Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Von Begehungs-Sunden
"um die safftigsten Trauben der Erlösung durch
"mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den
"gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an-
"dern, jetzt die safftige Beere des Glaubens, so-
"dann die süsse Beere der Liebe; wiederum die
"lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl
"die schmackhaffte Beere der Keuschheit, zur an-
"dern Stunde die Honig-trieffende Beere der
"Gelassenheit, und bald darauf die Blut-rothe
"Beere der Himmlisch-Gesinntheit Christi etc. zu
"rupffen, zu lecken und das Jnnerste der Seelen
"zu durchsüssen: Durch welch stetes Glaubens-
"Essen meiner holden Liebe sie durch und durch
"geheiliget und zum Anschauen meiner Herr-
"lichkeit tüchtig; ihr aber durch Versäumniß
"und Verachtung der geistlichen Erquickungen
"dazu sehr untüchtig worden: Wer einmahl
"das Geistliche ausschlägt, kan das Himmlische
"noch vielweniger empfahen."

§. 41.

Noch eins, mein Kind! Nachdem JEsus
also ärmlich in der Welt gelebet hat, so wirst du
es unbillich achten, daß du es besser als der Sohn
GOttes haben sollest. Oder ist auch wohl ein
Herr so vornehm, wie er? Schätze dich demnach
nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil
werde, nachdem dein Schöpffer und Erlöser mit
noch geringerm zufrieden ware; und schäme dich,
wann du was köstliches zu essen hast, vor deinem
GOtt und dencke: "Wie hat doch JESUS

die

Cap. 2. Von Begehungs-Sunden
“um die ſafftigſten Trauben der Erloͤſung durch
“mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den
“gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an-
“dern, jetzt die ſafftige Beere des Glaubens, ſo-
“dann die ſuͤſſe Beere der Liebe; wiederum die
“lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl
“die ſchmackhaffte Beere der Keuſchheit, zur an-
“dern Stunde die Honig-trieffende Beere der
“Gelaſſenheit, und bald darauf die Blut-rothe
“Beere der Himmliſch-Geſinntheit Chriſti ꝛc. zu
“rupffen, zu lecken und das Jnnerſte der Seelen
“zu durchſuͤſſen: Durch welch ſtetes Glaubens-
“Eſſen meiner holden Liebe ſie durch und durch
“geheiliget und zum Anſchauen meiner Herr-
“lichkeit tuͤchtig; ihr aber durch Verſaͤumniß
“und Verachtung der geiſtlichen Erquickungen
“dazu ſehr untuͤchtig worden: Wer einmahl
“das Geiſtliche ausſchlaͤgt, kan das Himmliſche
“noch vielweniger empfahen.‟

§. 41.

Noch eins, mein Kind! Nachdem JEſus
alſo aͤrmlich in der Welt gelebet hat, ſo wirſt du
es unbillich achten, daß du es beſſer als der Sohn
GOttes haben ſolleſt. Oder iſt auch wohl ein
Herr ſo vornehm, wie er? Schaͤtze dich demnach
nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil
werde, nachdem dein Schoͤpffer und Erloͤſer mit
noch geringerm zufrieden ware; und ſchaͤme dich,
wann du was koͤſtliches zu eſſen haſt, vor deinem
GOtt und dencke: „Wie hat doch JESUS

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0220" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von Begehungs-Sunden</hi></fw><lb/>
&#x201C;um die &#x017F;afftig&#x017F;ten Trauben der Erlo&#x0364;&#x017F;ung durch<lb/>
&#x201C;mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den<lb/>
&#x201C;gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an-<lb/>
&#x201C;dern, jetzt die &#x017F;afftige Beere des Glaubens, &#x017F;o-<lb/>
&#x201C;dann die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Beere der Liebe; wiederum die<lb/>
&#x201C;lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl<lb/>
&#x201C;die &#x017F;chmackhaffte Beere der Keu&#x017F;chheit, zur an-<lb/>
&#x201C;dern Stunde die Honig-trieffende Beere der<lb/>
&#x201C;Gela&#x017F;&#x017F;enheit, und bald darauf die Blut-rothe<lb/>
&#x201C;Beere der Himmli&#x017F;ch-Ge&#x017F;inntheit Chri&#x017F;ti &#xA75B;c. zu<lb/>
&#x201C;rupffen, zu lecken und das Jnner&#x017F;te der Seelen<lb/>
&#x201C;zu durch&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: Durch welch &#x017F;tetes Glaubens-<lb/>
&#x201C;E&#x017F;&#x017F;en meiner holden Liebe &#x017F;ie durch und durch<lb/>
&#x201C;geheiliget und zum An&#x017F;chauen meiner Herr-<lb/>
&#x201C;lichkeit tu&#x0364;chtig; ihr aber durch Ver&#x017F;a&#x0364;umniß<lb/>
&#x201C;und Verachtung der gei&#x017F;tlichen Erquickungen<lb/>
&#x201C;dazu &#x017F;ehr untu&#x0364;chtig worden: Wer einmahl<lb/>
&#x201C;das Gei&#x017F;tliche aus&#x017F;chla&#x0364;gt, kan das Himmli&#x017F;che<lb/>
&#x201C;noch vielweniger empfahen.&#x201F;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 41.</head><lb/>
            <p>Noch eins, mein Kind! Nachdem JE&#x017F;us<lb/>
al&#x017F;o a&#x0364;rmlich in der Welt gelebet hat, &#x017F;o wir&#x017F;t du<lb/>
es unbillich achten, daß du es be&#x017F;&#x017F;er als der Sohn<lb/>
GOttes haben &#x017F;olle&#x017F;t. Oder i&#x017F;t auch wohl ein<lb/>
Herr &#x017F;o vornehm, wie er? Scha&#x0364;tze dich demnach<lb/>
nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil<lb/>
werde, nachdem dein Scho&#x0364;pffer und Erlo&#x0364;&#x017F;er mit<lb/>
noch geringerm zufrieden ware; und &#x017F;cha&#x0364;me dich,<lb/>
wann du was ko&#x0364;&#x017F;tliches zu e&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t, vor deinem<lb/>
GOtt und dencke: &#x201E;Wie hat doch JESUS<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0220] Cap. 2. Von Begehungs-Sunden “um die ſafftigſten Trauben der Erloͤſung durch “mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den “gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an- “dern, jetzt die ſafftige Beere des Glaubens, ſo- “dann die ſuͤſſe Beere der Liebe; wiederum die “lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl “die ſchmackhaffte Beere der Keuſchheit, zur an- “dern Stunde die Honig-trieffende Beere der “Gelaſſenheit, und bald darauf die Blut-rothe “Beere der Himmliſch-Geſinntheit Chriſti ꝛc. zu “rupffen, zu lecken und das Jnnerſte der Seelen “zu durchſuͤſſen: Durch welch ſtetes Glaubens- “Eſſen meiner holden Liebe ſie durch und durch “geheiliget und zum Anſchauen meiner Herr- “lichkeit tuͤchtig; ihr aber durch Verſaͤumniß “und Verachtung der geiſtlichen Erquickungen “dazu ſehr untuͤchtig worden: Wer einmahl “das Geiſtliche ausſchlaͤgt, kan das Himmliſche “noch vielweniger empfahen.‟ §. 41. Noch eins, mein Kind! Nachdem JEſus alſo aͤrmlich in der Welt gelebet hat, ſo wirſt du es unbillich achten, daß du es beſſer als der Sohn GOttes haben ſolleſt. Oder iſt auch wohl ein Herr ſo vornehm, wie er? Schaͤtze dich demnach nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil werde, nachdem dein Schoͤpffer und Erloͤſer mit noch geringerm zufrieden ware; und ſchaͤme dich, wann du was koͤſtliches zu eſſen haſt, vor deinem GOtt und dencke: „Wie hat doch JESUS die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/220
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/220>, abgerufen am 21.12.2024.