OHngefehrd 4. Jahr vor seinem Tod ware er samt vielen andernDie Auf- führung dieses Menschen als er das erstemahl aufgewe- cket wor- den. bey seinem Pfarrer, der nach dargereichter Göttlicher Gnad auch diesen der obschwebenden Gefahr des allen unwiederge- bohrnen, unvermeidenlichen Gerichts GOttes zu erinneren getrachtet; Dieser nun schiene Anfangs sich der Wahrheit des Evan- geliums gefangen zu geben, liesse einige Enderung bey sich verspühren, gewann Lust zum Guten, vergosse offt viel und heisse Thränen, welches geschahe, wie mich dauchte, über seinen verdorbenen Zustand, er hiel- te sich auch zu frommen Leuten, besprache sich mit ihnen vom Weg des Lebens, hörte ihnen offt einen gantzen Tag, wie es schiene, mit Begierd zu, bezeugete ihnen viel Liebe, wollte sie stäts um sich haben, und gabe mit Freuden was er immer hatte, ohn einigen Genieß und Verdienst oder Gegen-Vergeltung, gantz umsonst hin zu ihrer Erquickung, ware son- sten auch liebreich, mitleidig, dienstfertig und gutthätig gegen jeder- mann, noch ja wohl auch über Vermögen, dannenher auch ohnlängst ein seiner Mann sich seiner mit bitteren Thränen und Gemüths-Bewe- gung, bey mir erinnert und wegen vielen genossenen Gutthaten und an- gehörten Klägden sehr betrauret, auch seiner ewigen Seeligkeit gute Hoffnung zu haben bezeuget, sintemahlen er so viele Mahlzeichen eines recht schaffen Heyls-begierigen an ihme vermercket zu haben vermeynet;
§. 2. Allein sein Lust-ergebenes Leben, worein er bald nach seiner U-Was von dessen See- ligkeit zu hoffen oder nicht zu hoffen seye. berzeugung wieder auf ein neues gerathen, wie auch die entsetzliche Um- ständ seines Abscheids, lassen uns nicht zu von seinem ewigen leichtlich also gütlich zu urtheilen, sintemahlen die H. Apostel des Lamms denen Lust-süchtigen und Welt-verliebten den Eingang ins Himmelreich glatt absprechen, solchen sich befleckenden Seelen wird kein Ort im neuen rei- nen Jerusalem verstattet, nur die so ihre Kleider nicht besudelt, sondern im Blut des Lamms weiß gewaschen, stehen vor GOttes Thron und die- nen ihm Tag und Nacht in seinem heiligen Tempel. Apoc. 7. & 14. 3. Lust machte das aus Egypten allbereit ausgangene Jsrael, des verheis- senen Landes verlustig, so bleibt darneben über den Ungläubigen der Zorn GOttes. Joh. 3. Der arme Mensch ward so geschleudert zwischen Christo und der Lust seines Fleisches, was sich ihme präsentirte, deme
schweiffete
O o o o 3
Das erſte Capitel. Kurtze Beſchreibung.
§. 1.
OHngefehrd 4. Jahr vor ſeinem Tod ware er ſamt vielen andernDie Auf- fuͤhrung dieſes Menſchen als er das erſtemahl aufgewe- cket wor- den. bey ſeinem Pfarrer, der nach dargereichter Goͤttlicher Gnad auch dieſen der obſchwebenden Gefahr des allen unwiederge- bohrnen, unvermeidenlichen Gerichts GOttes zu erinneren getrachtet; Dieſer nun ſchiene Anfangs ſich der Wahrheit des Evan- geliums gefangen zu geben, lieſſe einige Enderung bey ſich verſpuͤhren, gewann Luſt zum Guten, vergoſſe offt viel und heiſſe Thraͤnen, welches geſchahe, wie mich dauchte, uͤber ſeinen verdorbenen Zuſtand, er hiel- te ſich auch zu frommen Leuten, beſprache ſich mit ihnen vom Weg des Lebens, hoͤrte ihnen offt einen gantzen Tag, wie es ſchiene, mit Begierd zu, bezeugete ihnen viel Liebe, wollte ſie ſtaͤts um ſich haben, und gabe mit Freuden was er immer hatte, ohn einigen Genieß und Verdienſt oder Gegen-Vergeltung, gantz umſonſt hin zu ihrer Erquickung, ware ſon- ſten auch liebreich, mitleidig, dienſtfertig und gutthaͤtig gegen jeder- mann, noch ja wohl auch uͤber Vermoͤgen, dannenher auch ohnlaͤngſt ein ſeiner Mann ſich ſeiner mit bitteren Thraͤnen und Gemuͤths-Bewe- gung, bey mir erinnert und wegen vielen genoſſenen Gutthaten und an- gehoͤrten Klaͤgden ſehr betrauret, auch ſeiner ewigen Seeligkeit gute Hoffnung zu haben bezeuget, ſintemahlen er ſo viele Mahlzeichen eines recht ſchaffen Heyls-begierigen an ihme vermercket zu haben vermeynet;
§. 2. Allein ſein Luſt-ergebenes Leben, worein er bald nach ſeiner U-Was von deſſen See- ligkeit zu hoffen oder nicht zu hoffen ſeye. berzeugung wieder auf ein neues gerathen, wie auch die entſetzliche Um- ſtaͤnd ſeines Abſcheids, laſſen uns nicht zu von ſeinem ewigen leichtlich alſo guͤtlich zu urtheilen, ſintemahlen die H. Apoſtel des Lamms denen Luſt-ſuͤchtigen und Welt-verliebten den Eingang ins Himmelreich glatt abſprechen, ſolchen ſich befleckenden Seelen wird kein Ort im neuen rei- nen Jeruſalem verſtattet, nur die ſo ihre Kleider nicht beſudelt, ſondern im Blut des Lamms weiß gewaſchen, ſtehen vor GOttes Thron und die- nen ihm Tag und Nacht in ſeinem heiligen Tempel. Apoc. 7. & 14. 3. Luſt machte das aus Egypten allbereit ausgangene Jſrael, des verheiſ- ſenen Landes verluſtig, ſo bleibt darneben uͤber den Unglaͤubigen der Zorn GOttes. Joh. 3. Der arme Menſch ward ſo geſchleudert zwiſchen Chriſto und der Luſt ſeines Fleiſches, was ſich ihme praͤſentirte, deme
ſchweiffete
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Das erſte Capitel.
Kurtze Beſchreibung.
§. 1.
OHngefehrd 4. Jahr vor ſeinem Tod ware er ſamt vielen andern
bey ſeinem Pfarrer, der nach dargereichter Goͤttlicher Gnad
auch dieſen der obſchwebenden Gefahr des allen unwiederge-
bohrnen, unvermeidenlichen Gerichts GOttes zu erinneren
getrachtet; Dieſer nun ſchiene Anfangs ſich der Wahrheit des Evan-
geliums gefangen zu geben, lieſſe einige Enderung bey ſich verſpuͤhren,
gewann Luſt zum Guten, vergoſſe offt viel und heiſſe Thraͤnen, welches
geſchahe, wie mich dauchte, uͤber ſeinen verdorbenen Zuſtand, er hiel-
te ſich auch zu frommen Leuten, beſprache ſich mit ihnen vom Weg des
Lebens, hoͤrte ihnen offt einen gantzen Tag, wie es ſchiene, mit Begierd
zu, bezeugete ihnen viel Liebe, wollte ſie ſtaͤts um ſich haben, und gabe mit
Freuden was er immer hatte, ohn einigen Genieß und Verdienſt oder
Gegen-Vergeltung, gantz umſonſt hin zu ihrer Erquickung, ware ſon-
ſten auch liebreich, mitleidig, dienſtfertig und gutthaͤtig gegen jeder-
mann, noch ja wohl auch uͤber Vermoͤgen, dannenher auch ohnlaͤngſt ein
ſeiner Mann ſich ſeiner mit bitteren Thraͤnen und Gemuͤths-Bewe-
gung, bey mir erinnert und wegen vielen genoſſenen Gutthaten und an-
gehoͤrten Klaͤgden ſehr betrauret, auch ſeiner ewigen Seeligkeit gute
Hoffnung zu haben bezeuget, ſintemahlen er ſo viele Mahlzeichen eines
recht ſchaffen Heyls-begierigen an ihme vermercket zu haben vermeynet;
Die Auf-
fuͤhrung
dieſes
Menſchen
als er das
erſtemahl
aufgewe-
cket wor-
den.
§. 2. Allein ſein Luſt-ergebenes Leben, worein er bald nach ſeiner U-
berzeugung wieder auf ein neues gerathen, wie auch die entſetzliche Um-
ſtaͤnd ſeines Abſcheids, laſſen uns nicht zu von ſeinem ewigen leichtlich
alſo guͤtlich zu urtheilen, ſintemahlen die H. Apoſtel des Lamms denen
Luſt-ſuͤchtigen und Welt-verliebten den Eingang ins Himmelreich glatt
abſprechen, ſolchen ſich befleckenden Seelen wird kein Ort im neuen rei-
nen Jeruſalem verſtattet, nur die ſo ihre Kleider nicht beſudelt, ſondern
im Blut des Lamms weiß gewaſchen, ſtehen vor GOttes Thron und die-
nen ihm Tag und Nacht in ſeinem heiligen Tempel. Apoc. 7. & 14. 3.
Luſt machte das aus Egypten allbereit ausgangene Jſrael, des verheiſ-
ſenen Landes verluſtig, ſo bleibt darneben uͤber den Unglaͤubigen der
Zorn GOttes. Joh. 3. Der arme Menſch ward ſo geſchleudert zwiſchen
Chriſto und der Luſt ſeines Fleiſches, was ſich ihme praͤſentirte, deme
ſchweiffete
Was von
deſſen See-
ligkeit zu
hoffen
oder nicht
zu hoffen
ſeye.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/757>, abgerufen am 13.11.2024.
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