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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] auch ein Gallier nahe hinter der Mauer an-
gewiesen. Hierauff hätte Hertzog Ganasch
und er alsofort Anstalt gemacht/ daß folgen-
de Nacht selbiger Gegend zwey höltzerne Seu-
len etwas höher als die Mauern der Festung
wären eingegraben/ und darauff nach Art ei-
nes Brunn-Schwengels ein langer Balcken
gelegt worden/ mit dessen hinterwärtiger Nie-
derziehung gegen der Festung zu ein Korb mit
zehn geübten Schützen wäre empor gezogen
worden. Diese hätten/ ungeacht derer von
der Mauer auff sie unzehlbar abgeschossenen
Pfeile/ mit ihren brennenden Wurff-Spies-
sen und Feuer-Pfeilen das Dach des Korn-
hauses in Brand gebracht/ und/ wie eiffrig
gleich die Römer solches zu leschen bemühet
gewest wären/ völlig eingeäschert. Cäditius
hätte sein heimliches Ubel derogestalt verra-
then/ und über etliche wenige Tage eine so
grosse Menge Volcks zu unterhalten kein Mit-
tel gesehen/ wäre also gezwungen worden/ die
erste Mitternacht darauff auff der Sud-Sei-
ten blinden Lermen zu machen/ auff der Nord-
Seiten mit seiner gantzen Macht auszufallen.
Dieser wäre durch die in Bereitschafft stehen-
den Hauffen mit blutigem Gefechte durchge-
brochen. Er Catumer habe zwar sein gan-
tzes Läger bald in die Waffen gebracht und den
Feind verfolgt/ Hertzog Ganasch wäre auch mit
seinem Kriegs-Volcke durch die verlassene und
nun unschwer erbrochene Festung über die
Lippe/ und ebenfals dem Feinde in Rücken
gegangen/ welcher sie auch mit anbrechendem
Tage erreicht hätte; Alleine der Morastige
Ort/ dahin man mit der Reiterey schwerlich
hätte kommen können/ hätte ihnen allen An-
griff verwehret. Zwischen solchen Sümpfen
wäre er drey Tage bald fort gerückt/ bald hät-
te er wieder Lufft geschöpfft/ und bey solchem
Zuge theils unerträglichen Hunger/ theils weil
er bald vor/ bald hinterwerts/ bald auff der
Seiten angefallen worden/ empfindlichen Ab-
[Spaltenumbruch] bruch gelitten. Er müste seinem Feinde den
Ruhm lassen/ daß er durch Erdultung so gros-
ser Noth/ mit steter Durchwatung der Pfü-
tzen/ mit Abbruch des Schlaffs/ mit unauff-
hörlicher Gegenwehr die Unmöglichkeit selbst
überwunden/ unerträgliche Dinge überstan-
den/ Cäditius bey seinem zwar grossen Ver-
lust die tauerhafften Deutschen müde gemacht/
in seinen Entschlüssungen weder verwegene
Ubereilung/ noch träge Langsamkeit began-
gen/ endlich wider menschliche Einbildung
einen Weg und Furth durch die Lippe gefun-
den/ und des Nachts in aller Stille sein mei-
stes Volck darüber in Sicherheit gebracht/ al-
so mit dem Degen in der Faust ihm nicht so
wohl einen Weg durch seinen stärckern Feind
gemacht/ als der Natur selbst abgewonnen
habe. Ja es hätte geschienen/ als wenn der
Himmel sein Elend länger anzuschauen mü-
de/ und derogestalt mitleidend worden wäre/
indem er durch etlicher Tage Regen/ bald nach
seiner Durchwatung/ den Strom derogestalt
angeschwellet hätte/ daß Hertzog Ganasch und
er sich mit Erober- und Besetzung der Festung
Alison/ mit Niederreissung des dem Drusus
Claudius zum Gedächtniß daselbst aus Mar-
mel auffgerichteten Heiligthums und köstlichen
Altares/ mit denen zurück gebrachten Gefan-
genen/ darunter auch etliche Römische Frau-
en wären/ hätten vergnügen/ und dem Fein-
de Zeit sich an den Rhein zu ziehen verstatten
müssen.

Den Tag für dem Neumonden brachte die
Gewohnheit mit/ denen noch etwan übrigen
Todten ihren letzten Dienst abzustatten. Denn
es hatte eine grosse Anzahl der Grafen/ wel-
che auff des Feldherrn Leib bestellet waren/
als auch sonst etliche aus uralten Fürstlichem
und viel aus Ritterlichem Stamme ihr Blut
fürs Vaterland verspritzet; welche/ ob sie zwar
in dem Andencken der Nachwelt ihrer Tugend
wegen ewig leben/ doch auch für ihre Leiber/

als
J 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] auch ein Gallier nahe hinter der Mauer an-
gewieſen. Hierauff haͤtte Hertzog Ganaſch
und er alſofort Anſtalt gemacht/ daß folgen-
de Nacht ſelbiger Gegend zwey hoͤltzerne Seu-
len etwas hoͤher als die Mauern der Feſtung
waͤren eingegraben/ und darauff nach Art ei-
nes Brunn-Schwengels ein langer Balcken
gelegt worden/ mit deſſen hinterwaͤrtiger Nie-
derziehung gegen der Feſtung zu ein Korb mit
zehn geuͤbten Schuͤtzen waͤre empor gezogen
worden. Dieſe haͤtten/ ungeacht derer von
der Mauer auff ſie unzehlbar abgeſchoſſenen
Pfeile/ mit ihren brennenden Wurff-Spieſ-
ſen und Feuer-Pfeilen das Dach des Korn-
hauſes in Brand gebracht/ und/ wie eiffrig
gleich die Roͤmer ſolches zu leſchen bemuͤhet
geweſt waͤren/ voͤllig eingeaͤſchert. Caͤditius
haͤtte ſein heimliches Ubel derogeſtalt verra-
then/ und uͤber etliche wenige Tage eine ſo
groſſe Menge Volcks zu unterhalten kein Mit-
tel geſehen/ waͤre alſo gezwungen worden/ die
erſte Mitternacht darauff auff der Sud-Sei-
ten blinden Lermen zu machen/ auff der Nord-
Seiten mit ſeiner gantzen Macht auszufallen.
Dieſer waͤre durch die in Bereitſchafft ſtehen-
den Hauffen mit blutigem Gefechte durchge-
brochen. Er Catumer habe zwar ſein gan-
tzes Laͤger bald in die Waffen gebracht und den
Feind verfolgt/ Hertzog Ganaſch waͤre auch mit
ſeinem Kriegs-Volcke durch die verlaſſene und
nun unſchwer erbrochene Feſtung uͤber die
Lippe/ und ebenfals dem Feinde in Ruͤcken
gegangen/ welcher ſie auch mit anbrechendem
Tage erreicht haͤtte; Alleine der Moraſtige
Ort/ dahin man mit der Reiterey ſchwerlich
haͤtte kommen koͤnnen/ haͤtte ihnen allen An-
griff verwehret. Zwiſchen ſolchen Suͤmpfen
waͤre er drey Tage bald fort geruͤckt/ bald haͤt-
te er wieder Lufft geſchoͤpfft/ und bey ſolchem
Zuge theils unertraͤglichen Hunger/ theils weil
er bald vor/ bald hinterwerts/ bald auff der
Seiten angefallen worden/ empfindlichen Ab-
[Spaltenumbruch] bruch gelitten. Er muͤſte ſeinem Feinde den
Ruhm laſſen/ daß er durch Erdultung ſo groſ-
ſer Noth/ mit ſteter Durchwatung der Pfuͤ-
tzen/ mit Abbruch des Schlaffs/ mit unauff-
hoͤrlicher Gegenwehr die Unmoͤglichkeit ſelbſt
uͤberwunden/ unertraͤgliche Dinge uͤberſtan-
den/ Caͤditius bey ſeinem zwar groſſen Ver-
luſt die tauerhafften Deutſchen muͤde gemacht/
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Ubereilung/ noch traͤge Langſamkeit began-
gen/ endlich wider menſchliche Einbildung
einen Weg und Furth durch die Lippe gefun-
den/ und des Nachts in aller Stille ſein mei-
ſtes Volck daruͤber in Sicherheit gebracht/ al-
ſo mit dem Degen in der Fauſt ihm nicht ſo
wohl einen Weg durch ſeinen ſtaͤrckern Feind
gemacht/ als der Natur ſelbſt abgewonnen
habe. Ja es haͤtte geſchienen/ als wenn der
Himmel ſein Elend laͤnger anzuſchauen muͤ-
de/ und derogeſtalt mitleidend worden waͤre/
indem er durch etlicher Tage Regen/ bald nach
ſeiner Durchwatung/ den Strom derogeſtalt
angeſchwellet haͤtte/ daß Hertzog Ganaſch und
er ſich mit Erober- und Beſetzung der Feſtung
Aliſon/ mit Niederreiſſung des dem Druſus
Claudius zum Gedaͤchtniß daſelbſt aus Mar-
mel auffgerichteten Heiligthums und koͤſtlichen
Altares/ mit denen zuruͤck gebrachten Gefan-
genen/ darunter auch etliche Roͤmiſche Frau-
en waͤren/ haͤtten vergnuͤgen/ und dem Fein-
de Zeit ſich an den Rhein zu ziehen verſtatten
muͤſſen.

Den Tag fuͤr dem Neumonden brachte die
Gewohnheit mit/ denen noch etwan uͤbrigen
Todten ihren letzten Dienſt abzuſtatten. Denn
es hatte eine groſſe Anzahl der Grafen/ wel-
che auff des Feldherrn Leib beſtellet waren/
als auch ſonſt etliche aus uralten Fuͤrſtlichem
und viel aus Ritterlichem Stamme ihr Blut
fuͤrs Vaterland verſpritzet; welche/ ob ſie zwar
in dem Andencken der Nachwelt ihrer Tugend
wegen ewig leben/ doch auch fuͤr ihre Leiber/

als
J 2
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[67/0115] Arminius und Thußnelda. auch ein Gallier nahe hinter der Mauer an- gewieſen. Hierauff haͤtte Hertzog Ganaſch und er alſofort Anſtalt gemacht/ daß folgen- de Nacht ſelbiger Gegend zwey hoͤltzerne Seu- len etwas hoͤher als die Mauern der Feſtung waͤren eingegraben/ und darauff nach Art ei- nes Brunn-Schwengels ein langer Balcken gelegt worden/ mit deſſen hinterwaͤrtiger Nie- derziehung gegen der Feſtung zu ein Korb mit zehn geuͤbten Schuͤtzen waͤre empor gezogen worden. Dieſe haͤtten/ ungeacht derer von der Mauer auff ſie unzehlbar abgeſchoſſenen Pfeile/ mit ihren brennenden Wurff-Spieſ- ſen und Feuer-Pfeilen das Dach des Korn- hauſes in Brand gebracht/ und/ wie eiffrig gleich die Roͤmer ſolches zu leſchen bemuͤhet geweſt waͤren/ voͤllig eingeaͤſchert. Caͤditius haͤtte ſein heimliches Ubel derogeſtalt verra- then/ und uͤber etliche wenige Tage eine ſo groſſe Menge Volcks zu unterhalten kein Mit- tel geſehen/ waͤre alſo gezwungen worden/ die erſte Mitternacht darauff auff der Sud-Sei- ten blinden Lermen zu machen/ auff der Nord- Seiten mit ſeiner gantzen Macht auszufallen. Dieſer waͤre durch die in Bereitſchafft ſtehen- den Hauffen mit blutigem Gefechte durchge- brochen. Er Catumer habe zwar ſein gan- tzes Laͤger bald in die Waffen gebracht und den Feind verfolgt/ Hertzog Ganaſch waͤre auch mit ſeinem Kriegs-Volcke durch die verlaſſene und nun unſchwer erbrochene Feſtung uͤber die Lippe/ und ebenfals dem Feinde in Ruͤcken gegangen/ welcher ſie auch mit anbrechendem Tage erreicht haͤtte; Alleine der Moraſtige Ort/ dahin man mit der Reiterey ſchwerlich haͤtte kommen koͤnnen/ haͤtte ihnen allen An- griff verwehret. Zwiſchen ſolchen Suͤmpfen waͤre er drey Tage bald fort geruͤckt/ bald haͤt- te er wieder Lufft geſchoͤpfft/ und bey ſolchem Zuge theils unertraͤglichen Hunger/ theils weil er bald vor/ bald hinterwerts/ bald auff der Seiten angefallen worden/ empfindlichen Ab- bruch gelitten. Er muͤſte ſeinem Feinde den Ruhm laſſen/ daß er durch Erdultung ſo groſ- ſer Noth/ mit ſteter Durchwatung der Pfuͤ- tzen/ mit Abbruch des Schlaffs/ mit unauff- hoͤrlicher Gegenwehr die Unmoͤglichkeit ſelbſt uͤberwunden/ unertraͤgliche Dinge uͤberſtan- den/ Caͤditius bey ſeinem zwar groſſen Ver- luſt die tauerhafften Deutſchen muͤde gemacht/ in ſeinen Entſchluͤſſungen weder verwegene Ubereilung/ noch traͤge Langſamkeit began- gen/ endlich wider menſchliche Einbildung einen Weg und Furth durch die Lippe gefun- den/ und des Nachts in aller Stille ſein mei- ſtes Volck daruͤber in Sicherheit gebracht/ al- ſo mit dem Degen in der Fauſt ihm nicht ſo wohl einen Weg durch ſeinen ſtaͤrckern Feind gemacht/ als der Natur ſelbſt abgewonnen habe. Ja es haͤtte geſchienen/ als wenn der Himmel ſein Elend laͤnger anzuſchauen muͤ- de/ und derogeſtalt mitleidend worden waͤre/ indem er durch etlicher Tage Regen/ bald nach ſeiner Durchwatung/ den Strom derogeſtalt angeſchwellet haͤtte/ daß Hertzog Ganaſch und er ſich mit Erober- und Beſetzung der Feſtung Aliſon/ mit Niederreiſſung des dem Druſus Claudius zum Gedaͤchtniß daſelbſt aus Mar- mel auffgerichteten Heiligthums und koͤſtlichen Altares/ mit denen zuruͤck gebrachten Gefan- genen/ darunter auch etliche Roͤmiſche Frau- en waͤren/ haͤtten vergnuͤgen/ und dem Fein- de Zeit ſich an den Rhein zu ziehen verſtatten muͤſſen. Den Tag fuͤr dem Neumonden brachte die Gewohnheit mit/ denen noch etwan uͤbrigen Todten ihren letzten Dienſt abzuſtatten. Denn es hatte eine groſſe Anzahl der Grafen/ wel- che auff des Feldherrn Leib beſtellet waren/ als auch ſonſt etliche aus uralten Fuͤrſtlichem und viel aus Ritterlichem Stamme ihr Blut fuͤrs Vaterland verſpritzet; welche/ ob ſie zwar in dem Andencken der Nachwelt ihrer Tugend wegen ewig leben/ doch auch fuͤr ihre Leiber/ als J 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/115>, abgerufen am 26.04.2024.