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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] zum Einbruche machen solte. Den Römern
kam dieser Angriff der Reuterey so unvermu-
thet/ gleich als ob selbte aus den Wolcken geren-
net kämen. Und weil es unmöglich war gegen
sie einige Römische Reuterey durckzubringen/
litte ihr bestes Fußvolck unglaublichen Schiff-
bruch/ und ihre gantze Verfassung gerieth in hef-
tige Zerrüttung. Unter diesen Edelleuten war
auch dieser/ der für der Schlacht gegen die fremde
Königin den ebentheuerlichen Zweykampf aus-
geübt hatte. Dieser setzte ihm für/ seine Hertzhaff-
tigkeit nunmehr auch gegen Männer auszuü-
ben/ nachdem er durch eine ohne diß meist nur
zufällige Uberwindung eines Weibes mehr
Verkleinerung als Ehre erlangt zu haben ihm
einbildete. Mit denen Galliern/ deren Häupter
sich zwischen dem Fußvolcke ebenfals zu Pfer-
de befanden/ anzubinden/ war ihm auch nicht
anständig/ als derer erstern Sturm man zwar
für mehr als männlich/ ihren Verfolg des Kam-
pfes aber schlechter als weibisch hielt. Hiemit ge-
rieth er an den. Segesthes/ und rennte mit ver-
hängter Lantze Spornstreichs auf ihn zu. Se-
gesthes aber versetzte durch einen hefftigen Hau
seines Schwerdts so glückselig/ daß die Spitze der
Lantze ohne seine Berührung zur Erdenfiel. Hier-
auff verfolgten sie mit den Degen ihren Streit/
diesem Ritter aber sprang nach einem hefftigen
Gefechte die Klinge des Degens entzwey/ also
daß er sich ohne einige Waffen und dahero in
höchster Gefahr befand. Segesthes verfolgte
bey deisem Zufalle sein Glücke mit vielfältigen
Hieben. Alleine einem Hertzhafften ist kein
Degen zu kurtz/ und ein halber lang genug/
denn ein Schritt gegen seinem Feinde und ein
unverzagtes Hertze ersetzet/ was einem an Eisen
abgehet. Daher zernichtete er Segesthen/ mit
geschwindester Fürwerffung des Schildes und
Degenstrumpffs/ alle seine Streiche. End-
lich aber versetzte dieser dem Pferde einen zwey-
fachen Stoß in Hals. Dieses verursachte den
Ritter/ daß er/ ehe das verwundete Pferd stürtz-
[Spaltenumbruch] te/ mit einer fertigen Hurtigkeit aus dem Sat-
tel sprang/ und nicht nur auff die Füsse zu ste-
hen kam/ sondern auch auff dem Boden nebst
einem Todten einen entblösten Degen fand/
welchen er des Segesthes Pferde in einem Au-
genblicke so tieff in die Brust stach/ daß es also-
fort mit seinem Reuter entseelet zu Boden
sanck. Der Ritter gebrauchte sich dieses Vor-
theils mit hertzhaffter Geschwindigkeit/ sprang
dem auff den Rücken gefallenen Segesthes auf
den Hals/ und weil er wegen deß unter dem
Waffenrocke verborgenen Pantzers ihm etliche
vergebene Stiche versetzte/ riß er ihm mit aller
Gewalt den Helm vom Haupte/ um den Se-
gesthes die Gurgel mit samt dem Kopffe abzu-
schneiden. Hilff Himmel! rieff er/ vom Se-
gesthes bey seinem ersten Anblicke auffsprin-
gend/ und ließ mit einer hefftigen Bestürtzung
den auff-ihn gezückten Degen aus der Hand
fallen. Die Worte erstarben ihm auff den zit-
ternden Lippen/ und seine Glieder worden
unbeweglicher als eine Marmel-Seule/ also/
daß Segesthes ihn auffzureiben Zeit und Gele-
genheit genug gehabt hätte/ wenn nicht seine aus
dieser Bestürtzung empfundene Verwunderung
ihm Vernunfft und Glieder gebunden hätte.
Bey dieser Begebenheit erblickte Hertzog Herr-
mann Segesthens entwaffnetes Angesichte/
und griff ihn aus geschöpffter Verbitterung
nicht so bald mit empfindlichen Scheltworten:
Ha! Verräther des Vaterlandes! als mit der
Schärffe der bey handen habenden Waffen
an. Es würde auch der in voller Verwunde-
rung begriffene Segesthes einen gefährlichen
Streich bekommen haben/ wenn nicht der Ritter
den/ welchen er kurtz vorher hinzurichten so be-
gierig war/ mit Fürwerffung beyder Armen
gegen diesen unvermerckten Angriff beschirmet
hätte. Wovon er aber selbst verwundet war/
daß das Blut über die Waffen häuffig herab
floß. Dem Feldherrn kam diese Begeben-
heit eben so seltzam für/ und fuhr ihn mit grim-

migen

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] zum Einbruche machen ſolte. Den Roͤmern
kam dieſer Angriff der Reuterey ſo unvermu-
thet/ gleich als ob ſelbte aus den Wolcken geren-
net kaͤmen. Und weil es unmoͤglich war gegen
ſie einige Roͤmiſche Reuterey durckzubringen/
litte ihr beſtes Fußvolck unglaublichen Schiff-
bruch/ und ihre gantze Verfaſſung gerieth in hef-
tige Zerruͤttung. Unter dieſen Edelleuten war
auch dieſer/ der fuͤr der Schlacht gegen die fremde
Koͤnigin den ebentheuerlichen Zweykampf aus-
geuͤbt hatte. Dieſer ſetzte ihm fuͤr/ ſeine Hertzhaff-
tigkeit nunmehr auch gegen Maͤnner auszuuͤ-
ben/ nachdem er durch eine ohne diß meiſt nur
zufaͤllige Uberwindung eines Weibes mehr
Verkleinerung als Ehre erlangt zu haben ihm
einbildete. Mit denen Galliern/ deren Haͤupter
ſich zwiſchen dem Fußvolcke ebenfals zu Pfer-
de befanden/ anzubinden/ war ihm auch nicht
anſtaͤndig/ als derer erſtern Sturm man zwar
fuͤr mehr als maͤnnlich/ ihren Verfolg des Kam-
pfes aber ſchlechter als weibiſch hielt. Hiemit ge-
rieth er an den. Segeſthes/ und rennte mit ver-
haͤngter Lantze Spornſtreichs auf ihn zu. Se-
geſthes aber verſetzte durch einen hefftigen Hau
ſeines Schwerdts ſo gluͤckſelig/ daß die Spitze der
Lantze ohne ſeine Beruͤhrung zuꝛ Erdẽfiel. Hier-
auff verfolgten ſie mit den Degen ihren Streit/
dieſem Ritter aber ſprang nach einem hefftigen
Gefechte die Klinge des Degens entzwey/ alſo
daß er ſich ohne einige Waffen und dahero in
hoͤchſter Gefahr befand. Segeſthes verfolgte
bey deiſem Zufalle ſein Gluͤcke mit vielfaͤltigen
Hieben. Alleine einem Hertzhafften iſt kein
Degen zu kurtz/ und ein halber lang genug/
denn ein Schritt gegen ſeinem Feinde und ein
unverzagtes Hertze erſetzet/ was einem an Eiſen
abgehet. Daher zernichtete er Segeſthen/ mit
geſchwindeſter Fuͤrwerffung des Schildes und
Degenſtrumpffs/ alle ſeine Streiche. End-
lich aber verſetzte dieſer dem Pferde einen zwey-
fachen Stoß in Hals. Dieſes verurſachte den
Ritter/ daß er/ ehe das verwundete Pferd ſtuͤrtz-
[Spaltenumbruch] te/ mit einer fertigen Hurtigkeit aus dem Sat-
tel ſprang/ und nicht nur auff die Fuͤſſe zu ſte-
hen kam/ ſondern auch auff dem Boden nebſt
einem Todten einen entbloͤſten Degen fand/
welchen er des Segeſthes Pferde in einem Au-
genblicke ſo tieff in die Bruſt ſtach/ daß es alſo-
fort mit ſeinem Reuter entſeelet zu Boden
ſanck. Der Ritter gebrauchte ſich dieſes Vor-
theils mit hertzhaffter Geſchwindigkeit/ ſprang
dem auff den Ruͤcken gefallenen Segeſthes auf
den Hals/ und weil er wegen deß unter dem
Waffenrocke verborgenen Pantzers ihm etliche
vergebene Stiche verſetzte/ riß er ihm mit aller
Gewalt den Helm vom Haupte/ um den Se-
geſthes die Gurgel mit ſamt dem Kopffe abzu-
ſchneiden. Hilff Himmel! rieff er/ vom Se-
geſthes bey ſeinem erſten Anblicke auffſprin-
gend/ und ließ mit einer hefftigen Beſtuͤrtzung
den auff-ihn gezuͤckten Degen aus der Hand
fallen. Die Worte erſtarben ihm auff den zit-
ternden Lippen/ und ſeine Glieder worden
unbeweglicher als eine Marmel-Seule/ alſo/
daß Segeſthes ihn auffzureiben Zeit und Gele-
genheit genug gehabt haͤtte/ wenn nicht ſeine aus
dieſer Beſtuͤꝛtzung empfundene Verwundeꝛung
ihm Vernunfft und Glieder gebunden haͤtte.
Bey dieſer Begebenheit erblickte Hertzog Herr-
mann Segeſthens entwaffnetes Angeſichte/
und griff ihn aus geſchoͤpffter Verbitterung
nicht ſo bald mit empfindlichen Scheltworten:
Ha! Verraͤther des Vaterlandes! als mit der
Schaͤrffe der bey handen habenden Waffen
an. Es wuͤrde auch der in voller Verwunde-
rung begriffene Segeſthes einen gefaͤhrlichen
Streich bekommen haben/ wenn nicht der Ritteꝛ
den/ welchen er kurtz vorher hinzurichten ſo be-
gierig war/ mit Fuͤrwerffung beyder Armen
gegen dieſen unvermerckten Angriff beſchirmet
haͤtte. Wovon er aber ſelbſt verwundet war/
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heit eben ſo ſeltzam fuͤr/ und fuhr ihn mit grim-

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[47/0095] Arminius und Thußnelda. zum Einbruche machen ſolte. Den Roͤmern kam dieſer Angriff der Reuterey ſo unvermu- thet/ gleich als ob ſelbte aus den Wolcken geren- net kaͤmen. Und weil es unmoͤglich war gegen ſie einige Roͤmiſche Reuterey durckzubringen/ litte ihr beſtes Fußvolck unglaublichen Schiff- bruch/ und ihre gantze Verfaſſung gerieth in hef- tige Zerruͤttung. Unter dieſen Edelleuten war auch dieſer/ der fuͤr der Schlacht gegen die fremde Koͤnigin den ebentheuerlichen Zweykampf aus- geuͤbt hatte. Dieſer ſetzte ihm fuͤr/ ſeine Hertzhaff- tigkeit nunmehr auch gegen Maͤnner auszuuͤ- ben/ nachdem er durch eine ohne diß meiſt nur zufaͤllige Uberwindung eines Weibes mehr Verkleinerung als Ehre erlangt zu haben ihm einbildete. Mit denen Galliern/ deren Haͤupter ſich zwiſchen dem Fußvolcke ebenfals zu Pfer- de befanden/ anzubinden/ war ihm auch nicht anſtaͤndig/ als derer erſtern Sturm man zwar fuͤr mehr als maͤnnlich/ ihren Verfolg des Kam- pfes aber ſchlechter als weibiſch hielt. Hiemit ge- rieth er an den. Segeſthes/ und rennte mit ver- haͤngter Lantze Spornſtreichs auf ihn zu. Se- geſthes aber verſetzte durch einen hefftigen Hau ſeines Schwerdts ſo gluͤckſelig/ daß die Spitze der Lantze ohne ſeine Beruͤhrung zuꝛ Erdẽfiel. Hier- auff verfolgten ſie mit den Degen ihren Streit/ dieſem Ritter aber ſprang nach einem hefftigen Gefechte die Klinge des Degens entzwey/ alſo daß er ſich ohne einige Waffen und dahero in hoͤchſter Gefahr befand. Segeſthes verfolgte bey deiſem Zufalle ſein Gluͤcke mit vielfaͤltigen Hieben. Alleine einem Hertzhafften iſt kein Degen zu kurtz/ und ein halber lang genug/ denn ein Schritt gegen ſeinem Feinde und ein unverzagtes Hertze erſetzet/ was einem an Eiſen abgehet. Daher zernichtete er Segeſthen/ mit geſchwindeſter Fuͤrwerffung des Schildes und Degenſtrumpffs/ alle ſeine Streiche. End- lich aber verſetzte dieſer dem Pferde einen zwey- fachen Stoß in Hals. Dieſes verurſachte den Ritter/ daß er/ ehe das verwundete Pferd ſtuͤrtz- te/ mit einer fertigen Hurtigkeit aus dem Sat- tel ſprang/ und nicht nur auff die Fuͤſſe zu ſte- hen kam/ ſondern auch auff dem Boden nebſt einem Todten einen entbloͤſten Degen fand/ welchen er des Segeſthes Pferde in einem Au- genblicke ſo tieff in die Bruſt ſtach/ daß es alſo- fort mit ſeinem Reuter entſeelet zu Boden ſanck. Der Ritter gebrauchte ſich dieſes Vor- theils mit hertzhaffter Geſchwindigkeit/ ſprang dem auff den Ruͤcken gefallenen Segeſthes auf den Hals/ und weil er wegen deß unter dem Waffenrocke verborgenen Pantzers ihm etliche vergebene Stiche verſetzte/ riß er ihm mit aller Gewalt den Helm vom Haupte/ um den Se- geſthes die Gurgel mit ſamt dem Kopffe abzu- ſchneiden. Hilff Himmel! rieff er/ vom Se- geſthes bey ſeinem erſten Anblicke auffſprin- gend/ und ließ mit einer hefftigen Beſtuͤrtzung den auff-ihn gezuͤckten Degen aus der Hand fallen. Die Worte erſtarben ihm auff den zit- ternden Lippen/ und ſeine Glieder worden unbeweglicher als eine Marmel-Seule/ alſo/ daß Segeſthes ihn auffzureiben Zeit und Gele- genheit genug gehabt haͤtte/ wenn nicht ſeine aus dieſer Beſtuͤꝛtzung empfundene Verwundeꝛung ihm Vernunfft und Glieder gebunden haͤtte. Bey dieſer Begebenheit erblickte Hertzog Herr- mann Segeſthens entwaffnetes Angeſichte/ und griff ihn aus geſchoͤpffter Verbitterung nicht ſo bald mit empfindlichen Scheltworten: Ha! Verraͤther des Vaterlandes! als mit der Schaͤrffe der bey handen habenden Waffen an. Es wuͤrde auch der in voller Verwunde- rung begriffene Segeſthes einen gefaͤhrlichen Streich bekommen haben/ wenn nicht der Ritteꝛ den/ welchen er kurtz vorher hinzurichten ſo be- gierig war/ mit Fuͤrwerffung beyder Armen gegen dieſen unvermerckten Angriff beſchirmet haͤtte. Wovon er aber ſelbſt verwundet war/ daß das Blut uͤber die Waffen haͤuffig herab floß. Dem Feldherrn kam dieſe Begeben- heit eben ſo ſeltzam fuͤr/ und fuhr ihn mit grim- migen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/95>, abgerufen am 26.04.2024.