thum hinein geführet werde. Erlangest du das Kleinod, JEsum im Geist, nicht, so nützt dich dein Beten wenig mehr, als einem Armen sein Bet- teln, wann er nichts empfangt.
Es lebet, wie ich glaube, noch ein rechtschaf- fen zu GOtt bekehrter Heyd; diesen fragete jemand, ob er sich an der Christen Leben, deren ihnen vom Himmel anvertrauten Lehre er itzo wisse, nicht är- gere? Worauf er er mit Nein geantwortet und gesprochen: "Jch spüre bey mir selbst, daß mei- "ne arge Natur sogleich den Kopff aufstreckt, und "mit ihren sündlichen Neigungen sich der Herr- "schafft anmassen will, wann ich vom Gebet ab- "lasse." Es ist eben, wie wann ein Rebmann (Weingärtner) die Reb-Schosse im Weinberg hin und wieder liegen lassen wolte in der Meynung, daß es schon genug seye, wann sie nur ohnweit von den Rebstöcken liegen, und nicht bedörffen dem Wein- stock selbsten eingepfropffet zu seyn, und unausge- setzt seinen edlen Safft einzusaugen; welchenfalls er nicht manchen schönen Trauben bekommen und wenig genug Wein machen würde.
§. 51.
1) Ein kleines Kind/ das ohngefehr im fünfften Jahr seines Lebens gestorben, pflegte viel- mal allein zu gehen, auf seine Knie vor GOtt nie- derzufallen und zu beten: Jn solchem Gebet re- dete es offt so ernstlich mit dem lieben GOtt, und weinete so sehr, daß es bisweilen auch denen Nach- barn nicht konnte verborgen bleiben. (*)
thum hinein gefuͤhret werde. Erlangeſt du das Kleinod, JEſum im Geiſt, nicht, ſo nuͤtzt dich dein Beten wenig mehr, als einem Armen ſein Bet- teln, wann er nichts empfangt.
Es lebet, wie ich glaube, noch ein rechtſchaf- fen zu GOtt bekehrter Heyd; dieſen fragete jemand, ob er ſich an der Chriſten Leben, deren ihnen vom Himmel anvertrauten Lehre er itzo wiſſe, nicht aͤr- gere? Worauf er er mit Nein geantwortet und geſprochen: „Jch ſpuͤre bey mir ſelbſt, daß mei- “ne arge Natur ſogleich den Kopff aufſtreckt, und “mit ihren ſuͤndlichen Neigungen ſich der Herr- “ſchafft anmaſſen will, wann ich vom Gebet ab- “laſſe.‟ Es iſt eben, wie wann ein Rebmann (Weingaͤrtner) die Reb-Schoſſe im Weinberg hin und wieder liegen laſſen wolte in der Meynung, daß es ſchon genug ſeye, wann ſie nur ohnweit von den Rebſtoͤcken liegen, und nicht bedoͤrffen dem Wein- ſtock ſelbſten eingepfropffet zu ſeyn, und unausge- ſetzt ſeinen edlen Safft einzuſaugen; welchenfalls er nicht manchen ſchoͤnen Trauben bekommen und wenig genug Wein machen wuͤrde.
§. 51.
1) Ein kleines Kind/ das ohngefehr im fuͤnfften Jahr ſeines Lebens geſtorben, pflegte viel- mal allein zu gehen, auf ſeine Knie vor GOtt nie- derzufallen und zu beten: Jn ſolchem Gebet re- dete es offt ſo ernſtlich mit dem lieben GOtt, und weinete ſo ſehr, daß es bisweilen auch denen Nach- barn nicht konnte verborgen bleiben. (*)
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Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
thum hinein gefuͤhret werde. Erlangeſt du das
Kleinod, JEſum im Geiſt, nicht, ſo nuͤtzt dich
dein Beten wenig mehr, als einem Armen ſein Bet-
teln, wann er nichts empfangt.
Es lebet, wie ich glaube, noch ein rechtſchaf-
fen zu GOtt bekehrter Heyd; dieſen fragete jemand,
ob er ſich an der Chriſten Leben, deren ihnen vom
Himmel anvertrauten Lehre er itzo wiſſe, nicht aͤr-
gere? Worauf er er mit Nein geantwortet und
geſprochen: „Jch ſpuͤre bey mir ſelbſt, daß mei-
“ne arge Natur ſogleich den Kopff aufſtreckt, und
“mit ihren ſuͤndlichen Neigungen ſich der Herr-
“ſchafft anmaſſen will, wann ich vom Gebet ab-
“laſſe.‟ Es iſt eben, wie wann ein Rebmann
(Weingaͤrtner) die Reb-Schoſſe im Weinberg
hin und wieder liegen laſſen wolte in der Meynung,
daß es ſchon genug ſeye, wann ſie nur ohnweit von
den Rebſtoͤcken liegen, und nicht bedoͤrffen dem Wein-
ſtock ſelbſten eingepfropffet zu ſeyn, und unausge-
ſetzt ſeinen edlen Safft einzuſaugen; welchenfalls
er nicht manchen ſchoͤnen Trauben bekommen und
wenig genug Wein machen wuͤrde.
§. 51.
1) Ein kleines Kind/ das ohngefehr im
fuͤnfften Jahr ſeines Lebens geſtorben, pflegte viel-
mal allein zu gehen, auf ſeine Knie vor GOtt nie-
derzufallen und zu beten: Jn ſolchem Gebet re-
dete es offt ſo ernſtlich mit dem lieben GOtt, und
weinete ſo ſehr, daß es bisweilen auch denen Nach-
barn nicht konnte verborgen bleiben. (*)
2) Ein
(*) Janneways Exempel-Buͤchlein, 1 Th. zweytes Exem-
pel. Rambachs Ex. Buͤchlein p. 188. ſeqq.
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/240>, abgerufen am 21.11.2024.
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