keit bedürfftig, Göttlicher Hülff nöthig und begierig, so freue dich und bitte getrost, was du gern haben willt, von GOtt, daß er dir thüe und gebe, es wird dir um dieses Kindleins willen nichts gutes abgeschlagen werden vor dem Thron der Gnaden a; Hat dir GOtt seinen eigenen Sohn geschencket, was sollte er dir hinführo versagen? Und damit du es fein wohl wissest, dein JEsus kommt nicht nur darum daß du könntest seelig werden, sondern damit du würcklich seelig wurdest; sein Rath bestehet und ist unwandelbahr.
Das dritte Capitel. Die Ursachen dieser armseligen Geburt JESU.
Die Ursa- chen seiner armseli- gen Ge- burt seynd: Weilen er sich eine Zeitlang wollte ver- borgen halten.
§. 1. Sagst du aber, warum der ewige GOtt sich so tieff erniedriget, daß er in der Bärmutter einer armen Magd gelegen, und in schwacher, blöder, so vielen Ungelegenheiten unterworffener Kindheit habe wollen aufwachsen; Warum er nicht wie Adam im Paradieß auf Erden kommen?
§. 2. Antwort. I. Jsraels Erlöser hat sich wollen eine Zeitlang verborgen halten, und nur von Gläubigen heimlich genossen werden, theils ein tieff Geheimniß zu bedeuten, worvon jetzt nicht zu reden, theils damit es ohne Gepräng zugehe b, und die Welt es nicht ach- te, wer und was er seye, wann er wie ein ander Adams-Kind wach- se, und von Elteren auferzogen werde c; Kurtz, JEsus hat nicht grad ein grosses Wesen wollen machen in der Welt mit seiner An- kunfft, welches geschehen wäre, wann er alsobald erschienen wäre wie Adam, in vollkommener Grösse. Das ist GOttes Weise, daß er sein Werck vor der Vernunfft verächtlich vornimmt, und es gar schlecht anfahet; aus einem kleinem Saamen oder Kern wird zuletzt ein köstlich Gewächs, ein grosser Baum, wiewohl nicht in einer Wochen. Wer einen Verklärten am Jüngsten Tag sollte sehen gläntzen, wie die Sonne ins Vatters Reich, könnte sich nicht ein- bilden, daß es eben der Mensch seye, den er in den ersten Anfängen seiner Bekehrung gekannt. Wer hätte gemeynt, den weynenden Mosen im Bintzen-Kästlein sehend, daß es ein so herrlicher Wun-
der-
aJoh. XIV. Rom. VIII. 32.
bLuc. XVII. 20.
cAmos V. 18.
Weyhnachts-Gedancken.
keit beduͤrfftig, Goͤttlicher Huͤlff noͤthig und begierig, ſo freue dich und bitte getroſt, was du gern haben willt, von GOtt, daß er dir thuͤe und gebe, es wird dir um dieſes Kindleins willen nichts gutes abgeſchlagen werden vor dem Thron der Gnaden a; Hat dir GOtt ſeinen eigenen Sohn geſchencket, was ſollte er dir hinfuͤhro verſagen? Und damit du es fein wohl wiſſeſt, dein JEſus kommt nicht nur darum daß du koͤnnteſt ſeelig werden, ſondern damit du wuͤrcklich ſeelig wurdeſt; ſein Rath beſtehet und iſt unwandelbahr.
Das dritte Capitel. Die Urſachen dieſer armſeligen Geburt JESU.
Die Urſa- chen ſeiner armſeli- gen Ge- burt ſeynd: Weilen er ſich eine Zeitlang wollte ver- borgen halten.
§. 1. Sagſt du aber, warum der ewige GOtt ſich ſo tieff erniedriget, daß er in der Baͤrmutter einer armen Magd gelegen, und in ſchwacher, bloͤder, ſo vielen Ungelegenheiten unterworffener Kindheit habe wollen aufwachſen; Warum er nicht wie Adam im Paradieß auf Erden kommen?
§. 2. Antwort. I. Jſraels Erloͤſer hat ſich wollen eine Zeitlang verborgen halten, und nur von Glaͤubigen heimlich genoſſen werden, theils ein tieff Geheimniß zu bedeuten, worvon jetzt nicht zu reden, theils damit es ohne Gepraͤng zugehe b, und die Welt es nicht ach- te, wer und was er ſeye, wann er wie ein ander Adams-Kind wach- ſe, und von Elteren auferzogen werde c; Kurtz, JEſus hat nicht grad ein groſſes Weſen wollen machen in der Welt mit ſeiner An- kunfft, welches geſchehen waͤre, wann er alſobald erſchienen waͤre wie Adam, in vollkommener Groͤſſe. Das iſt GOttes Weiſe, daß er ſein Werck vor der Vernunfft veraͤchtlich vornimmt, und es gar ſchlecht anfahet; aus einem kleinem Saamen oder Kern wird zuletzt ein koͤſtlich Gewaͤchs, ein groſſer Baum, wiewohl nicht in einer Wochen. Wer einen Verklaͤrten am Juͤngſten Tag ſollte ſehen glaͤntzen, wie die Sonne ins Vatters Reich, koͤnnte ſich nicht ein- bilden, daß es eben der Menſch ſeye, den er in den erſten Anfaͤngen ſeiner Bekehrung gekannt. Wer haͤtte gemeynt, den weynenden Moſen im Bintzen-Kaͤſtlein ſehend, daß es ein ſo herrlicher Wun-
der-
aJoh. XIV. Rom. VIII. 32.
bLuc. XVII. 20.
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Weyhnachts-Gedancken.
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thuͤe und gebe, es wird dir um dieſes Kindleins willen nichts gutes
abgeſchlagen werden vor dem Thron der Gnaden a; Hat dir GOtt
ſeinen eigenen Sohn geſchencket, was ſollte er dir hinfuͤhro verſagen?
Und damit du es fein wohl wiſſeſt, dein JEſus kommt nicht nur
darum daß du koͤnnteſt ſeelig werden, ſondern damit du wuͤrcklich
ſeelig wurdeſt; ſein Rath beſtehet und iſt unwandelbahr.
Das dritte Capitel.
Die Urſachen dieſer armſeligen Geburt JESU.
§. 1. Sagſt du aber, warum der ewige GOtt ſich ſo tieff
erniedriget, daß er in der Baͤrmutter einer armen Magd gelegen,
und in ſchwacher, bloͤder, ſo vielen Ungelegenheiten unterworffener
Kindheit habe wollen aufwachſen; Warum er nicht wie Adam im
Paradieß auf Erden kommen?
§. 2. Antwort. I. Jſraels Erloͤſer hat ſich wollen eine Zeitlang
verborgen halten, und nur von Glaͤubigen heimlich genoſſen werden,
theils ein tieff Geheimniß zu bedeuten, worvon jetzt nicht zu reden,
theils damit es ohne Gepraͤng zugehe b, und die Welt es nicht ach-
te, wer und was er ſeye, wann er wie ein ander Adams-Kind wach-
ſe, und von Elteren auferzogen werde c; Kurtz, JEſus hat nicht
grad ein groſſes Weſen wollen machen in der Welt mit ſeiner An-
kunfft, welches geſchehen waͤre, wann er alſobald erſchienen waͤre
wie Adam, in vollkommener Groͤſſe. Das iſt GOttes Weiſe, daß
er ſein Werck vor der Vernunfft veraͤchtlich vornimmt, und es gar
ſchlecht anfahet; aus einem kleinem Saamen oder Kern wird zuletzt
ein koͤſtlich Gewaͤchs, ein groſſer Baum, wiewohl nicht in einer
Wochen. Wer einen Verklaͤrten am Juͤngſten Tag ſollte ſehen
glaͤntzen, wie die Sonne ins Vatters Reich, koͤnnte ſich nicht ein-
bilden, daß es eben der Menſch ſeye, den er in den erſten Anfaͤngen
ſeiner Bekehrung gekannt. Wer haͤtte gemeynt, den weynenden
Moſen im Bintzen-Kaͤſtlein ſehend, daß es ein ſo herrlicher Wun-
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a Joh. XIV. Rom. VIII. 32.
b Luc. XVII. 20.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/698>, abgerufen am 22.12.2024.
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