Lübeck, eine gleichfalls berühmte Hanse-Handels-und freye Reichsstadt, in der holsteinischen Landschaft Wagrien gelegen, ist, wie ehedem, so auch noch das Haupt des so mächtig gewese- nen Hansebundes, und hat das Archiv von den sämtlichen Hansestädten in Verwahrung (§. 70). Den Flor ihrer Hand- lung hat sie ihrer vortheilhaftigen Lage zu danken, indem sie nicht weit von der Ostsee zwischen zween schiffbaren Flüssen, der Trave und der Wackenitz, liegt. Sonderlich machet die Trave durch die Ergießung in die Ostsee, welche zwey Meilen unterhalb der Stadt bey Travemünde geschieht, den lübecki- schen Seehafen, und zugleich eine sichere Rhede, für die aus der Ostsee kommende Schiffe, als welche auch, wofern sie nur nicht über 8 Fuß tief unter Wasser gehen, mit völliger Ladung bis in Lübeck hinein, und bis an die dasige Waage und vieler Kaufleute Häuser segeln können: da hingegen die großen Schif- fe, welche über 8 Fuß tief unter Wasser gehen, zu Travemün- de sich von einem Theile ihrer Ladung durch die sogenannten Lichters oder Pramen müssen erleichtern lassen, worauf sie so- dann mit dem Ueberreste ihrer Ladung ebenfalls vollends bis in Lübeck hineinfahren können. Es kann aber die dasige Hand- lung gar füglich in die zu Wasser, in die zu Lande, und in die Speditions- oder Commißionshandlung eingetheilet wer- den. Die (1) Handlung zu Wasser geschieht theils zur See, theils auf den Flüssen. Die (a) Seehandlung erstrecket sich mehrentheils über die ganze Ostsee, als welche an allen Seiten mit lübeckischen Schiffen befahren wird; und geht heutiges Tages nach Narva, Pernau, Riga, Memel, Königsberg, Li- bau, Windau, ingleichen auf Danzig, Koppenhagen, Stock- holm, und einige andere an der Ostsee gelegene Plätze. Die (b) Handlung auf den Flüssen wird getrieben a) auf der Trave, denn da dieser Fluß noch ganzer sechs Meilen oberhalb Lübeck, nämlich bis nach Oldesloo, schiffbar ist: so kann man sich des- selben bis auf den halben Weg nach Hamburg zum Transport der schweren Güter bedienen, da sie denn zu Oldesloo abgela- den, und von da zu Wagen fünf oder sechs Meilen überbracht werden; b) auf der Steckniz, oder Steckenns, welcher Fluß sich durch viele Krümmen und verschiedene kostbare Schleus- sen von der Trave mittagwärts, bis in den See zu Möllen, und von da in die Elbe schlingt, denn vermittelst dessen kann man bis nach Lauenburg, und von da vollends in die Elbe ge- langen; und c) auf der Wackenitz, so ein Ausfluß des benach- barten ratzenburger Sees ist, von daher etliche Meilen lang der Stadt Lübeck zueilet, und zur Beförderung der Handlung mit denen an solchen gelegenen Orten dienet. Die (2) Hand- lung zu Lande geht nach Mecklenburg, Holstein, und dem lü- neburger Lande, und breitet sich auch sonst noch hin und wie- der weiter hinauf in Deutschland aus, als woselbst hin viele moscowitische, lief- und curländische, preußische, schwedische, und isländische Waaren abgeführet, und allerhand deutsche
Waaren
4 Cap. Von der
§. 75.
2) Luͤbeck.
Luͤbeck, eine gleichfalls beruͤhmte Hanſe-Handels-und freye Reichsſtadt, in der holſteiniſchen Landſchaft Wagrien gelegen, iſt, wie ehedem, ſo auch noch das Haupt des ſo maͤchtig geweſe- nen Hanſebundes, und hat das Archiv von den ſaͤmtlichen Hanſeſtaͤdten in Verwahrung (§. 70). Den Flor ihrer Hand- lung hat ſie ihrer vortheilhaftigen Lage zu danken, indem ſie nicht weit von der Oſtſee zwiſchen zween ſchiffbaren Fluͤſſen, der Trave und der Wackenitz, liegt. Sonderlich machet die Trave durch die Ergießung in die Oſtſee, welche zwey Meilen unterhalb der Stadt bey Travemuͤnde geſchieht, den luͤbecki- ſchen Seehafen, und zugleich eine ſichere Rhede, fuͤr die aus der Oſtſee kommende Schiffe, als welche auch, wofern ſie nur nicht uͤber 8 Fuß tief unter Waſſer gehen, mit voͤlliger Ladung bis in Luͤbeck hinein, und bis an die daſige Waage und vieler Kaufleute Haͤuſer ſegeln koͤnnen: da hingegen die großen Schif- fe, welche uͤber 8 Fuß tief unter Waſſer gehen, zu Travemuͤn- de ſich von einem Theile ihrer Ladung durch die ſogenannten Lichters oder Pramen muͤſſen erleichtern laſſen, worauf ſie ſo- dann mit dem Ueberreſte ihrer Ladung ebenfalls vollends bis in Luͤbeck hineinfahren koͤnnen. Es kann aber die daſige Hand- lung gar fuͤglich in die zu Waſſer, in die zu Lande, und in die Speditions- oder Commißionshandlung eingetheilet wer- den. Die (1) Handlung zu Waſſer geſchieht theils zur See, theils auf den Fluͤſſen. Die (a) Seehandlung erſtrecket ſich mehrentheils uͤber die ganze Oſtſee, als welche an allen Seiten mit luͤbeckiſchen Schiffen befahren wird; und geht heutiges Tages nach Narva, Pernau, Riga, Memel, Koͤnigsberg, Li- bau, Windau, ingleichen auf Danzig, Koppenhagen, Stock- holm, und einige andere an der Oſtſee gelegene Plaͤtze. Die (b) Handlung auf den Fluͤſſen wird getrieben a) auf der Trave, denn da dieſer Fluß noch ganzer ſechs Meilen oberhalb Luͤbeck, naͤmlich bis nach Oldesloo, ſchiffbar iſt: ſo kann man ſich deſ- ſelben bis auf den halben Weg nach Hamburg zum Tranſport der ſchweren Guͤter bedienen, da ſie denn zu Oldesloo abgela- den, und von da zu Wagen fuͤnf oder ſechs Meilen uͤberbracht werden; b) auf der Steckniz, oder Steckenns, welcher Fluß ſich durch viele Kruͤmmen und verſchiedene koſtbare Schleuſ- ſen von der Trave mittagwaͤrts, bis in den See zu Moͤllen, und von da in die Elbe ſchlingt, denn vermittelſt deſſen kann man bis nach Lauenburg, und von da vollends in die Elbe ge- langen; und c) auf der Wackenitz, ſo ein Ausfluß des benach- barten ratzenburger Sees iſt, von daher etliche Meilen lang der Stadt Luͤbeck zueilet, und zur Befoͤrderung der Handlung mit denen an ſolchen gelegenen Orten dienet. Die (2) Hand- lung zu Lande geht nach Mecklenburg, Holſtein, und dem luͤ- neburger Lande, und breitet ſich auch ſonſt noch hin und wie- der weiter hinauf in Deutſchland aus, als woſelbſt hin viele moſcowitiſche, lief- und curlaͤndiſche, preußiſche, ſchwediſche, und islaͤndiſche Waaren abgefuͤhret, und allerhand deutſche
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4 Cap. Von der
§. 75.
Luͤbeck, eine gleichfalls beruͤhmte Hanſe-Handels-und freye
Reichsſtadt, in der holſteiniſchen Landſchaft Wagrien gelegen, iſt,
wie ehedem, ſo auch noch das Haupt des ſo maͤchtig geweſe-
nen Hanſebundes, und hat das Archiv von den ſaͤmtlichen
Hanſeſtaͤdten in Verwahrung (§. 70). Den Flor ihrer Hand-
lung hat ſie ihrer vortheilhaftigen Lage zu danken, indem ſie
nicht weit von der Oſtſee zwiſchen zween ſchiffbaren Fluͤſſen,
der Trave und der Wackenitz, liegt. Sonderlich machet die
Trave durch die Ergießung in die Oſtſee, welche zwey Meilen
unterhalb der Stadt bey Travemuͤnde geſchieht, den luͤbecki-
ſchen Seehafen, und zugleich eine ſichere Rhede, fuͤr die aus
der Oſtſee kommende Schiffe, als welche auch, wofern ſie nur
nicht uͤber 8 Fuß tief unter Waſſer gehen, mit voͤlliger Ladung
bis in Luͤbeck hinein, und bis an die daſige Waage und vieler
Kaufleute Haͤuſer ſegeln koͤnnen: da hingegen die großen Schif-
fe, welche uͤber 8 Fuß tief unter Waſſer gehen, zu Travemuͤn-
de ſich von einem Theile ihrer Ladung durch die ſogenannten
Lichters oder Pramen muͤſſen erleichtern laſſen, worauf ſie ſo-
dann mit dem Ueberreſte ihrer Ladung ebenfalls vollends bis
in Luͤbeck hineinfahren koͤnnen. Es kann aber die daſige Hand-
lung gar fuͤglich in die zu Waſſer, in die zu Lande, und in
die Speditions- oder Commißionshandlung eingetheilet wer-
den. Die (1) Handlung zu Waſſer geſchieht theils zur See,
theils auf den Fluͤſſen. Die (a) Seehandlung erſtrecket ſich
mehrentheils uͤber die ganze Oſtſee, als welche an allen Seiten
mit luͤbeckiſchen Schiffen befahren wird; und geht heutiges
Tages nach Narva, Pernau, Riga, Memel, Koͤnigsberg, Li-
bau, Windau, ingleichen auf Danzig, Koppenhagen, Stock-
holm, und einige andere an der Oſtſee gelegene Plaͤtze. Die (b)
Handlung auf den Fluͤſſen wird getrieben a) auf der Trave,
denn da dieſer Fluß noch ganzer ſechs Meilen oberhalb Luͤbeck,
naͤmlich bis nach Oldesloo, ſchiffbar iſt: ſo kann man ſich deſ-
ſelben bis auf den halben Weg nach Hamburg zum Tranſport
der ſchweren Guͤter bedienen, da ſie denn zu Oldesloo abgela-
den, und von da zu Wagen fuͤnf oder ſechs Meilen uͤberbracht
werden; b) auf der Steckniz, oder Steckenns, welcher Fluß
ſich durch viele Kruͤmmen und verſchiedene koſtbare Schleuſ-
ſen von der Trave mittagwaͤrts, bis in den See zu Moͤllen,
und von da in die Elbe ſchlingt, denn vermittelſt deſſen kann
man bis nach Lauenburg, und von da vollends in die Elbe ge-
langen; und c) auf der Wackenitz, ſo ein Ausfluß des benach-
barten ratzenburger Sees iſt, von daher etliche Meilen lang
der Stadt Luͤbeck zueilet, und zur Befoͤrderung der Handlung
mit denen an ſolchen gelegenen Orten dienet. Die (2) Hand-
lung zu Lande geht nach Mecklenburg, Holſtein, und dem luͤ-
neburger Lande, und breitet ſich auch ſonſt noch hin und wie-
der weiter hinauf in Deutſchland aus, als woſelbſt hin viele
moſcowitiſche, lief- und curlaͤndiſche, preußiſche, ſchwediſche,
und islaͤndiſche Waaren abgefuͤhret, und allerhand deutſche
Waaren
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1016>, abgerufen am 21.12.2024.
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