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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Erstes Buch
[Spaltenumbruch] ber würde verunehret/ wenn man sie selbst mit
zerbrechlichem Ertzt oder Steinen abbilden/ oder
in durch Menschen Hände gemachte Mauren
einschliessen wolte. Denn der grosse Umkreiß
der Welt sey der gröste/ eine andächtige Seele a-
ber der angenehmste Tempel Gottes. Ja das
kleineste Mooß/ das an den niedrigsten Stau-
den wächst/ sey die Grösse Gottes fürzubilden
groß genug. Der geringste Wurm diene zum
Beweißthume seiner lebhafften Gegenwart
und unendlichen Versehung. Dahero auch
Pythagoras seinen Nachfolgern auffs schärffste
verbot/ keinen Ring/ oder was anders/ darein
Gottes Bild gegraben wäre/ zu tragen. Hier-
durch auch sie zugleich erinnerte: daß sie ihre
Glaubens-Geheimniße von GOtt bey dem al-
bern Pöfel nicht gar zu gemein machen solten.
Nichts minder hat Numa verboten/ GOtt
durch eines Menschen oder Thieres Bild für-
zustellen/ weil es verkleinerlich wäre/ das höch-
ste Ding mit so geringen zu vergleichen/ und
die unsichtbare Unbegreiffligkeit durch die Au-
gen denen Sterblichen gemein zu machen. Wie-
wohl hernach mit dem Verderb der Römischen
Sitten auch diese einschlich: daß sie/ nach Ge-
wohnheit der Egyptier/ auch ihrer in Edelge-
steine geschnittener Götter Bildniße mit Rin-
gen an Fingern trugen.

Der Priester Libys/ ein steinalter Mann/
dessen eyßgraues Haar zwar den Schimmel
der Zeit/ und die Vergänglichkeit des Leibes/
sein munteres Antlitz aber gleichsam ein Vor-
bild der unsterblichen Seele darstellte/ trat aus
der Höle diesen Deutschen Helden entgegen/ und
erweckte so wohl gegen ihm als diesem heiligen
Ort eine ungemeine Ehrerbietung; Zumal die
Deutschen ohne diß gegen ihre Priester grössere
als gegen Könige zu bezeugen gewohnt waren.
Seinen Leib/ von den Schultern biß auff die
Füsse/ bedeckte ein schneeweißes Gewand/ wel-
ches ein Gürtel/ darauff die zwölff himmlischen
Zeichen gestickt standen/ über den Lenden zusam-
men zog. Das Haupt war mit einem Lorber-
[Spaltenumbruch] Krantze umflochten/ in der lincken Hand trug er
einen Dreyzancks-Stab; auff dessen mittelster
Spitze die Sonne/ auff denen zwey eussersten
der Mond und das Feuer abgebildet war. Den
unter dem Schatten dieser dreyen natürlichen
Geschöpffe betete ein Theil der Deutschen eine
dreyeinige Gottheit an. Jn der rechten Hand
hatte er einen Sprengwedel/ welchen er drey-
mahl in das aus der Hölehervor rinnende Qvell-
Wasser eintauchte/ und damit die sich nähernden
Helden besprützte. Also fort fiel Hertzog Herr-
mann für der Hölen auff sein Antlitz/ und ruff-
te mit ausgebreiteten Händen des Orts Gott-
heit um Erhörung und glückliche Ausführung
seines Anschlags an. Hierauff zündeten die
Opfferknechte das Feuer auff dem unferne von
der Höle auffgerichteten Altare an/ brachten
Beile/ allerhand Gefässe mit Wasser zur Reini-
gung des Opffers/ und endlich zwey weisse
Ochsen herbey; welche um den Hals mit Krän-
tzen aus allerhand wohlriechenden Blumen
umwunden waren. Der Priester wusch seine
Hände aus dem Brunnen/ legte die lincke auff
den Kopff des Opffer-Viehes/ seufftzete und be-
tete bey sich/ die Augen starr gegen dem auffge-
henden Monden haltende. Nach diesem
schnitt er ein wenig Haare von der Stirne der
Ochsen warff sie mit Weyhrauch vermenget
ins Feuer/ und schlingte ihnen einen Strick um
den Hals/ mit welchem ohne diß die fördern
Füsse gebunden waren. Als nun die Opffer-
Knechte selbte damit zu Boden fälleten/ nahm
der Priester das Messer und stach darmit durch
ihre Kehle/ fing das herausspritzende Blut in ei-
ne steinerne Schüssel auff/ und goß es in die
Flamme/ welche davon gantz spitzig in die Höhe
klimmete. Endlich schnitt er den gantzen Bauch
auff/ besahe das Eingeweide/ zertheilte mit den
Veilen die Ochsen/ wusch sie ab/ besprengte
die Viertel mit Meel und Saltz/ und verbrenn-
te alles zu Aschen.

Nach derogestalt vollbrachtem Opfer rief er
mit lauter Stimme dem Hertzoge zu: Er solte

aufste-

Erſtes Buch
[Spaltenumbruch] ber wuͤrde verunehret/ wenn man ſie ſelbſt mit
zerbrechlichem Ertzt oder Steinen abbilden/ oder
in durch Menſchen Haͤnde gemachte Mauren
einſchlieſſen wolte. Denn der groſſe Umkreiß
der Welt ſey der groͤſte/ eine andaͤchtige Seele a-
ber der angenehmſte Tempel Gottes. Ja das
kleineſte Mooß/ das an den niedrigſten Stau-
den waͤchſt/ ſey die Groͤſſe Gottes fuͤrzubilden
groß genug. Der geringſte Wurm diene zum
Beweißthume ſeiner lebhafften Gegenwart
und unendlichen Verſehung. Dahero auch
Pythagoras ſeinen Nachfolgern auffs ſchaͤrffſte
verbot/ keinen Ring/ oder was anders/ darein
Gottes Bild gegraben waͤre/ zu tragen. Hier-
durch auch ſie zugleich erinnerte: daß ſie ihre
Glaubens-Geheimniße von GOtt bey dem al-
bern Poͤfel nicht gar zu gemein machen ſolten.
Nichts minder hat Numa verboten/ GOtt
durch eines Menſchen oder Thieres Bild fuͤr-
zuſtellen/ weil es verkleinerlich waͤre/ das hoͤch-
ſte Ding mit ſo geringen zu vergleichen/ und
die unſichtbare Unbegreiffligkeit durch die Au-
gen denen Sterblichen gemein zu machen. Wie-
wohl hernach mit dem Verderb der Roͤmiſchen
Sitten auch dieſe einſchlich: daß ſie/ nach Ge-
wohnheit der Egyptier/ auch ihrer in Edelge-
ſteine geſchnittener Goͤtter Bildniße mit Rin-
gen an Fingern trugen.

Der Prieſter Libys/ ein ſteinalter Mann/
deſſen eyßgraues Haar zwar den Schimmel
der Zeit/ und die Vergaͤnglichkeit des Leibes/
ſein munteres Antlitz aber gleichſam ein Vor-
bild der unſterblichen Seele darſtellte/ trat aus
der Hoͤle dieſen Deutſchen Helden entgegen/ und
erweckte ſo wohl gegen ihm als dieſem heiligen
Ort eine ungemeine Ehrerbietung; Zumal die
Deutſchen ohne diß gegen ihre Prieſter groͤſſere
als gegen Koͤnige zu bezeugen gewohnt waren.
Seinen Leib/ von den Schultern biß auff die
Fuͤſſe/ bedeckte ein ſchneeweißes Gewand/ wel-
ches ein Guͤrtel/ darauff die zwoͤlff himmliſchen
Zeichen geſtickt ſtanden/ uͤber den Lenden zuſam-
men zog. Das Haupt war mit einem Lorber-
[Spaltenumbruch] Krantze umflochten/ in der lincken Hand trug er
einen Dreyzancks-Stab; auff deſſen mittelſter
Spitze die Sonne/ auff denen zwey euſſerſten
der Mond und das Feuer abgebildet war. Den
unter dem Schatten dieſer dreyen natuͤrlichen
Geſchoͤpffe betete ein Theil der Deutſchen eine
dreyeinige Gottheit an. Jn der rechten Hand
hatte er einen Sprengwedel/ welchen er drey-
mahl in das aus der Hoͤlehervor rinnende Qvell-
Waſſer eintauchte/ und damit die ſich naͤhernden
Helden beſpruͤtzte. Alſo fort fiel Hertzog Herr-
mann fuͤr der Hoͤlen auff ſein Antlitz/ und ruff-
te mit ausgebreiteten Haͤnden des Orts Gott-
heit um Erhoͤrung und gluͤckliche Ausfuͤhrung
ſeines Anſchlags an. Hierauff zuͤndeten die
Opfferknechte das Feuer auff dem unferne von
der Hoͤle auffgerichteten Altare an/ brachten
Beile/ allerhand Gefaͤſſe mit Waſſer zur Reini-
gung des Opffers/ und endlich zwey weiſſe
Ochſen herbey; welche um den Hals mit Kraͤn-
tzen aus allerhand wohlriechenden Blumen
umwunden waren. Der Prieſter wuſch ſeine
Haͤnde aus dem Brunnen/ legte die lincke auff
den Kopff des Opffer-Viehes/ ſeufftzete und be-
tete bey ſich/ die Augen ſtarr gegen dem auffge-
henden Monden haltende. Nach dieſem
ſchnitt er ein wenig Haare von der Stirne der
Ochſen warff ſie mit Weyhrauch vermenget
ins Feuer/ und ſchlingte ihnen einen Strick um
den Hals/ mit welchem ohne diß die foͤrdern
Fuͤſſe gebunden waren. Als nun die Opffer-
Knechte ſelbte damit zu Boden faͤlleten/ nahm
der Prieſter das Meſſer und ſtach darmit durch
ihre Kehle/ fing das herausſpritzende Blut in ei-
ne ſteinerne Schuͤſſel auff/ und goß es in die
Flamme/ welche davon gantz ſpitzig in die Hoͤhe
klimmete. Endlich ſchnitt er den gantzen Bauch
auff/ beſahe das Eingeweide/ zertheilte mit den
Veilen die Ochſen/ wuſch ſie ab/ beſprengte
die Viertel mit Meel und Saltz/ und verbrenn-
te alles zu Aſchen.

Nach derogeſtalt vollbrachtem Opfer rief er
mit lauter Stimme dem Hertzoge zu: Er ſolte

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/58>, abgerufen am 27.04.2024.