NJemals hat der Author durch Schrifften in der Welt bekannt zu werden gedacht. JESUS, unser GOTT und Hochgebenedeyte Haupt seiner Gemein, leitete es also; Weilen seine Gütigkeit eine Begierd in frommen Hertzen erwecket, was gedrucktes von ihme zuhaben. Der GOtt der Herrlichkeit, der Heilige und Warhaff- tige, hat ihme durch mancherley Gerichte und wunderbare Führun- gen zernichtet, ausgeläret und gelehret, wie doch alle Menschen-Wercke so gar nichts seyen, und nichts gelten vor GOttes gerechtem Richterstuhl; wie da nichts bestehe als Christi Gerechtigkeit, in so weit selbige als das allertheuerste Gnaden-Geschenck selbs aus GOttes Hand mit begierigem Glaubens-Hunger angenommen, als ein himmlisches Kleid wesentlich angezogen und zur Schöpf- fung, Ernehrung und Vermehrung der neuen Creatur mit ehrerbietiger Sorg- falt angewandt wird: welches der arme Scribent nicht nur in Schulen erlernet, sonderen aus tieffer Erfahrung erkannt hat. Daher reinigte ihn der Vater un- sers HErren JEsu Christi, als eine Rebe an diesem Göttlichen Weinstock von allen unlauteren Absichten; ja er mußte manchen schmertzlichen Schnitt und Be- schämung fühlen über sein eigenes Zeugniß, da er wohl offt im Vorschmack emp- fand die strenge Anforderung des nahen Richters, wofern mit den empfangenen Einsichten der Glaubens-Gehorsam nicht augenblicklich übereinstimmete; zuma- len auch der behende Ankläger, was man geschrieben, zur Beunruhigung des Gewissens aufweiset und die zitternde Seele gleichsam unter die scharffe Frage nimmt, ob man auch beständig practisirt und ausgeübet habe, was man andern, als zum Himmelreich unumgänglich nöthig, so derbe angedrungen. Freylich ist Reden und Schreiben süß und lieblich, und kostet nicht viel; aber Thun und Lei- den ist bitter, bringt alles ins Verlaugnen und Sterben, bleibet anbey ewig, da je- nes nach einem kleinen Gläntzlein wie ein Morgenthau verschwindet. Summa: er hat wohl geprüfft, daß zur Zeit der Anfechtung nichts dem Hertzen Ruhe, Fried und Freude bringt, als das grosse Werck der Erlösung Christi und die süsse Zuversicht in des Vaters Huld und Gunst, durch das Göttliche Liebes-Blut JE- su, für der verlohrnen Welt Heyl am Oelberg und hernach vergossen: Dieser Glaube allein weltzet den Angst-Stein vom Hertzen, daß die durstige Seele Was- ser der Seligkeit, Erleuchtung, Gnad, Heiligung aus dem reichen, klaren, offenen
Frie-
)( 2
Vorrede.
NJemals hat der Author durch Schrifften in der Welt bekannt zu werden gedacht. JESUS, unſer GOTT und Hochgebenedeyte Haupt ſeiner Gemein, leitete es alſo; Weilen ſeine Guͤtigkeit eine Begierd in frommen Hertzen erwecket, was gedrucktes von ihme zuhaben. Der GOtt der Herrlichkeit, der Heilige und Warhaff- tige, hat ihme durch mancherley Gerichte und wunderbare Fuͤhrun- gen zernichtet, ausgelaͤret und gelehret, wie doch alle Menſchen-Wercke ſo gar nichts ſeyen, und nichts gelten vor GOttes gerechtem Richterſtuhl; wie da nichts beſtehe als Chriſti Gerechtigkeit, in ſo weit ſelbige als das allertheuerſte Gnaden-Geſchenck ſelbs aus GOttes Hand mit begierigem Glaubens-Hunger angenommen, als ein himmliſches Kleid weſentlich angezogen und zur Schoͤpf- fung, Ernehrung und Vermehrung der neuen Creatur mit ehrerbietiger Sorg- falt angewandt wird: welches der arme Scribent nicht nur in Schulen erlernet, ſonderen aus tieffer Erfahrung erkannt hat. Daher reinigte ihn der Vater un- ſers HErren JEſu Chriſti, als eine Rebe an dieſem Goͤttlichen Weinſtock von allen unlauteren Abſichten; ja er mußte manchen ſchmertzlichen Schnitt und Be- ſchaͤmung fuͤhlen uͤber ſein eigenes Zeugniß, da er wohl offt im Vorſchmack emp- fand die ſtrenge Anforderung des nahen Richters, wofern mit den empfangenen Einſichten der Glaubens-Gehorſam nicht augenblicklich uͤbereinſtimmete; zuma- len auch der behende Anklaͤger, was man geſchrieben, zur Beunruhigung des Gewiſſens aufweiſet und die zitternde Seele gleichſam unter die ſcharffe Frage nimmt, ob man auch beſtaͤndig practiſirt und ausgeuͤbet habe, was man andern, als zum Himmelreich unumgaͤnglich noͤthig, ſo derbe angedrungen. Freylich iſt Reden und Schreiben ſuͤß und lieblich, und koſtet nicht viel; aber Thun und Lei- den iſt bitter, bringt alles ins Verlaugnen und Sterben, bleibet anbey ewig, da je- nes nach einem kleinen Glaͤntzlein wie ein Morgenthau verſchwindet. Summa: er hat wohl gepruͤfft, daß zur Zeit der Anfechtung nichts dem Hertzen Ruhe, Fried und Freude bringt, als das groſſe Werck der Erloͤſung Chriſti und die ſuͤſſe Zuverſicht in des Vaters Huld und Gunſt, durch das Goͤttliche Liebes-Blut JE- ſu, fuͤr der verlohrnen Welt Heyl am Oelberg und hernach vergoſſen: Dieſer Glaube allein weltzet den Angſt-Stein vom Hertzen, daß die durſtige Seele Waſ- ſer der Seligkeit, Erleuchtung, Gnad, Heiligung aus dem reichen, klaren, offenen
Frie-
)( 2
<TEI><text><front><pbfacs="#f0035"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>Jemals hat der <hirendition="#aq">Author</hi> durch Schrifften in der Welt bekannt zu<lb/>
werden gedacht. JESUS, unſer GOTT und Hochgebenedeyte<lb/>
Haupt ſeiner Gemein, leitete es alſo; Weilen ſeine Guͤtigkeit eine<lb/>
Begierd in frommen Hertzen erwecket, was gedrucktes von ihme<lb/>
zuhaben. Der GOtt der Herrlichkeit, der Heilige und Warhaff-<lb/>
tige, hat ihme durch mancherley Gerichte und wunderbare Fuͤhrun-<lb/>
gen zernichtet, ausgelaͤret und gelehret, wie doch alle Menſchen-Wercke ſo gar<lb/>
nichts ſeyen, und nichts gelten vor GOttes gerechtem Richterſtuhl; wie da<lb/>
nichts beſtehe als Chriſti Gerechtigkeit, in ſo weit ſelbige als das allertheuerſte<lb/>
Gnaden-Geſchenck ſelbs aus GOttes Hand mit begierigem Glaubens-Hunger<lb/>
angenommen, als ein himmliſches Kleid weſentlich angezogen und zur Schoͤpf-<lb/>
fung, Ernehrung und Vermehrung der neuen Creatur mit ehrerbietiger Sorg-<lb/>
falt angewandt wird: welches der arme Scribent nicht nur in Schulen erlernet,<lb/>ſonderen aus tieffer Erfahrung erkannt hat. Daher reinigte ihn der Vater un-<lb/>ſers HErren JEſu Chriſti, als eine Rebe an dieſem Goͤttlichen Weinſtock von<lb/>
allen unlauteren Abſichten; ja er mußte manchen ſchmertzlichen Schnitt und Be-<lb/>ſchaͤmung fuͤhlen uͤber ſein eigenes Zeugniß, da er wohl offt im Vorſchmack emp-<lb/>
fand die ſtrenge Anforderung des nahen Richters, wofern mit den empfangenen<lb/>
Einſichten der Glaubens-Gehorſam nicht augenblicklich uͤbereinſtimmete; zuma-<lb/>
len auch der behende Anklaͤger, was man geſchrieben, zur Beunruhigung des<lb/>
Gewiſſens aufweiſet und die zitternde Seele gleichſam unter die ſcharffe Frage<lb/>
nimmt, ob man auch beſtaͤndig practiſirt und ausgeuͤbet habe, was man andern,<lb/>
als zum Himmelreich unumgaͤnglich noͤthig, ſo derbe angedrungen. Freylich iſt<lb/>
Reden und Schreiben ſuͤß und lieblich, und koſtet nicht viel; aber Thun und Lei-<lb/>
den iſt bitter, bringt alles ins Verlaugnen und Sterben, bleibet anbey ewig, da je-<lb/>
nes nach einem kleinen Glaͤntzlein wie ein Morgenthau verſchwindet. Summa:<lb/>
er hat wohl gepruͤfft, daß zur Zeit der Anfechtung nichts dem Hertzen Ruhe,<lb/>
Fried und Freude bringt, als das groſſe Werck der Erloͤſung Chriſti und die ſuͤſſe<lb/>
Zuverſicht in des Vaters Huld und Gunſt, durch das Goͤttliche Liebes-Blut JE-<lb/>ſu, fuͤr der verlohrnen Welt Heyl am Oelberg und hernach vergoſſen: Dieſer<lb/>
Glaube allein weltzet den Angſt-Stein vom Hertzen, daß die durſtige Seele Waſ-<lb/>ſer der Seligkeit, Erleuchtung, Gnad, Heiligung aus dem reichen, klaren, offenen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">)( 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Frie-</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0035]
Vorrede.
NJemals hat der Author durch Schrifften in der Welt bekannt zu
werden gedacht. JESUS, unſer GOTT und Hochgebenedeyte
Haupt ſeiner Gemein, leitete es alſo; Weilen ſeine Guͤtigkeit eine
Begierd in frommen Hertzen erwecket, was gedrucktes von ihme
zuhaben. Der GOtt der Herrlichkeit, der Heilige und Warhaff-
tige, hat ihme durch mancherley Gerichte und wunderbare Fuͤhrun-
gen zernichtet, ausgelaͤret und gelehret, wie doch alle Menſchen-Wercke ſo gar
nichts ſeyen, und nichts gelten vor GOttes gerechtem Richterſtuhl; wie da
nichts beſtehe als Chriſti Gerechtigkeit, in ſo weit ſelbige als das allertheuerſte
Gnaden-Geſchenck ſelbs aus GOttes Hand mit begierigem Glaubens-Hunger
angenommen, als ein himmliſches Kleid weſentlich angezogen und zur Schoͤpf-
fung, Ernehrung und Vermehrung der neuen Creatur mit ehrerbietiger Sorg-
falt angewandt wird: welches der arme Scribent nicht nur in Schulen erlernet,
ſonderen aus tieffer Erfahrung erkannt hat. Daher reinigte ihn der Vater un-
ſers HErren JEſu Chriſti, als eine Rebe an dieſem Goͤttlichen Weinſtock von
allen unlauteren Abſichten; ja er mußte manchen ſchmertzlichen Schnitt und Be-
ſchaͤmung fuͤhlen uͤber ſein eigenes Zeugniß, da er wohl offt im Vorſchmack emp-
fand die ſtrenge Anforderung des nahen Richters, wofern mit den empfangenen
Einſichten der Glaubens-Gehorſam nicht augenblicklich uͤbereinſtimmete; zuma-
len auch der behende Anklaͤger, was man geſchrieben, zur Beunruhigung des
Gewiſſens aufweiſet und die zitternde Seele gleichſam unter die ſcharffe Frage
nimmt, ob man auch beſtaͤndig practiſirt und ausgeuͤbet habe, was man andern,
als zum Himmelreich unumgaͤnglich noͤthig, ſo derbe angedrungen. Freylich iſt
Reden und Schreiben ſuͤß und lieblich, und koſtet nicht viel; aber Thun und Lei-
den iſt bitter, bringt alles ins Verlaugnen und Sterben, bleibet anbey ewig, da je-
nes nach einem kleinen Glaͤntzlein wie ein Morgenthau verſchwindet. Summa:
er hat wohl gepruͤfft, daß zur Zeit der Anfechtung nichts dem Hertzen Ruhe,
Fried und Freude bringt, als das groſſe Werck der Erloͤſung Chriſti und die ſuͤſſe
Zuverſicht in des Vaters Huld und Gunſt, durch das Goͤttliche Liebes-Blut JE-
ſu, fuͤr der verlohrnen Welt Heyl am Oelberg und hernach vergoſſen: Dieſer
Glaube allein weltzet den Angſt-Stein vom Hertzen, daß die durſtige Seele Waſ-
ſer der Seligkeit, Erleuchtung, Gnad, Heiligung aus dem reichen, klaren, offenen
Frie-
)( 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/35>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.