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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
Das fünffte Capitel.
Bestraffung deren welche sich fälschlich einbilden sie haben JEsum
als auch deren welche ihn nicht genug hoch oder gar verachten.

§. 1. Wie eitel ist doch nicht der Ruhm von so unzählich vielen,Bestraf-
fung deren
welche sich
fälschlich
einbilden
sie haben
JEsum.

die so kühnlich sprechen dörffen, sie haben JEsum allezeit im Hertzen
und haben gute Hoffnung zu ihm in Himmel zu kommen a, da sie
doch nicht die geringste Merckmahl der neuen Geburt an sich sehen
lassen, Jahr aus Jahr ein gleich häßig, wollüstig, geitzig, zwey-
züngig, falsch, partheyisch, neidig, empfindlich, ehrsüchtig, de-
nen Beleydigungen nachsinnig, Summa in der vermaledeyten Ei-
genliebe verscharret und vergraben sind! Der Satan schwängert sie
mit sündlichen und GOtt mißfälligen Gedancken; Was kan es an-
ders als höllische Welt-Frücht der alten Natur ausgebähren?

§. 2. Und o! wie kaltsinnig ist man gegen JEsu; noch ärger alsDeren de-
nen diese
Geburt
gantz
gleichgül-
tig ist.

die zu Bethlehem und Jerusalem b! Es ist ein traurig Zeichen, daß
man keinen Antheil daran habe. O wie entsetzlich ists zu sehen, wie
Satan fast alle Hertzen so eiß-kalt gemacht, daß keine himmlische
Liebes-Flammen sie mehr erwärmen können! Wanns hoch kommt,
so haben sie eine sinnliche Weyhnachts-Freud in der alten ungebroche-
nen, ungekreutzigten Natur, eine Freud, die wie der Morgen-Thau
vergehet c, und kaum ein paar Stund währet; Und da wurden sie
das gantze Jahr nicht einen Gesang von der Menschwerdung des
Sohns GOttes vor sich nehmen, Safft und Krafft daraus zu sau-
gen, als wann diß grosse Geheimniß der Gottseligkeit nicht alle Tag
und Stund seine Frucht tragen sollte. O weh! daß so sehr wenige
JEsum recht wissen zu gebrauchen; Darum ist kein Wunder, daß
GOttes Zorn brennet über der Christenheit, weil fast jedermann die-
ses Kind mit stündlichem Welt-Leben aufs neue kreutziget d mit Zorn,
Haß, Neid, Unbarmhertzigkeit; Jn Koth wirfft allerhand Gelüsten der
vergiffteten Sinnen, indem man den stinckenden Unflath der Fleisches-
Lüsten nicht von Hertzen verabscheuet, und Wurtzel-rein hinaus fe-
get e, vielmehr seine Seel mit diesem Höllen-Koth besprützen und befle-
cken läßt, und gleichwohl dabey meynt, JEsus der Allerhöchste solle

das
a 1 Joh. III. 3.
b Act. VIII. 2.
c Hos. VI. 4.
d Hebr. VI. 6.
e Apoc. III. 4.
K k k k
Weyhnachts-Gedancken.
Das fuͤnffte Capitel.
Beſtraffung deren welche ſich faͤlſchlich einbilden ſie haben JEſum
als auch deren welche ihn nicht genug hoch oder gar verachten.

§. 1. Wie eitel iſt doch nicht der Ruhm von ſo unzaͤhlich vielen,Beſtraf-
fung deren
welche ſich
faͤlſchlich
einbilden
ſie haben
JEſum.

die ſo kuͤhnlich ſprechen doͤrffen, ſie haben JEſum allezeit im Hertzen
und haben gute Hoffnung zu ihm in Himmel zu kommen a, da ſie
doch nicht die geringſte Merckmahl der neuen Geburt an ſich ſehen
laſſen, Jahr aus Jahr ein gleich haͤßig, wolluͤſtig, geitzig, zwey-
zuͤngig, falſch, partheyiſch, neidig, empfindlich, ehrſuͤchtig, de-
nen Beleydigungen nachſinnig, Summa in der vermaledeyten Ei-
genliebe verſcharret und vergraben ſind! Der Satan ſchwaͤngert ſie
mit ſuͤndlichen und GOtt mißfaͤlligen Gedancken; Was kan es an-
ders als hoͤlliſche Welt-Fruͤcht der alten Natur ausgebaͤhren?

§. 2. Und o! wie kaltſinnig iſt man gegen JEſu; noch aͤrger alsDeren de-
nen dieſe
Geburt
gantz
gleichguͤl-
tig iſt.

die zu Bethlehem und Jeruſalem b! Es iſt ein traurig Zeichen, daß
man keinen Antheil daran habe. O wie entſetzlich iſts zu ſehen, wie
Satan faſt alle Hertzen ſo eiß-kalt gemacht, daß keine himmliſche
Liebes-Flammen ſie mehr erwaͤrmen koͤnnen! Wanns hoch kommt,
ſo haben ſie eine ſinnliche Weyhnachts-Freud in der alten ungebroche-
nen, ungekreutzigten Natur, eine Freud, die wie der Morgen-Thau
vergehet c, und kaum ein paar Stund waͤhret; Und da wurden ſie
das gantze Jahr nicht einen Geſang von der Menſchwerdung des
Sohns GOttes vor ſich nehmen, Safft und Krafft daraus zu ſau-
gen, als wann diß groſſe Geheimniß der Gottſeligkeit nicht alle Tag
und Stund ſeine Frucht tragen ſollte. O weh! daß ſo ſehr wenige
JEſum recht wiſſen zu gebrauchen; Darum iſt kein Wunder, daß
GOttes Zorn brennet uͤber der Chriſtenheit, weil faſt jedermann die-
ſes Kind mit ſtuͤndlichem Welt-Leben aufs neue kreutziget d mit Zorn,
Haß, Neid, Unbarmhertzigkeit; Jn Koth wirfft allerhand Geluͤſten der
vergiffteten Sinnen, indem man den ſtinckenden Unflath der Fleiſches-
Luͤſten nicht von Hertzen verabſcheuet, und Wurtzel-rein hinaus fe-
get e, vielmehr ſeine Seel mit dieſem Hoͤllen-Koth beſpruͤtzen und befle-
cken laͤßt, und gleichwohl dabey meynt, JEſus der Allerhoͤchſte ſolle

das
a 1 Joh. III. 3.
b Act. VIII. 2.
c Hoſ. VI. 4.
d Hebr. VI. 6.
e Apoc. III. 4.
K k k k
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[625/0721] Weyhnachts-Gedancken. Das fuͤnffte Capitel. Beſtraffung deren welche ſich faͤlſchlich einbilden ſie haben JEſum als auch deren welche ihn nicht genug hoch oder gar verachten. §. 1. Wie eitel iſt doch nicht der Ruhm von ſo unzaͤhlich vielen, die ſo kuͤhnlich ſprechen doͤrffen, ſie haben JEſum allezeit im Hertzen und haben gute Hoffnung zu ihm in Himmel zu kommen a, da ſie doch nicht die geringſte Merckmahl der neuen Geburt an ſich ſehen laſſen, Jahr aus Jahr ein gleich haͤßig, wolluͤſtig, geitzig, zwey- zuͤngig, falſch, partheyiſch, neidig, empfindlich, ehrſuͤchtig, de- nen Beleydigungen nachſinnig, Summa in der vermaledeyten Ei- genliebe verſcharret und vergraben ſind! Der Satan ſchwaͤngert ſie mit ſuͤndlichen und GOtt mißfaͤlligen Gedancken; Was kan es an- ders als hoͤlliſche Welt-Fruͤcht der alten Natur ausgebaͤhren? Beſtraf- fung deren welche ſich faͤlſchlich einbilden ſie haben JEſum. §. 2. Und o! wie kaltſinnig iſt man gegen JEſu; noch aͤrger als die zu Bethlehem und Jeruſalem b! Es iſt ein traurig Zeichen, daß man keinen Antheil daran habe. O wie entſetzlich iſts zu ſehen, wie Satan faſt alle Hertzen ſo eiß-kalt gemacht, daß keine himmliſche Liebes-Flammen ſie mehr erwaͤrmen koͤnnen! Wanns hoch kommt, ſo haben ſie eine ſinnliche Weyhnachts-Freud in der alten ungebroche- nen, ungekreutzigten Natur, eine Freud, die wie der Morgen-Thau vergehet c, und kaum ein paar Stund waͤhret; Und da wurden ſie das gantze Jahr nicht einen Geſang von der Menſchwerdung des Sohns GOttes vor ſich nehmen, Safft und Krafft daraus zu ſau- gen, als wann diß groſſe Geheimniß der Gottſeligkeit nicht alle Tag und Stund ſeine Frucht tragen ſollte. O weh! daß ſo ſehr wenige JEſum recht wiſſen zu gebrauchen; Darum iſt kein Wunder, daß GOttes Zorn brennet uͤber der Chriſtenheit, weil faſt jedermann die- ſes Kind mit ſtuͤndlichem Welt-Leben aufs neue kreutziget d mit Zorn, Haß, Neid, Unbarmhertzigkeit; Jn Koth wirfft allerhand Geluͤſten der vergiffteten Sinnen, indem man den ſtinckenden Unflath der Fleiſches- Luͤſten nicht von Hertzen verabſcheuet, und Wurtzel-rein hinaus fe- get e, vielmehr ſeine Seel mit dieſem Hoͤllen-Koth beſpruͤtzen und befle- cken laͤßt, und gleichwohl dabey meynt, JEſus der Allerhoͤchſte ſolle das Deren de- nen dieſe Geburt gantz gleichguͤl- tig iſt. a 1 Joh. III. 3. b Act. VIII. 2. c Hoſ. VI. 4. d Hebr. VI. 6. e Apoc. III. 4. K k k k

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/721>, abgerufen am 22.12.2024.