kostbaren Gnade und Gerechtigkeit deines JESU, als du dein Lebtag nie gewesen bist. Dis ist die ge- meine Weise deines Heylands, daß er dich verstör- tes, unverständiges Adams-Kind wohl tausendmal wieder annimmt, und in sein Paradies aufs neue verhilfft.
§. 35.
Warum indessen manchen die Rückkehr zur Gna- de versperret werde, das ist ein Geheimniß. Römer 9, 33. Wir Menschen wissen es nicht, und siehet es allein der Hertzens-Kündiger, was in dergleichen schelmischen Hertzen vorgehet, und wie weit und grob sie sich etwa mit Gedancken an seiner göttli- chen Majestät vergriffen haben, daß sie erfahren müssen, wie GOTT sich nicht spotten lasse. Es läßt dann auch der gute JESUS dergleichen Exempel aus innigster Liebe zu dir und vielen andern geschehen, daß sie dir Warnungs-Säulen seyen, an welchem du dich erspiegelst und dich hütest, nicht zu gelüsten nach bösen Stücken, hingegen auf deiner Reise zur Ewigkeit Sorge tragest, und hie und da be- denckest: "An diesen und jenem Ort, in dem und "jenem Umstand, oder Unlust zum Umgang mit "JESU ist dieser und jener in den Seelen-Tod ge- "fallen, und den Höllen-Raaben zur Speise wor- "den, wie etwa ein von hohen Felsen zu todt-gefall- "ner Wandersmann. Ach HErr JEsu, behüte "du mich, und bewahre mich stets in deiner Forcht! "HErr! erbarme dich meiner.
§. 36.
Anbey verzage nicht, und werde nicht kleinmü-
thig:
Cap. 1. Die erſte Quelle
koſtbaren Gnade und Gerechtigkeit deines JESU, als du dein Lebtag nie geweſen biſt. Dis iſt die ge- meine Weiſe deines Heylands, daß er dich verſtoͤr- tes, unverſtaͤndiges Adams-Kind wohl tauſendmal wieder annimmt, und in ſein Paradies aufs neue verhilfft.
§. 35.
Warum indeſſen manchen die Ruͤckkehr zur Gna- de verſperret werde, das iſt ein Geheimniß. Roͤmer 9, 33. Wir Menſchen wiſſen es nicht, und ſiehet es allein der Hertzens-Kuͤndiger, was in dergleichen ſchelmiſchen Hertzen vorgehet, und wie weit und grob ſie ſich etwa mit Gedancken an ſeiner goͤttli- chen Majeſtaͤt vergriffen haben, daß ſie erfahren muͤſſen, wie GOTT ſich nicht ſpotten laſſe. Es laͤßt dann auch der gute JESUS dergleichen Exempel aus innigſter Liebe zu dir und vielen andern geſchehen, daß ſie dir Warnungs-Saͤulen ſeyen, an welchem du dich erſpiegelſt und dich huͤteſt, nicht zu geluͤſten nach boͤſen Stuͤcken, hingegen auf deiner Reiſe zur Ewigkeit Sorge trageſt, und hie und da be- denckeſt: „An dieſen und jenem Ort, in dem und “jenem Umſtand, oder Unluſt zum Umgang mit “JESU iſt dieſer und jener in den Seelen-Tod ge- “fallen, und den Hoͤllen-Raaben zur Speiſe wor- “den, wie etwa ein von hohen Felſen zu todt-gefall- “ner Wandersmann. Ach HErr JEſu, behuͤte “du mich, und bewahre mich ſtets in deiner Forcht! “HErr! erbarme dich meiner.
§. 36.
Anbey verzage nicht, und werde nicht kleinmuͤ-
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Cap. 1. Die erſte Quelle
koſtbaren Gnade und Gerechtigkeit deines JESU,
als du dein Lebtag nie geweſen biſt. Dis iſt die ge-
meine Weiſe deines Heylands, daß er dich verſtoͤr-
tes, unverſtaͤndiges Adams-Kind wohl tauſendmal
wieder annimmt, und in ſein Paradies aufs neue
verhilfft.
§. 35.
Warum indeſſen manchen die Ruͤckkehr zur Gna-
de verſperret werde, das iſt ein Geheimniß. Roͤmer
9, 33. Wir Menſchen wiſſen es nicht, und ſiehet
es allein der Hertzens-Kuͤndiger, was in dergleichen
ſchelmiſchen Hertzen vorgehet, und wie weit und
grob ſie ſich etwa mit Gedancken an ſeiner goͤttli-
chen Majeſtaͤt vergriffen haben, daß ſie erfahren
muͤſſen, wie GOTT ſich nicht ſpotten laſſe.
Es laͤßt dann auch der gute JESUS dergleichen
Exempel aus innigſter Liebe zu dir und vielen andern
geſchehen, daß ſie dir Warnungs-Saͤulen ſeyen,
an welchem du dich erſpiegelſt und dich huͤteſt, nicht
zu geluͤſten nach boͤſen Stuͤcken, hingegen auf deiner
Reiſe zur Ewigkeit Sorge trageſt, und hie und da be-
denckeſt: „An dieſen und jenem Ort, in dem und
“jenem Umſtand, oder Unluſt zum Umgang mit
“JESU iſt dieſer und jener in den Seelen-Tod ge-
“fallen, und den Hoͤllen-Raaben zur Speiſe wor-
“den, wie etwa ein von hohen Felſen zu todt-gefall-
“ner Wandersmann. Ach HErr JEſu, behuͤte
“du mich, und bewahre mich ſtets in deiner Forcht!
“HErr! erbarme dich meiner.
§. 36.
Anbey verzage nicht, und werde nicht kleinmuͤ-
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/74>, abgerufen am 21.11.2024.
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