben, daß man einen ſtarken Verkehr habe) manchen Kaufmann um ſein Vermoͤgen und um ſeinen eigenen Credit gebracht hat. Aus dieſer Urſache hat ſich ein Kaufmann, vor- zuͤglich ein angehender, mit großem Borge nicht viel zu bemengen, damit er ſich nicht in das Unvermoͤgen ſetze, ſeine Handlung fortzuſetzen; noch auch ſeinen Credit ſchwaͤche.
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1 Th. 5 Cap. Vom Credite,
§. 90.
Es iſt das Creditiren, oder einem auf Borg geben, bey
der Kaufmannſchaft unvermeidlich: und wuͤrden, wenn dieſes
aufgehoben waͤre, zugleich alle Commercien darnieder liegen,
weil keiner dem andern Waare abfolgen laſſen wuͤrde, ehe er
den Werth dafuͤr Zug um Zug empfangen. So wuͤrde des-
gleichen keiner Geld auf Wechſel geben, und ſolchergeſtalt auch
anderwaͤrts nichts hin remittiren koͤnnen; und was dergleichen
Faͤlle mehr ſind. Daß man alſo mit Recht behaupten kann, es
ſey der Credit, nebſt dem Gelde (§. 39.), dasjenige, was die
Handlung belebet.
§. 91.
Dem Credite ſteht der Miscredit entgegen, und iſt dem-
nach ſolcher das Unvermoͤgen, ſich eines andern ſeines Reich-
thums auf Zeiten zu bedienen. Man ſaget von dem, der in
Miseredit gefallen, oder deſſen Credit verſchwunden: ſein
Credit iſt todt; oder ſein Credit iſt gefallen. Desgleichen
hoͤret man auch manchmal unter Kauf- und Handelsleuten, aber
nur bloß Spruͤchworts- und Spottweiſe ſagen: Jch will euch
Credit geben, von der Hand bis zum Beutel, wenn ſie zu
verſtehen geben wollen, daß man ſie contant oder baar bezahlen
muͤſſe; oder in gleicher Abſicht: Der Credit iſt bey mir todt.
§. 92.
Die unmittelbare Urſache des Miscredits iſt die Mey-
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ruͤhret aus dem Mangel der Sicherheit auf Sachen oder Per-
ſonen her, ſo, daß die mittelbaren Urſachen des Miscredits
einer Perſon ſind, wenn ſie (1) kein zeitliches Vermoͤgen oder
keine Einkuͤnfte hat; oder doch ſolche mit Schulden, oder wol
gar Arreſt, beſchweret ſind: weiter, wenn ſie (2) keine Geſchick-
lichkeit, Klugheit, und Fleiß beſitzt; noch gute Wirthſchaft
treibt; und es ihr endlich auch an der Ordnung im Borgen
und Bezahlen, und an der Redlichkeit fehlet (§. 86.). Jedoch
koͤnnen auch (3) uͤbele, obwol ungegruͤndete Nachreden boͤſer Gemuͤ-
ther eine Perſon um den Credit, und mithin in Miscredit bringen.
§. 93.
Die Erfahrung lehret, daß das unbedachtſame und nicht
wohl uͤberlegete viele Creditiren (welches oftmals von einem
unvernuͤnftigen Hochmuthe gezeuget und von einer eiteln Ein-
bildung genaͤhret wird, um das Anſehen und den Ruf zu ha-
ben, daß man einen ſtarken Verkehr habe) manchen
Kaufmann um ſein Vermoͤgen und um ſeinen eigenen Credit
gebracht hat. Aus dieſer Urſache hat ſich ein Kaufmann, vor-
zuͤglich ein angehender, mit großem Borge nicht viel zu
bemengen, damit er ſich nicht in das Unvermoͤgen ſetze,
ſeine Handlung fortzuſetzen; noch auch ſeinen Credit ſchwaͤche.
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/676>, abgerufen am 21.11.2024.
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