Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

ewige Sternen-Himmel.
wohl ein unzahlbare Menge, wie dann Hieronymus schon zu seiner Zeit
57. Millionen Blutzeugen gezehlet hat, allein die herrlichsten Wun-
der sind auf das End der Tagen aufgespart, das Beste zuletzt. Es
mag nun so lang gehen, als es will, und sich alles dagegen empö-
ren, und alles den Krebsgang zu nehmen scheinen, so wird man
dennoch zuletzt müssen sagen: Es ist doch noch wahr worden, was
JESUS versprochen hat; wer jetzt die grausame Macht der dicke-
sten Finsternuß in der Heydenschafft, die entsetzliche und allen Wei-
sen und Schrifftgelehrten unüberwindliche Verstockung der Ju-
den als der natürlichen Kindern Abrahams, den Hohn-sprechenden
Ubermuth des Türckischen Reichs, und den gar zu gräulichen Ver-
fall der Christenheit und ihre bald äusserste Abweichung von Christi
Lehr und Leben betrachtet, und nach menschlichen Muthmassungen
von dieser Sach urtheilen will, dessen Vernunfft wird ausruffen:
O Abraham glaube du das vor dich selbst, daß JESUS endlich
auf der gantzen Erden erkannt, geliebet, und verherrlichet werden
werd von allen Geschlechteren der Erden! ich vor mein Theil kan kei-
nen andern Schluß machen, als: es werde nimmermehr nichts dar-
aus werden.

Das siebende Capitel.
Wie der Glaube und der Genuß der Gerechtigkeit mit gleichen Schrit-
ten gehen, und warum Moses erst jetzt dem Abraham das Zeugnuß gebe,
daß er geglaubt habe und gerechtfertiget worden seye?

§. 1. Aus dem 6. Vers sehen wir hiemit, daß nicht nur ange-Daß der
Glaube
auch den
bestätig-
ten Chri-
sten höchst
nothwen-
big seye.

hende und erstbekehrte Christen aus dem Glauben leben müssen, son-
dern auch in mancher Prob bewährte und in der Heiligung weit ge-
kommene Freunde GOttes müssen fort und fort an denen Gnaden-
Verheissungen sich vest halten, sich niemahls durch einige auch ho-
he, ausser-ordentliche Gab, Gnad oder Offenbahrung aus der De-
muth und Armuth des Geistes hinaus versetzen lassen; zumahl uns
nichts eher zu Fall bringt als freche Sicherheit und eigen Ver-
trauen; sehr schön ist die Bekanntnuß Lutheri: Er sauge noch in sei-
nem hohen Alter am Gebett des HErren, und an den Glaubens-
Articlen wie ein Kind. Abraham liesse kein gut Wörtgen aus dem

Mund

ewige Sternen-Himmel.
wohl ein unzahlbare Menge, wie dann Hieronymus ſchon zu ſeiner Zeit
57. Millionen Blutzeugen gezehlet hat, allein die herrlichſten Wun-
der ſind auf das End der Tagen aufgeſpart, das Beſte zuletzt. Es
mag nun ſo lang gehen, als es will, und ſich alles dagegen empoͤ-
ren, und alles den Krebsgang zu nehmen ſcheinen, ſo wird man
dennoch zuletzt muͤſſen ſagen: Es iſt doch noch wahr worden, was
JESUS verſprochen hat; wer jetzt die grauſame Macht der dicke-
ſten Finſternuß in der Heydenſchafft, die entſetzliche und allen Wei-
ſen und Schrifftgelehrten unuͤberwindliche Verſtockung der Ju-
den als der natuͤrlichen Kindern Abrahams, den Hohn-ſprechenden
Ubermuth des Tuͤrckiſchen Reichs, und den gar zu graͤulichen Ver-
fall der Chriſtenheit und ihre bald aͤuſſerſte Abweichung von Chriſti
Lehr und Leben betrachtet, und nach menſchlichen Muthmaſſungen
von dieſer Sach urtheilen will, deſſen Vernunfft wird ausruffen:
O Abraham glaube du das vor dich ſelbſt, daß JESUS endlich
auf der gantzen Erden erkannt, geliebet, und verherrlichet werden
werd von allen Geſchlechteren der Erden! ich vor mein Theil kan kei-
nen andern Schluß machen, als: es werde nimmermehr nichts dar-
aus werden.

Das ſiebende Capitel.
Wie der Glaube und der Genuß der Gerechtigkeit mit gleichen Schrit-
ten gehen, und warum Moſes erſt jetzt dem Abraham das Zeugnuß gebe,
daß er geglaubt habe und gerechtfertiget worden ſeye?

§. 1. Aus dem 6. Vers ſehen wir hiemit, daß nicht nur ange-Daß der
Glaube
auch den
beſtaͤtig-
ten Chri-
ſten hoͤchſt
nothwen-
big ſeye.

hende und erſtbekehrte Chriſten aus dem Glauben leben muͤſſen, ſon-
dern auch in mancher Prob bewaͤhrte und in der Heiligung weit ge-
kommene Freunde GOttes muͤſſen fort und fort an denen Gnaden-
Verheiſſungen ſich veſt halten, ſich niemahls durch einige auch ho-
he, auſſer-ordentliche Gab, Gnad oder Offenbahrung aus der De-
muth und Armuth des Geiſtes hinaus verſetzen laſſen; zumahl uns
nichts eher zu Fall bringt als freche Sicherheit und eigen Ver-
trauen; ſehr ſchoͤn iſt die Bekanntnuß Lutheri: Er ſauge noch in ſei-
nem hohen Alter am Gebett des HErren, und an den Glaubens-
Articlen wie ein Kind. Abraham lieſſe kein gut Woͤrtgen aus dem

Mund
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1055" n="959"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ewige Sternen-Himmel.</hi></fw><lb/>
wohl ein unzahlbare Menge, wie dann Hieronymus &#x017F;chon zu &#x017F;einer Zeit<lb/>
57. Millionen Blutzeugen gezehlet hat, allein die herrlich&#x017F;ten Wun-<lb/>
der &#x017F;ind auf das End der Tagen aufge&#x017F;part, das Be&#x017F;te zuletzt. Es<lb/>
mag nun &#x017F;o lang gehen, als es will, und &#x017F;ich alles dagegen empo&#x0364;-<lb/>
ren, und alles den Krebsgang zu nehmen &#x017F;cheinen, &#x017F;o wird man<lb/>
dennoch zuletzt mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;agen: Es i&#x017F;t doch noch wahr worden, was<lb/>
JESUS ver&#x017F;prochen hat; wer jetzt die grau&#x017F;ame Macht der dicke-<lb/>
&#x017F;ten Fin&#x017F;ternuß in der Heyden&#x017F;chafft, die ent&#x017F;etzliche und allen Wei-<lb/>
&#x017F;en und Schrifftgelehrten unu&#x0364;berwindliche Ver&#x017F;tockung der Ju-<lb/>
den als der natu&#x0364;rlichen Kindern Abrahams, den Hohn-&#x017F;prechenden<lb/>
Ubermuth des Tu&#x0364;rcki&#x017F;chen Reichs, und den gar zu gra&#x0364;ulichen Ver-<lb/>
fall der Chri&#x017F;tenheit und ihre bald a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Abweichung von Chri&#x017F;ti<lb/>
Lehr und Leben betrachtet, und nach men&#x017F;chlichen Muthma&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
von die&#x017F;er Sach urtheilen will, de&#x017F;&#x017F;en Vernunfft wird ausruffen:<lb/>
O Abraham glaube du das vor dich &#x017F;elb&#x017F;t, daß JESUS endlich<lb/>
auf der gantzen Erden erkannt, geliebet, und verherrlichet werden<lb/>
werd von allen Ge&#x017F;chlechteren der Erden! ich vor mein Theil kan kei-<lb/>
nen andern Schluß machen, als: es werde nimmermehr nichts dar-<lb/>
aus werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Wie der Glaube und der Genuß der Gerechtigkeit mit gleichen Schrit-<lb/>
ten gehen, und warum Mo&#x017F;es er&#x017F;t jetzt dem Abraham das Zeugnuß gebe,<lb/>
daß er geglaubt habe und gerechtfertiget worden &#x017F;eye?</hi> </head><lb/>
          <p>§. 1. Aus dem 6. Vers &#x017F;ehen wir hiemit, daß nicht nur ange-<note place="right">Daß der<lb/>
Glaube<lb/>
auch den<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;tig-<lb/>
ten Chri-<lb/>
&#x017F;ten ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
nothwen-<lb/>
big &#x017F;eye.</note><lb/>
hende und er&#x017F;tbekehrte Chri&#x017F;ten aus dem Glauben leben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;on-<lb/>
dern auch in mancher Prob bewa&#x0364;hrte und in der Heiligung weit ge-<lb/>
kommene Freunde GOttes mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fort und fort an denen Gnaden-<lb/>
Verhei&#x017F;&#x017F;ungen &#x017F;ich ve&#x017F;t halten, &#x017F;ich niemahls durch einige auch ho-<lb/>
he, au&#x017F;&#x017F;er-ordentliche Gab, Gnad oder Offenbahrung aus der De-<lb/>
muth und Armuth des Gei&#x017F;tes hinaus ver&#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en; zumahl uns<lb/>
nichts eher zu Fall bringt als freche Sicherheit und eigen Ver-<lb/>
trauen; &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n i&#x017F;t die Bekanntnuß Lutheri: Er &#x017F;auge noch in &#x017F;ei-<lb/>
nem hohen Alter am Gebett des HErren, und an den Glaubens-<lb/>
Articlen wie ein Kind. Abraham lie&#x017F;&#x017F;e kein gut Wo&#x0364;rtgen aus dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mund</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[959/1055] ewige Sternen-Himmel. wohl ein unzahlbare Menge, wie dann Hieronymus ſchon zu ſeiner Zeit 57. Millionen Blutzeugen gezehlet hat, allein die herrlichſten Wun- der ſind auf das End der Tagen aufgeſpart, das Beſte zuletzt. Es mag nun ſo lang gehen, als es will, und ſich alles dagegen empoͤ- ren, und alles den Krebsgang zu nehmen ſcheinen, ſo wird man dennoch zuletzt muͤſſen ſagen: Es iſt doch noch wahr worden, was JESUS verſprochen hat; wer jetzt die grauſame Macht der dicke- ſten Finſternuß in der Heydenſchafft, die entſetzliche und allen Wei- ſen und Schrifftgelehrten unuͤberwindliche Verſtockung der Ju- den als der natuͤrlichen Kindern Abrahams, den Hohn-ſprechenden Ubermuth des Tuͤrckiſchen Reichs, und den gar zu graͤulichen Ver- fall der Chriſtenheit und ihre bald aͤuſſerſte Abweichung von Chriſti Lehr und Leben betrachtet, und nach menſchlichen Muthmaſſungen von dieſer Sach urtheilen will, deſſen Vernunfft wird ausruffen: O Abraham glaube du das vor dich ſelbſt, daß JESUS endlich auf der gantzen Erden erkannt, geliebet, und verherrlichet werden werd von allen Geſchlechteren der Erden! ich vor mein Theil kan kei- nen andern Schluß machen, als: es werde nimmermehr nichts dar- aus werden. Das ſiebende Capitel. Wie der Glaube und der Genuß der Gerechtigkeit mit gleichen Schrit- ten gehen, und warum Moſes erſt jetzt dem Abraham das Zeugnuß gebe, daß er geglaubt habe und gerechtfertiget worden ſeye? §. 1. Aus dem 6. Vers ſehen wir hiemit, daß nicht nur ange- hende und erſtbekehrte Chriſten aus dem Glauben leben muͤſſen, ſon- dern auch in mancher Prob bewaͤhrte und in der Heiligung weit ge- kommene Freunde GOttes muͤſſen fort und fort an denen Gnaden- Verheiſſungen ſich veſt halten, ſich niemahls durch einige auch ho- he, auſſer-ordentliche Gab, Gnad oder Offenbahrung aus der De- muth und Armuth des Geiſtes hinaus verſetzen laſſen; zumahl uns nichts eher zu Fall bringt als freche Sicherheit und eigen Ver- trauen; ſehr ſchoͤn iſt die Bekanntnuß Lutheri: Er ſauge noch in ſei- nem hohen Alter am Gebett des HErren, und an den Glaubens- Articlen wie ein Kind. Abraham lieſſe kein gut Woͤrtgen aus dem Mund Daß der Glaube auch den beſtaͤtig- ten Chri- ſten hoͤchſt nothwen- big ſeye.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1055
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 959. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1055>, abgerufen am 23.11.2024.