sollt du meinen Hertzens-Grund erwärmen, das soll mir wohl ein anmuthiger, vergnüglicher Zeit-Vertreib seyn als anderer Leuten unnützes Gewäsch. O werther heiliger Geist! hilff mir in meinem Vorhaben ohne Unterlaß, sonst hats keinen Bestand, du siehest es doch so gern, wann die Leute und sonderlich junge Hertzen Christum wollen lieb haben.
Die Haare stehen mir gen Berg, wann ich betrachte, wie Men- schen um nichtiger Perlen willen drey Monat an einander in des grausamen Meers-Tieffe den gantzen Tag zubringen in äusserster Le- bens-Gefahr, und des Nachts an statt der reinen Lufft den pestilen- tzialischen Gestanck von denen faulenden Schnecken in sich ziehen, und dennoch lieber erkrancken und sterben, als von so entsetzlicher Ar- beit abstehen, also daß sie nichts von so gräßlicher Bemühung abtrei- ben mag als die Nacht und Zeit da nichts mehr zu erschnappen. Und wir (O Himmel! erschüttere dich und du Erde erbebe!) wir sind zu faul in unseren warmen Betteren unseren Geist mit Begierd zu JESU unserem höchsten Gut zu erheben, da gleichwohl Leib und Seel darvon so süßiglich erquickt wird, zu faul sind wir in unseren Stuben die Knye zu beugen vor dem Allmächtigen, und seine ewige Erbarmung in uns zu ziehen, und uns aus seinen unendlichen Liebes- Schätzen zu erfüllen und zu bereicheren; O wohl ein langmüthiger und gnädiger GOTT! daß er solche faule Schalcks-Knechte noch nicht aufgerieben hat! Es muß ein JEsus seyn, der eine so boßhaff- te Thorheit so lange ertragen könne.
Das zwantzigste Capitel. Demüthige Bitte an die StadtN.in diese hoch-vernünfftige und Weiß- heits-volle Handlung zu setzen.
§. 1. Ach du liebes N. (will aber N. nicht, so nehme du es an,Erweckli- cher Zu- spruch an alle Lesere. mein treu-geliebter Leser, nimm an was die unersättliche Gold-hun- gerige Kauff-Leute der grossen Babylon auf dem gantzen Welt- Kreiß verwerffen, so wirst du in Zion ewig bleiben, nimm an dein Heyl, das dir so nahe ist, mein Hertzens-Wunsch ist vor dich, daß es dich gantz einnehme; Der ewige Liebhaber unserer Seelen, der
Hei-
R r r r r 2
uͤber die himmliſche Perle.
ſollt du meinen Hertzens-Grund erwaͤrmen, das ſoll mir wohl ein anmuthiger, vergnuͤglicher Zeit-Vertreib ſeyn als anderer Leuten unnuͤtzes Gewaͤſch. O werther heiliger Geiſt! hilff mir in meinem Vorhaben ohne Unterlaß, ſonſt hats keinen Beſtand, du ſieheſt es doch ſo gern, wann die Leute und ſonderlich junge Hertzen Chriſtum wollen lieb haben.
Die Haare ſtehen mir gen Berg, wann ich betrachte, wie Men- ſchen um nichtiger Perlen willen drey Monat an einander in des grauſamen Meers-Tieffe den gantzen Tag zubringen in aͤuſſerſter Le- bens-Gefahr, und des Nachts an ſtatt der reinen Lufft den peſtilen- tzialiſchen Geſtanck von denen faulenden Schnecken in ſich ziehen, und dennoch lieber erkrancken und ſterben, als von ſo entſetzlicher Ar- beit abſtehen, alſo daß ſie nichts von ſo graͤßlicher Bemuͤhung abtrei- ben mag als die Nacht und Zeit da nichts mehr zu erſchnappen. Und wir (O Himmel! erſchuͤttere dich und du Erde erbebe!) wir ſind zu faul in unſeren warmen Betteren unſeren Geiſt mit Begierd zu JESU unſerem hoͤchſten Gut zu erheben, da gleichwohl Leib und Seel darvon ſo ſuͤßiglich erquickt wird, zu faul ſind wir in unſeren Stuben die Knye zu beugen vor dem Allmaͤchtigen, und ſeine ewige Erbarmung in uns zu ziehen, und uns aus ſeinen unendlichen Liebes- Schaͤtzen zu erfuͤllen und zu bereicheren; O wohl ein langmuͤthiger und gnaͤdiger GOTT! daß er ſolche faule Schalcks-Knechte noch nicht aufgerieben hat! Es muß ein JEſus ſeyn, der eine ſo boßhaff- te Thorheit ſo lange ertragen koͤnne.
Das zwantzigſte Capitel. Demuͤthige Bitte an die StadtN.in dieſe hoch-vernuͤnfftige und Weiß- heits-volle Handlung zu ſetzen.
§. 1. Ach du liebes N. (will aber N. nicht, ſo nehme du es an,Erweckli- cher Zu- ſpruch an alle Leſeꝛe. mein treu-geliebter Leſer, nimm an was die unerſaͤttliche Gold-hun- gerige Kauff-Leute der groſſen Babylon auf dem gantzen Welt- Kreiß verwerffen, ſo wirſt du in Zion ewig bleiben, nimm an dein Heyl, das dir ſo nahe iſt, mein Hertzens-Wunſch iſt vor dich, daß es dich gantz einnehme; Der ewige Liebhaber unſerer Seelen, der
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uͤber die himmliſche Perle.
ſollt du meinen Hertzens-Grund erwaͤrmen, das ſoll mir wohl ein
anmuthiger, vergnuͤglicher Zeit-Vertreib ſeyn als anderer Leuten
unnuͤtzes Gewaͤſch. O werther heiliger Geiſt! hilff mir in meinem
Vorhaben ohne Unterlaß, ſonſt hats keinen Beſtand, du ſieheſt es
doch ſo gern, wann die Leute und ſonderlich junge Hertzen Chriſtum
wollen lieb haben.
Die Haare ſtehen mir gen Berg, wann ich betrachte, wie Men-
ſchen um nichtiger Perlen willen drey Monat an einander in des
grauſamen Meers-Tieffe den gantzen Tag zubringen in aͤuſſerſter Le-
bens-Gefahr, und des Nachts an ſtatt der reinen Lufft den peſtilen-
tzialiſchen Geſtanck von denen faulenden Schnecken in ſich ziehen,
und dennoch lieber erkrancken und ſterben, als von ſo entſetzlicher Ar-
beit abſtehen, alſo daß ſie nichts von ſo graͤßlicher Bemuͤhung abtrei-
ben mag als die Nacht und Zeit da nichts mehr zu erſchnappen. Und
wir (O Himmel! erſchuͤttere dich und du Erde erbebe!) wir ſind
zu faul in unſeren warmen Betteren unſeren Geiſt mit Begierd zu
JESU unſerem hoͤchſten Gut zu erheben, da gleichwohl Leib und
Seel darvon ſo ſuͤßiglich erquickt wird, zu faul ſind wir in unſeren
Stuben die Knye zu beugen vor dem Allmaͤchtigen, und ſeine ewige
Erbarmung in uns zu ziehen, und uns aus ſeinen unendlichen Liebes-
Schaͤtzen zu erfuͤllen und zu bereicheren; O wohl ein langmuͤthiger
und gnaͤdiger GOTT! daß er ſolche faule Schalcks-Knechte noch
nicht aufgerieben hat! Es muß ein JEſus ſeyn, der eine ſo boßhaff-
te Thorheit ſo lange ertragen koͤnne.
Das zwantzigſte Capitel.
Demuͤthige Bitte an die Stadt N. in dieſe hoch-vernuͤnfftige und Weiß-
heits-volle Handlung zu ſetzen.
§. 1. Ach du liebes N. (will aber N. nicht, ſo nehme du es an,
mein treu-geliebter Leſer, nimm an was die unerſaͤttliche Gold-hun-
gerige Kauff-Leute der groſſen Babylon auf dem gantzen Welt-
Kreiß verwerffen, ſo wirſt du in Zion ewig bleiben, nimm an dein
Heyl, das dir ſo nahe iſt, mein Hertzens-Wunſch iſt vor dich, daß
es dich gantz einnehme; Der ewige Liebhaber unſerer Seelen, der
Hei-
Erweckli-
cher Zu-
ſpruch an
alle Leſeꝛe.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/963>, abgerufen am 21.11.2024.
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