Sehnliche Bitte um die Gestalt-Gewinnung Christi in uns.
O JEsu! daß ich mich im Geist freue mit vielen innwendigen Regun- gen des geheimen, göttlichen Lebens, weilen nun deine Zukunfft zu uns im Geist geschiehet, durch wahre lebendige Uberschattung deines H. Gei- stes, damit du nach göttlicher Weißheit und Krafft in uns gebildet wer- dest, und wir deine Müttere, Brüdere und Schwestern werden mögen. Allmächtiger Heyland ich bitte dich hertziglich mach auch mich tüchtig zu dieser grossen Ehre und unaussprechlich seeligen Herrlichkeit: Schaff daß dein Lebens-Krafft sich so empfindlich in meiner Seelen geistlich re- ge als sich ein Kind im Mutterleib leiblich rühret. HErr mein GOTT du weissest was ernste Anstalten und Zubereitungen auch ungemeine grosse Sorgfalt zu dieser Göttlichen Ausgeburt gehöre, und wie alles dem Kind nach dem Leben stelle: Du kennest uns wie ungeschickt, unacht- sam und grob wir seyen zu diesem hohen Geschäfft: Vollende du alles o Vatter! wie kanst du sonst die Wunder-Geburt deines so theuer-wer- then Kindes einem einigen Menschen anvertrauen, am allerwenigsten mir gantz treulosen, ohnmächtigen Wurm. O JEsu! daß ich mich und alles vergesse, damit ich nur nicht Schaden leide an meinem bestimmten Loos und deiner Gestaltung in mir verlustig werde: Ach daß ich doch dir zu gefallen werde, ists doch an deinem Willen mehr gelegen als an mir nichts-werthen Made; Du bist doch ohne dem so sorgfältig für mein Heyl, und ist weder zusagen, noch zu schreiben, was ich habe im geheimen Umgang mit dir, dem höchsten Gut. Aber was vor Gefahren und Ver- änderungen bin ich noch ausgesetzt, in wie viel Feuer-Proben muß ich noch bewährt werden! Lehre mich die Einkehr des Hertzens, und was der innwendige Mensch sey in unzerstörtem Geist, diß ist je eine Gestalt JE- su in uns, die niemand geben kan, als du Schöpfer aller Engeln; ich pro- biere wohl hundert und hundert mahl, ehe es mir gelingt; Ja HErr! du lässest michs erfahren, daß Wachsthum und Göttliche Stärcke dar- zu gehöre, ja daß ich da hinein wachsen müsse, welches nicht so geschwind zugehet, wie es mir etwa in den Sinn und Begierd kommt: Vatter gib anhaltende Treue, biß das schöne Kind JEsus in mir gesehen wird, Amen.
Jäm-
O o o o 2
Weyhnachts-Gedancken.
Sehnliche Bitte um die Geſtalt-Gewinnung Chriſti in uns.
O JEſu! daß ich mich im Geiſt freue mit vielen innwendigen Regun- gen des geheimen, goͤttlichen Lebens, weilen nun deine Zukunfft zu uns im Geiſt geſchiehet, durch wahre lebendige Uberſchattung deines H. Gei- ſtes, damit du nach goͤttlicher Weißheit und Krafft in uns gebildet wer- deſt, und wir deine Muͤttere, Bruͤdere und Schweſtern werden moͤgen. Allmaͤchtiger Heyland ich bitte dich hertziglich mach auch mich tuͤchtig zu dieſer groſſen Ehre und unausſprechlich ſeeligen Herrlichkeit: Schaff daß dein Lebens-Krafft ſich ſo empfindlich in meiner Seelen geiſtlich re- ge als ſich ein Kind im Mutterleib leiblich ruͤhret. HErr mein GOTT du weiſſeſt was ernſte Anſtalten und Zubereitungen auch ungemeine groſſe Sorgfalt zu dieſer Goͤttlichen Ausgeburt gehoͤre, und wie alles dem Kind nach dem Leben ſtelle: Du kenneſt uns wie ungeſchickt, unacht- ſam und grob wir ſeyen zu dieſem hohen Geſchaͤfft: Vollende du alles o Vatter! wie kanſt du ſonſt die Wunder-Geburt deines ſo theuer-wer- then Kindes einem einigen Menſchen anvertrauen, am allerwenigſten mir gantz treuloſen, ohnmaͤchtigen Wurm. O JEſu! daß ich mich und alles vergeſſe, damit ich nur nicht Schaden leide an meinem beſtimmten Loos und deiner Geſtaltung in mir verluſtig werde: Ach daß ich doch dir zu gefallen werde, iſts doch an deinem Willen mehr gelegen als an mir nichts-werthen Made; Du biſt doch ohne dem ſo ſorgfaͤltig fuͤr mein Heyl, und iſt weder zuſagen, noch zu ſchreiben, was ich habe im geheimen Umgang mit dir, dem hoͤchſten Gut. Aber was vor Gefahren und Ver- aͤnderungen bin ich noch ausgeſetzt, in wie viel Feuer-Proben muß ich noch bewaͤhrt werden! Lehre mich die Einkehr des Hertzens, und was der innwendige Menſch ſey in unzerſtoͤrtem Geiſt, diß iſt je eine Geſtalt JE- ſu in uns, die niemand geben kan, als du Schoͤpfer aller Engeln; ich pro- biere wohl hundert und hundert mahl, ehe es mir gelingt; Ja HErr! du laͤſſeſt michs erfahren, daß Wachsthum und Goͤttliche Staͤrcke dar- zu gehoͤre, ja daß ich da hinein wachſen muͤſſe, welches nicht ſo geſchwind zugehet, wie es mir etwa in den Sinn und Begierd kommt: Vatter gib anhaltende Treue, biß das ſchoͤne Kind JEſus in mir geſehen wird, Amen.
Jaͤm-
O o o o 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0755"n="659"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Weyhnachts-Gedancken.</hi></fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#fr">Sehnliche Bitte um die Geſtalt-Gewinnung<lb/>
Chriſti in uns.</hi></head><lb/><p>O JEſu! daß ich mich im Geiſt freue mit vielen innwendigen Regun-<lb/>
gen des geheimen, goͤttlichen Lebens, weilen nun deine Zukunfft zu uns<lb/>
im Geiſt geſchiehet, durch wahre lebendige Uberſchattung deines H. Gei-<lb/>ſtes, damit du nach goͤttlicher Weißheit und Krafft in uns gebildet wer-<lb/>
deſt, und wir deine Muͤttere, Bruͤdere und Schweſtern werden moͤgen.<lb/>
Allmaͤchtiger Heyland ich bitte dich hertziglich mach auch mich tuͤchtig zu<lb/>
dieſer groſſen Ehre und unausſprechlich ſeeligen Herrlichkeit: Schaff<lb/>
daß dein Lebens-Krafft ſich ſo empfindlich in meiner Seelen geiſtlich re-<lb/>
ge als ſich ein Kind im Mutterleib leiblich ruͤhret. HErr mein GOTT<lb/>
du weiſſeſt was ernſte Anſtalten und Zubereitungen auch ungemeine<lb/>
groſſe Sorgfalt zu dieſer Goͤttlichen Ausgeburt gehoͤre, und wie alles<lb/>
dem Kind nach dem Leben ſtelle: Du kenneſt uns wie ungeſchickt, unacht-<lb/>ſam und grob wir ſeyen zu dieſem hohen Geſchaͤfft: Vollende du alles<lb/>
o Vatter! wie kanſt du ſonſt die Wunder-Geburt deines ſo theuer-wer-<lb/>
then Kindes einem einigen Menſchen anvertrauen, am allerwenigſten<lb/>
mir gantz treuloſen, ohnmaͤchtigen Wurm. O JEſu! daß ich mich und<lb/>
alles vergeſſe, damit ich nur nicht Schaden leide an meinem beſtimmten<lb/>
Loos und deiner Geſtaltung in mir verluſtig werde: Ach daß ich doch dir<lb/>
zu gefallen werde, iſts doch an deinem Willen mehr gelegen als an mir<lb/>
nichts-werthen Made; Du biſt doch ohne dem ſo ſorgfaͤltig fuͤr mein<lb/>
Heyl, und iſt weder zuſagen, noch zu ſchreiben, was ich habe im geheimen<lb/>
Umgang mit dir, dem hoͤchſten Gut. Aber was vor Gefahren und Ver-<lb/>
aͤnderungen bin ich noch ausgeſetzt, in wie viel Feuer-Proben muß ich<lb/>
noch bewaͤhrt werden! Lehre mich die Einkehr des Hertzens, und was der<lb/>
innwendige Menſch ſey in unzerſtoͤrtem Geiſt, diß iſt je eine Geſtalt JE-<lb/>ſu in uns, die niemand geben kan, als du Schoͤpfer aller Engeln; ich pro-<lb/>
biere wohl hundert und hundert mahl, ehe es mir gelingt; Ja HErr!<lb/>
du laͤſſeſt michs erfahren, daß Wachsthum und Goͤttliche Staͤrcke dar-<lb/>
zu gehoͤre, ja daß ich da hinein wachſen muͤſſe, welches nicht ſo geſchwind<lb/>
zugehet, wie es mir etwa in den Sinn und Begierd kommt: Vatter<lb/>
gib anhaltende Treue, biß das ſchoͤne Kind JEſus in mir geſehen wird,<lb/>
Amen.</p></div></div></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">O o o o 2</hi></fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Jaͤm-</hi></fw><lb/></body></text></TEI>
[659/0755]
Weyhnachts-Gedancken.
Sehnliche Bitte um die Geſtalt-Gewinnung
Chriſti in uns.
O JEſu! daß ich mich im Geiſt freue mit vielen innwendigen Regun-
gen des geheimen, goͤttlichen Lebens, weilen nun deine Zukunfft zu uns
im Geiſt geſchiehet, durch wahre lebendige Uberſchattung deines H. Gei-
ſtes, damit du nach goͤttlicher Weißheit und Krafft in uns gebildet wer-
deſt, und wir deine Muͤttere, Bruͤdere und Schweſtern werden moͤgen.
Allmaͤchtiger Heyland ich bitte dich hertziglich mach auch mich tuͤchtig zu
dieſer groſſen Ehre und unausſprechlich ſeeligen Herrlichkeit: Schaff
daß dein Lebens-Krafft ſich ſo empfindlich in meiner Seelen geiſtlich re-
ge als ſich ein Kind im Mutterleib leiblich ruͤhret. HErr mein GOTT
du weiſſeſt was ernſte Anſtalten und Zubereitungen auch ungemeine
groſſe Sorgfalt zu dieſer Goͤttlichen Ausgeburt gehoͤre, und wie alles
dem Kind nach dem Leben ſtelle: Du kenneſt uns wie ungeſchickt, unacht-
ſam und grob wir ſeyen zu dieſem hohen Geſchaͤfft: Vollende du alles
o Vatter! wie kanſt du ſonſt die Wunder-Geburt deines ſo theuer-wer-
then Kindes einem einigen Menſchen anvertrauen, am allerwenigſten
mir gantz treuloſen, ohnmaͤchtigen Wurm. O JEſu! daß ich mich und
alles vergeſſe, damit ich nur nicht Schaden leide an meinem beſtimmten
Loos und deiner Geſtaltung in mir verluſtig werde: Ach daß ich doch dir
zu gefallen werde, iſts doch an deinem Willen mehr gelegen als an mir
nichts-werthen Made; Du biſt doch ohne dem ſo ſorgfaͤltig fuͤr mein
Heyl, und iſt weder zuſagen, noch zu ſchreiben, was ich habe im geheimen
Umgang mit dir, dem hoͤchſten Gut. Aber was vor Gefahren und Ver-
aͤnderungen bin ich noch ausgeſetzt, in wie viel Feuer-Proben muß ich
noch bewaͤhrt werden! Lehre mich die Einkehr des Hertzens, und was der
innwendige Menſch ſey in unzerſtoͤrtem Geiſt, diß iſt je eine Geſtalt JE-
ſu in uns, die niemand geben kan, als du Schoͤpfer aller Engeln; ich pro-
biere wohl hundert und hundert mahl, ehe es mir gelingt; Ja HErr!
du laͤſſeſt michs erfahren, daß Wachsthum und Goͤttliche Staͤrcke dar-
zu gehoͤre, ja daß ich da hinein wachſen muͤſſe, welches nicht ſo geſchwind
zugehet, wie es mir etwa in den Sinn und Begierd kommt: Vatter
gib anhaltende Treue, biß das ſchoͤne Kind JEſus in mir geſehen wird,
Amen.
Jaͤm-
O o o o 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/755>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.