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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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damit sie, wie David, ihr altes Heiligthum unter das neue Obdach bringen. In dieser Hoffnung rufe ich euch fröhlich zu: Vorwärts! Zum HErrn in der Höhe aber ruft mein ganzer Geist und mit ihm die ganze Versammlung unter mir einmüthig:

Kyrie Eleison, Christe Eleison, Kyrie Eleison. Amen.

Am 24. Dezember 1859 schreibt die Chronik: "Den Bewohnerinnen des Diaconissenhauses wurde am diesjährigen Weihnachtsfeste eine ganz besondere Freude zu Theil, indem sie zum erstenmale in dem neuerbauten, obwohl noch nicht völlig vollendeten Betsaal ihren Hausgottesdienst halten durften.

"Der bisherige Betsaal dient von nun an zu einem gemeinschaftlichen Eß- und Arbeitssaal, zum Familiensaale. Durch diese Hauptveränderung bekamen auch mehrere andere Zimmer eine neue Bestimmung. Das bisherige Eßzimmer, das zugleich Aufenthaltsort der Diaconissen war, ist nun Bibliothek, Paramenten- und Conferenzzimmer geworden, in das Paramenten- und Diaconissenzimmer sollen Kranke kommen; die besuchenden Diaconissen ihren Aufenthalt in der bisherigen Kanzlei haben, da diese in das Zimmer der Haushaltungs- und Krankendiaconissin verlegt wurde. In dem Krankenzimmer Nr. 10 wohnen nun die Küchen-, Kranken- und Haushaltungsdiaconissen.

Zum ersten Male war die ganze Hausgemeinde in ihrem schön eingerichteten Reunionszimmer bei der Bescheerung am Christabend versammelt. Um 7 Uhr abends ertönte die Glocke und rief die Bewohnerinnen in den mit Guirlanden und Blumen geschmückten Saal, in dessen Mitte der im Lichterglanze strahlende Baum stand, der mit seiner Spitze durch die Dornenkrone zur Decke emporragte. Man stimmte zuerst den 2. Psalm an und las dann die drei für den Tag verordneten Lectionen. Hierauf hielt unser Herr Pfarrer eine kurze Ansprache, in welcher er die Gedanken nach Bethlehem lenkte zu der h. Familie, der wunderbaren, in welcher ein greiser Mann, ein Jungfräulein und ein neugebornes Kind vereinigt sind, und zwar ein Kind das der Vater und Schöpfer seiner Eltern ist. Die Absicht aber, in welcher Herr Pfarrer die Gedanken der Hörerinnen zur h. Familie lenkte, war insonderheit auch die, ihnen nahe zu legen, daß sie in einem Familienzimmer nun gemeinschaftlich leben und die Widersprüche vereinigen sollen, die zwischen Anstalt und Familie herrschen, indem sie eine unnatürliche Familie, zu einer übernatürlichen verklären. Nachdem

damit sie, wie David, ihr altes Heiligthum unter das neue Obdach bringen. In dieser Hoffnung rufe ich euch fröhlich zu: Vorwärts! Zum HErrn in der Höhe aber ruft mein ganzer Geist und mit ihm die ganze Versammlung unter mir einmüthig:

Kyrie Eleison, Christe Eleison, Kyrie Eleison. Amen.

Am 24. Dezember 1859 schreibt die Chronik: „Den Bewohnerinnen des Diaconissenhauses wurde am diesjährigen Weihnachtsfeste eine ganz besondere Freude zu Theil, indem sie zum erstenmale in dem neuerbauten, obwohl noch nicht völlig vollendeten Betsaal ihren Hausgottesdienst halten durften.

„Der bisherige Betsaal dient von nun an zu einem gemeinschaftlichen Eß- und Arbeitssaal, zum Familiensaale. Durch diese Hauptveränderung bekamen auch mehrere andere Zimmer eine neue Bestimmung. Das bisherige Eßzimmer, das zugleich Aufenthaltsort der Diaconissen war, ist nun Bibliothek, Paramenten- und Conferenzzimmer geworden, in das Paramenten- und Diaconissenzimmer sollen Kranke kommen; die besuchenden Diaconissen ihren Aufenthalt in der bisherigen Kanzlei haben, da diese in das Zimmer der Haushaltungs- und Krankendiaconissin verlegt wurde. In dem Krankenzimmer Nr. 10 wohnen nun die Küchen-, Kranken- und Haushaltungsdiaconissen.

Zum ersten Male war die ganze Hausgemeinde in ihrem schön eingerichteten Reunionszimmer bei der Bescheerung am Christabend versammelt. Um 7 Uhr abends ertönte die Glocke und rief die Bewohnerinnen in den mit Guirlanden und Blumen geschmückten Saal, in dessen Mitte der im Lichterglanze strahlende Baum stand, der mit seiner Spitze durch die Dornenkrone zur Decke emporragte. Man stimmte zuerst den 2. Psalm an und las dann die drei für den Tag verordneten Lectionen. Hierauf hielt unser Herr Pfarrer eine kurze Ansprache, in welcher er die Gedanken nach Bethlehem lenkte zu der h. Familie, der wunderbaren, in welcher ein greiser Mann, ein Jungfräulein und ein neugebornes Kind vereinigt sind, und zwar ein Kind das der Vater und Schöpfer seiner Eltern ist. Die Absicht aber, in welcher Herr Pfarrer die Gedanken der Hörerinnen zur h. Familie lenkte, war insonderheit auch die, ihnen nahe zu legen, daß sie in einem Familienzimmer nun gemeinschaftlich leben und die Widersprüche vereinigen sollen, die zwischen Anstalt und Familie herrschen, indem sie eine unnatürliche Familie, zu einer übernatürlichen verklären. Nachdem

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            <p>Zum ersten Male war die ganze Hausgemeinde in ihrem schön eingerichteten Reunionszimmer bei der Bescheerung am Christabend versammelt. Um 7 Uhr abends ertönte die Glocke und rief die Bewohnerinnen in den mit Guirlanden und Blumen geschmückten Saal, in dessen Mitte der im Lichterglanze strahlende Baum stand, der mit seiner Spitze durch die Dornenkrone zur Decke emporragte. Man stimmte zuerst den 2. Psalm an und las dann die drei für den Tag verordneten Lectionen. Hierauf hielt unser Herr Pfarrer eine kurze Ansprache, in welcher er die Gedanken nach Bethlehem lenkte zu der h. Familie, der wunderbaren, in welcher ein greiser Mann, ein Jungfräulein und ein neugebornes Kind vereinigt sind, und zwar ein Kind das der Vater und Schöpfer seiner Eltern ist. Die Absicht aber, in welcher Herr Pfarrer die Gedanken der Hörerinnen zur h. Familie lenkte, war insonderheit auch die, ihnen nahe zu legen, daß sie in einem Familienzimmer nun gemeinschaftlich leben und die Widersprüche vereinigen sollen, die zwischen Anstalt und Familie herrschen, indem sie eine unnatürliche Familie, zu einer übernatürlichen verklären. Nachdem
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[78/0078] damit sie, wie David, ihr altes Heiligthum unter das neue Obdach bringen. In dieser Hoffnung rufe ich euch fröhlich zu: Vorwärts! Zum HErrn in der Höhe aber ruft mein ganzer Geist und mit ihm die ganze Versammlung unter mir einmüthig: Kyrie Eleison, Christe Eleison, Kyrie Eleison. Amen. Am 24. Dezember 1859 schreibt die Chronik: „Den Bewohnerinnen des Diaconissenhauses wurde am diesjährigen Weihnachtsfeste eine ganz besondere Freude zu Theil, indem sie zum erstenmale in dem neuerbauten, obwohl noch nicht völlig vollendeten Betsaal ihren Hausgottesdienst halten durften. „Der bisherige Betsaal dient von nun an zu einem gemeinschaftlichen Eß- und Arbeitssaal, zum Familiensaale. Durch diese Hauptveränderung bekamen auch mehrere andere Zimmer eine neue Bestimmung. Das bisherige Eßzimmer, das zugleich Aufenthaltsort der Diaconissen war, ist nun Bibliothek, Paramenten- und Conferenzzimmer geworden, in das Paramenten- und Diaconissenzimmer sollen Kranke kommen; die besuchenden Diaconissen ihren Aufenthalt in der bisherigen Kanzlei haben, da diese in das Zimmer der Haushaltungs- und Krankendiaconissin verlegt wurde. In dem Krankenzimmer Nr. 10 wohnen nun die Küchen-, Kranken- und Haushaltungsdiaconissen. Zum ersten Male war die ganze Hausgemeinde in ihrem schön eingerichteten Reunionszimmer bei der Bescheerung am Christabend versammelt. Um 7 Uhr abends ertönte die Glocke und rief die Bewohnerinnen in den mit Guirlanden und Blumen geschmückten Saal, in dessen Mitte der im Lichterglanze strahlende Baum stand, der mit seiner Spitze durch die Dornenkrone zur Decke emporragte. Man stimmte zuerst den 2. Psalm an und las dann die drei für den Tag verordneten Lectionen. Hierauf hielt unser Herr Pfarrer eine kurze Ansprache, in welcher er die Gedanken nach Bethlehem lenkte zu der h. Familie, der wunderbaren, in welcher ein greiser Mann, ein Jungfräulein und ein neugebornes Kind vereinigt sind, und zwar ein Kind das der Vater und Schöpfer seiner Eltern ist. Die Absicht aber, in welcher Herr Pfarrer die Gedanken der Hörerinnen zur h. Familie lenkte, war insonderheit auch die, ihnen nahe zu legen, daß sie in einem Familienzimmer nun gemeinschaftlich leben und die Widersprüche vereinigen sollen, die zwischen Anstalt und Familie herrschen, indem sie eine unnatürliche Familie, zu einer übernatürlichen verklären. Nachdem

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/78>, abgerufen am 27.04.2024.