Streitigkeiten, Vorschläge etc. beurtheilen. Siehe unsere Akad. der Kaufl. unter Königsberg.
§. 82.
Unter denen Handelsstädten, die nicht an der See liegen,Deutsche Landstädtet| 1) Wien räumen wir Wien, der kaiserlichen Residenzstadt, den ersten Platz ein. Sie ist auch zugleich die Hauptstadt in Oesterreich, und liegt in Niederösterreich an einem Arme der Donau, und dem kleinen Flusse Wien. Jhre Handlung, ob sie wol nicht die älteste ist, ist doch gegenwärtig sehr ansehnlich, und theilet sich in die Wechsel- und Waarenhandlung. Die (1) Wechsel- handlung ist ziemlich beträchtlich, indem man daselbst etliche zwanzig Banquiers oder Wechselherren findet, welche öffentli- che Wechselstuben haben, und durch deren Correspondenz man von Wien aus an alle Orte in Europa Geld übermachen kann. Man wechselt daselbst auf Hamburg, Amsterdam, Leipzig, Breß- lau, Augspurg, Nürnberg, Prag, Venedig etc. und hat die Stadt ihre eigene Wechselordnung. Die (2) Waarenhandlung ver- breitet sich nicht nur durch ganz Deutschland; sondern erstre- cket sich auch nach den Niederlanden, nach Jtalien, Polen, Ungarn, England, Frankreich, die Türkey, und bis in den Orient. Die Waaren, womit von Wien in andere Länder gehandelt wird, sind 1) die wiener Manufacturen, immaßen das Manufacturwesen seit einiger Zeit zu Wien sehr stark getrie- ben wird, so daß auch daselbst verschiedene ausläudische Waaren sehr fein und gut nachgemacht werden. Die dasigen Fabriken und Manufacturen sind: a) geschlagenes Blech aus allerhand Metall; b) Drechslerey- und Drehereyarbeiten aus Holz, Hel- fenbein etc. in welcher Art von Manufacturen man in Wien et- was sonderliches sehen und erlernen kann, vorzüglich in dem Contrefeydrehen, nebst der sehr kleinen Arbeit; c) goldene und silberne Galonen und Borten; d) eine Haarstampffabrike; e) musikalische Jnstrumente, wie denn unter denen blasenden Jn- strumenten die wiener Hörner bekannt sind; f) Reib- und Hand- mühlen; g) feine Messer, und Stahlarbeit; h) gutes hell- und durchsichtiges und mit allerhand Figuren gemaltes, mit dem in- dianischen ziemlich übereinkommendes Porzellän; i) seidene, auch mit Gold und Silber untermischte reiche Zeuge; k) vortreffliche Spiegel; l) geschnittene Edelgesteine; m) feine Stickereyarbeit; n) überaus feine seidene Strümpfe; o) eine berühmte Stückboh- rerey; p) Tapeten: q) Tuch, so dem holländischen nicht viel nachgiebt; r) gute und dauerhafte Uhren etc. Der Malerey, Bildhauerkunst, und Baukunst, und anderer mathematischen und mechanischen Künste nicht zu gedenken, welche in der dasi- gen Akademie der Künste und Wissenschaften getrieben und ge- übet werden; 2) die österreichischen und ungarischen Producte der Natur und Kunst. Die nach Wien gehenden Waaren sind, und zwar 1) aus Oesterreich und andern an der Donau gelegenen Reichsprovinzen: Quecksilber, Eisen, Safran, Ge- treide, Salz, Wein etc. 2) aus Böhmen und Mähren Getreide; 3) aus Ungarn: Ochsen, Wein, Kupfer, Leder etc. 4) aus Jta-
lien;
(D d) 2
deutſchen Handlung.
Streitigkeiten, Vorſchlaͤge ꝛc. beurtheilen. Siehe unſere Akad. der Kaufl. unter Koͤnigsberg.
§. 82.
Unter denen Handelsſtaͤdten, die nicht an der See liegen,Deutſche Landſtaͤdtet| 1) Wien raͤumen wir Wien, der kaiſerlichen Reſidenzſtadt, den erſten Platz ein. Sie iſt auch zugleich die Hauptſtadt in Oeſterreich, und liegt in Niederoͤſterreich an einem Arme der Donau, und dem kleinen Fluſſe Wien. Jhre Handlung, ob ſie wol nicht die aͤlteſte iſt, iſt doch gegenwaͤrtig ſehr anſehnlich, und theilet ſich in die Wechſel- und Waarenhandlung. Die (1) Wechſel- handlung iſt ziemlich betraͤchtlich, indem man daſelbſt etliche zwanzig Banquiers oder Wechſelherren findet, welche oͤffentli- che Wechſelſtuben haben, und durch deren Correſpondenz man von Wien aus an alle Orte in Europa Geld uͤbermachen kann. Man wechſelt daſelbſt auf Hamburg, Amſterdam, Leipzig, Breß- lau, Augſpurg, Nuͤrnberg, Prag, Venedig ꝛc. und hat die Stadt ihre eigene Wechſelordnung. Die (2) Waarenhandlung ver- breitet ſich nicht nur durch ganz Deutſchland; ſondern erſtre- cket ſich auch nach den Niederlanden, nach Jtalien, Polen, Ungarn, England, Frankreich, die Tuͤrkey, und bis in den Orient. Die Waaren, womit von Wien in andere Laͤnder gehandelt wird, ſind 1) die wiener Manufacturen, immaßen das Manufacturweſen ſeit einiger Zeit zu Wien ſehr ſtark getrie- ben wird, ſo daß auch daſelbſt verſchiedene auslaͤudiſche Waaren ſehr fein und gut nachgemacht werden. Die daſigen Fabriken und Manufacturen ſind: a) geſchlagenes Blech aus allerhand Metall; b) Drechslerey- und Drehereyarbeiten aus Holz, Hel- fenbein ꝛc. in welcher Art von Manufacturen man in Wien et- was ſonderliches ſehen und erlernen kann, vorzuͤglich in dem Contrefeydrehen, nebſt der ſehr kleinen Arbeit; c) goldene und ſilberne Galonen und Borten; d) eine Haarſtampffabrike; e) muſikaliſche Jnſtrumente, wie denn unter denen blaſenden Jn- ſtrumenten die wiener Hoͤrner bekannt ſind; f) Reib- und Hand- muͤhlen; g) feine Meſſer, und Stahlarbeit; h) gutes hell- und durchſichtiges und mit allerhand Figuren gemaltes, mit dem in- dianiſchen ziemlich uͤbereinkommendes Porzellaͤn; i) ſeidene, auch mit Gold und Silber untermiſchte reiche Zeuge; k) vortreffliche Spiegel; l) geſchnittene Edelgeſteine; m) feine Stickereyarbeit; n) uͤberaus feine ſeidene Struͤmpfe; o) eine beruͤhmte Stuͤckboh- rerey; p) Tapeten: q) Tuch, ſo dem hollaͤndiſchen nicht viel nachgiebt; r) gute und dauerhafte Uhren ꝛc. Der Malerey, Bildhauerkunſt, und Baukunſt, und anderer mathematiſchen und mechaniſchen Kuͤnſte nicht zu gedenken, welche in der daſi- gen Akademie der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften getrieben und ge- uͤbet werden; 2) die oͤſterreichiſchen und ungariſchen Producte der Natur und Kunſt. Die nach Wien gehenden Waaren ſind, und zwar 1) aus Oeſterreich und andern an der Donau gelegenen Reichsprovinzen: Queckſilber, Eiſen, Safran, Ge- treide, Salz, Wein ꝛc. 2) aus Boͤhmen und Maͤhren Getreide; 3) aus Ungarn: Ochſen, Wein, Kupfer, Leder ꝛc. 4) aus Jta-
lien;
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Streitigkeiten, Vorſchlaͤge ꝛc. beurtheilen. Siehe unſere Akad.
der Kaufl. unter Koͤnigsberg.
§. 82.
Unter denen Handelsſtaͤdten, die nicht an der See liegen,
raͤumen wir Wien, der kaiſerlichen Reſidenzſtadt, den erſten
Platz ein. Sie iſt auch zugleich die Hauptſtadt in Oeſterreich,
und liegt in Niederoͤſterreich an einem Arme der Donau, und
dem kleinen Fluſſe Wien. Jhre Handlung, ob ſie wol nicht
die aͤlteſte iſt, iſt doch gegenwaͤrtig ſehr anſehnlich, und theilet
ſich in die Wechſel- und Waarenhandlung. Die (1) Wechſel-
handlung iſt ziemlich betraͤchtlich, indem man daſelbſt etliche
zwanzig Banquiers oder Wechſelherren findet, welche oͤffentli-
che Wechſelſtuben haben, und durch deren Correſpondenz man
von Wien aus an alle Orte in Europa Geld uͤbermachen kann.
Man wechſelt daſelbſt auf Hamburg, Amſterdam, Leipzig, Breß-
lau, Augſpurg, Nuͤrnberg, Prag, Venedig ꝛc. und hat die Stadt
ihre eigene Wechſelordnung. Die (2) Waarenhandlung ver-
breitet ſich nicht nur durch ganz Deutſchland; ſondern erſtre-
cket ſich auch nach den Niederlanden, nach Jtalien, Polen,
Ungarn, England, Frankreich, die Tuͤrkey, und bis in den
Orient. Die Waaren, womit von Wien in andere Laͤnder
gehandelt wird, ſind 1) die wiener Manufacturen, immaßen
das Manufacturweſen ſeit einiger Zeit zu Wien ſehr ſtark getrie-
ben wird, ſo daß auch daſelbſt verſchiedene auslaͤudiſche Waaren
ſehr fein und gut nachgemacht werden. Die daſigen Fabriken
und Manufacturen ſind: a) geſchlagenes Blech aus allerhand
Metall; b) Drechslerey- und Drehereyarbeiten aus Holz, Hel-
fenbein ꝛc. in welcher Art von Manufacturen man in Wien et-
was ſonderliches ſehen und erlernen kann, vorzuͤglich in dem
Contrefeydrehen, nebſt der ſehr kleinen Arbeit; c) goldene und
ſilberne Galonen und Borten; d) eine Haarſtampffabrike;
e) muſikaliſche Jnſtrumente, wie denn unter denen blaſenden Jn-
ſtrumenten die wiener Hoͤrner bekannt ſind; f) Reib- und Hand-
muͤhlen; g) feine Meſſer, und Stahlarbeit; h) gutes hell- und
durchſichtiges und mit allerhand Figuren gemaltes, mit dem in-
dianiſchen ziemlich uͤbereinkommendes Porzellaͤn; i) ſeidene, auch
mit Gold und Silber untermiſchte reiche Zeuge; k) vortreffliche
Spiegel; l) geſchnittene Edelgeſteine; m) feine Stickereyarbeit;
n) uͤberaus feine ſeidene Struͤmpfe; o) eine beruͤhmte Stuͤckboh-
rerey; p) Tapeten: q) Tuch, ſo dem hollaͤndiſchen nicht viel
nachgiebt; r) gute und dauerhafte Uhren ꝛc. Der Malerey,
Bildhauerkunſt, und Baukunſt, und anderer mathematiſchen
und mechaniſchen Kuͤnſte nicht zu gedenken, welche in der daſi-
gen Akademie der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften getrieben und ge-
uͤbet werden; 2) die oͤſterreichiſchen und ungariſchen Producte
der Natur und Kunſt. Die nach Wien gehenden Waaren
ſind, und zwar 1) aus Oeſterreich und andern an der Donau
gelegenen Reichsprovinzen: Queckſilber, Eiſen, Safran, Ge-
treide, Salz, Wein ꝛc. 2) aus Boͤhmen und Maͤhren Getreide;
3) aus Ungarn: Ochſen, Wein, Kupfer, Leder ꝛc. 4) aus Jta-
lien;
Deutſche
Landſtaͤdtet|
1) Wien
(D d) 2
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1023>, abgerufen am 21.11.2024.
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