da würde man offt von Angst und Jammer hören, wann die Leut nur acht haben wollten, wie die Seel vor GOttes Majestät zu er- scheinen geschickt sey, oder wann die Leut sich nicht schämeten zu sa- gen wie es ihnen ums Hertz wäre, und darmit fahret ein jeder an sei- nen Ort.
§. 11. Aus diesem allem aber siehest du, daß einer in vielen Tu-Man kan viel Gutes thun und doch noch heydnisch seyn. genden einher gehen, gerecht handlen, gegen jedermann gütig, freundlich und dienstlich seyn, sich ums Vatterland verdient machen, vielen Leuten nutz seyn, Schand und Laster meiden, an anderen be- straffen, von seinem Gewissen innwendig gezüchtiget werden; ja von seinem erschröcklichen Donner so hart erschröcket, und in die Enge getrieben, gantz zahm und geschmeidig gemacht werden kan eine Zeitlang, (daß man sich wohl schmeichlet, wie harten Buß-Kampf man überstritten habe) hieneben kan man in seinen vermeinten Buß- Wercken auch süsse Empfindungen haben, nach seinen Kräfften und Vermögen Gottsdienstlich leben, sehr vieles thun, die Gottheit zu versöhnen und Gunst zu finden, (ja wohl gar Göttliche Träume, Gesichter und Offenbahrungen haben) und dannoch bey dem allem in GOttes Augen nicht besser seyn als ein Heyd; ohne daß es einem im finsteren Heydenthum Gebohrenen und Aufgewachsenen, erträg- licher ergehen wird am Tag des Gerichts als demjenigen, der das Evangelium gehört, demselbigen aber nicht gemäß gewandlet, noch seine Heiligung nach desselben Handleitung mit Ernst zu vollenden getrachtet. Siehe Cocccjum über Jac. 4, 17.
Das zweyte Capitel. Von der Pharisäerey.
§. 1. Diese finstere Heyden-Schaar, die den Vorhof betretten,Beschrei- bung der Pharisäi- schen Christen. und ins Erbtheil des HErrn eingebrochen, machet wohl den grösten Hauffen, so Häuser, Tempel, Gassen, Städt und Dörffer anfül- let; Allein es ist da noch ein Art, die sich rein duncket, wiewohl sie von ihrem Unflat nicht gewaschen ist, die gleichwie jene zum Glauben untüchtig, an Sinn und Gewissen befleckte Menschen, die wohl mercken, daß ein Welt-förmig Leben unfehlbar in die Verdammnuß
führet,
(b 2)
da wuͤrde man offt von Angſt und Jammer hoͤren, wann die Leut nur acht haben wollten, wie die Seel vor GOttes Majeſtaͤt zu er- ſcheinen geſchickt ſey, oder wann die Leut ſich nicht ſchaͤmeten zu ſa- gen wie es ihnen ums Hertz waͤre, und darmit fahret ein jeder an ſei- nen Ort.
§. 11. Aus dieſem allem aber ſieheſt du, daß einer in vielen Tu-Man kan viel Gutes thun und doch noch heydniſch ſeyn. genden einher gehen, gerecht handlen, gegen jedermann guͤtig, freundlich und dienſtlich ſeyn, ſich ums Vatterland verdient machen, vielen Leuten nutz ſeyn, Schand und Laſter meiden, an anderen be- ſtraffen, von ſeinem Gewiſſen innwendig gezuͤchtiget werden; ja von ſeinem erſchroͤcklichen Donner ſo hart erſchroͤcket, und in die Enge getrieben, gantz zahm und geſchmeidig gemacht werden kan eine Zeitlang, (daß man ſich wohl ſchmeichlet, wie harten Buß-Kampf man uͤberſtritten habe) hieneben kan man in ſeinen vermeinten Buß- Wercken auch ſuͤſſe Empfindungen haben, nach ſeinen Kraͤfften und Vermoͤgen Gottsdienſtlich leben, ſehr vieles thun, die Gottheit zu verſoͤhnen und Gunſt zu finden, (ja wohl gar Goͤttliche Traͤume, Geſichter und Offenbahrungen haben) und dannoch bey dem allem in GOttes Augen nicht beſſer ſeyn als ein Heyd; ohne daß es einem im finſteren Heydenthum Gebohrenen und Aufgewachſenen, ertraͤg- licher ergehen wird am Tag des Gerichts als demjenigen, der das Evangelium gehoͤrt, demſelbigen aber nicht gemaͤß gewandlet, noch ſeine Heiligung nach deſſelben Handleitung mit Ernſt zu vollenden getrachtet. Siehe Cocccjum uͤber Jac. 4, 17.
Das zweyte Capitel. Von der Phariſaͤerey.
§. 1. Dieſe finſtere Heyden-Schaar, die den Vorhof betretten,Beſchrei- bung der Phariſaͤi- ſchen Chriſten. und ins Erbtheil des HErrn eingebrochen, machet wohl den groͤſten Hauffen, ſo Haͤuſer, Tempel, Gaſſen, Staͤdt und Doͤrffer anfuͤl- let; Allein es iſt da noch ein Art, die ſich rein duncket, wiewohl ſie von ihrem Unflat nicht gewaſchen iſt, die gleichwie jene zum Glauben untuͤchtig, an Sinn und Gewiſſen befleckte Menſchen, die wohl mercken, daß ein Welt-foͤrmig Leben unfehlbar in die Verdammnuß
fuͤhret,
(b 2)
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da wuͤrde man offt von Angſt und Jammer hoͤren, wann die Leut
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ſcheinen geſchickt ſey, oder wann die Leut ſich nicht ſchaͤmeten zu ſa-
gen wie es ihnen ums Hertz waͤre, und darmit fahret ein jeder an ſei-
nen Ort.
§. 11. Aus dieſem allem aber ſieheſt du, daß einer in vielen Tu-
genden einher gehen, gerecht handlen, gegen jedermann guͤtig,
freundlich und dienſtlich ſeyn, ſich ums Vatterland verdient machen,
vielen Leuten nutz ſeyn, Schand und Laſter meiden, an anderen be-
ſtraffen, von ſeinem Gewiſſen innwendig gezuͤchtiget werden; ja
von ſeinem erſchroͤcklichen Donner ſo hart erſchroͤcket, und in die
Enge getrieben, gantz zahm und geſchmeidig gemacht werden kan eine
Zeitlang, (daß man ſich wohl ſchmeichlet, wie harten Buß-Kampf
man uͤberſtritten habe) hieneben kan man in ſeinen vermeinten Buß-
Wercken auch ſuͤſſe Empfindungen haben, nach ſeinen Kraͤfften und
Vermoͤgen Gottsdienſtlich leben, ſehr vieles thun, die Gottheit zu
verſoͤhnen und Gunſt zu finden, (ja wohl gar Goͤttliche Traͤume,
Geſichter und Offenbahrungen haben) und dannoch bey dem allem
in GOttes Augen nicht beſſer ſeyn als ein Heyd; ohne daß es einem
im finſteren Heydenthum Gebohrenen und Aufgewachſenen, ertraͤg-
licher ergehen wird am Tag des Gerichts als demjenigen, der das
Evangelium gehoͤrt, demſelbigen aber nicht gemaͤß gewandlet, noch
ſeine Heiligung nach deſſelben Handleitung mit Ernſt zu vollenden
getrachtet. Siehe Cocccjum uͤber Jac. 4, 17.
Man kan
viel Gutes
thun und
doch noch
heydniſch
ſeyn.
Das zweyte Capitel.
Von der Phariſaͤerey.
§. 1. Dieſe finſtere Heyden-Schaar, die den Vorhof betretten,
und ins Erbtheil des HErrn eingebrochen, machet wohl den groͤſten
Hauffen, ſo Haͤuſer, Tempel, Gaſſen, Staͤdt und Doͤrffer anfuͤl-
let; Allein es iſt da noch ein Art, die ſich rein duncket, wiewohl ſie
von ihrem Unflat nicht gewaſchen iſt, die gleichwie jene zum Glauben
untuͤchtig, an Sinn und Gewiſſen befleckte Menſchen, die wohl
mercken, daß ein Welt-foͤrmig Leben unfehlbar in die Verdammnuß
fuͤhret,
Beſchrei-
bung der
Phariſaͤi-
ſchen
Chriſten.
(b 2)
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/67>, abgerufen am 22.12.2024.
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