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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
Genauigkeit angibt, sondern er muß auch zugleich oben so genau
die Zeit angeben, in welcher er jene Höhe beobachtet hat, wie
dieß für sich klar ist, weil diese Höhe sich jeden Augenblick ändert.

Da aber die Armillarsphäre, wie man aus der vorhergehenden
Beschreibung derselben ohne meine Erinnerung bemerkt haben
wird, weder in ihrer Konstruction durch den Künstler, noch in
ihrer Aufstellung durch den Astronomen eine große Genauigkeit
gewähren kann, so wird auch das erwähnte Verfahren, durch
dieses Instrument die Zeit zu bestimmen, keiner großen Schärfe
fähig seyn. Aus diesem Grunde war man schon in den älteren
Zeiten auf andere Mittel bedacht, die Zeit der Beobachtung, dieses
wichtigste Element der gesammten praktischen Astronomie, für
jeden Augenblick mit mehr Verläßlichkeit zu bestimmen. Das
beste Mittel zu diesem Zwecke gab aber dieselbe Veränderlichkeit
der Höhe der Gestirne, von welcher wir nur so eben gesprochen
haben. Während des täglichen Umlaufes jedes Sterns um die
Erde kömmt derselbe in alle die verschiedenen Höhen, in die er
überhaupt, nach der Lage seines Parallelkreises gegen den Hori-
zont des Beobachters, kommen kann, und so, wie zu jeder Zeit
nach der Kulmination des Sterns, d. h. wie zu jedem Stunden-
winkel desselben eine bestimmte Höhe gehört, so wird auch um-
gekehrt jeder gegebenen Höhe ein bestimmter Stundenwinkel, d. h.
eine bestimmte Zeit entsprechen, so daß man daher die letzte
finden kann, wenn die erste durch irgend eine Beobachtung ge-
geben ist.

Diesem gemäß, pflegten also die älteren Astronomen in dem
Augenblicke einer jeden Beobachtung, z. B. in dem Augenblicke
des Anfangs oder des Endes einer Finsterniß, mittels des oben
(I. S. 104) erwähnten Quadranten die Höhe der Sonne oder
irgend eines anderen bekannten Gestirns zu messen, woraus sie
dann die Zeit jener Beobachtung auf folgende Art ableiteten.

Sey (I. Thl. Fig. 2) S' die Sonne für den Augenblick des
Anfangs jener Beobachtung, deren Zeit man bestimmen will; sey
ferner Z das Zenith und N der Nordpol des Aequators. Wenn
man mit dem Sextanten die Höhe S'R' der Sonne über dem
Horizonte HR beobachtet hat, so kennt man auch die Zenith-
distanz ZS' derselben, die nämlich gleich 90° weniger jener Höhe

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Genauigkeit angibt, ſondern er muß auch zugleich oben ſo genau
die Zeit angeben, in welcher er jene Höhe beobachtet hat, wie
dieß für ſich klar iſt, weil dieſe Höhe ſich jeden Augenblick ändert.

Da aber die Armillarſphäre, wie man aus der vorhergehenden
Beſchreibung derſelben ohne meine Erinnerung bemerkt haben
wird, weder in ihrer Konſtruction durch den Künſtler, noch in
ihrer Aufſtellung durch den Aſtronomen eine große Genauigkeit
gewähren kann, ſo wird auch das erwähnte Verfahren, durch
dieſes Inſtrument die Zeit zu beſtimmen, keiner großen Schärfe
fähig ſeyn. Aus dieſem Grunde war man ſchon in den älteren
Zeiten auf andere Mittel bedacht, die Zeit der Beobachtung, dieſes
wichtigſte Element der geſammten praktiſchen Aſtronomie, für
jeden Augenblick mit mehr Verläßlichkeit zu beſtimmen. Das
beſte Mittel zu dieſem Zwecke gab aber dieſelbe Veränderlichkeit
der Höhe der Geſtirne, von welcher wir nur ſo eben geſprochen
haben. Während des täglichen Umlaufes jedes Sterns um die
Erde kömmt derſelbe in alle die verſchiedenen Höhen, in die er
überhaupt, nach der Lage ſeines Parallelkreiſes gegen den Hori-
zont des Beobachters, kommen kann, und ſo, wie zu jeder Zeit
nach der Kulmination des Sterns, d. h. wie zu jedem Stunden-
winkel deſſelben eine beſtimmte Höhe gehört, ſo wird auch um-
gekehrt jeder gegebenen Höhe ein beſtimmter Stundenwinkel, d. h.
eine beſtimmte Zeit entſprechen, ſo daß man daher die letzte
finden kann, wenn die erſte durch irgend eine Beobachtung ge-
geben iſt.

Dieſem gemäß, pflegten alſo die älteren Aſtronomen in dem
Augenblicke einer jeden Beobachtung, z. B. in dem Augenblicke
des Anfangs oder des Endes einer Finſterniß, mittels des oben
(I. S. 104) erwähnten Quadranten die Höhe der Sonne oder
irgend eines anderen bekannten Geſtirns zu meſſen, woraus ſie
dann die Zeit jener Beobachtung auf folgende Art ableiteten.

Sey (I. Thl. Fig. 2) S' die Sonne für den Augenblick des
Anfangs jener Beobachtung, deren Zeit man beſtimmen will; ſey
ferner Z das Zenith und N der Nordpol des Aequators. Wenn
man mit dem Sextanten die Höhe S'R' der Sonne über dem
Horizonte HR beobachtet hat, ſo kennt man auch die Zenith-
diſtanz ZS' derſelben, die nämlich gleich 90° weniger jener Höhe

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[238/0250] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. Genauigkeit angibt, ſondern er muß auch zugleich oben ſo genau die Zeit angeben, in welcher er jene Höhe beobachtet hat, wie dieß für ſich klar iſt, weil dieſe Höhe ſich jeden Augenblick ändert. Da aber die Armillarſphäre, wie man aus der vorhergehenden Beſchreibung derſelben ohne meine Erinnerung bemerkt haben wird, weder in ihrer Konſtruction durch den Künſtler, noch in ihrer Aufſtellung durch den Aſtronomen eine große Genauigkeit gewähren kann, ſo wird auch das erwähnte Verfahren, durch dieſes Inſtrument die Zeit zu beſtimmen, keiner großen Schärfe fähig ſeyn. Aus dieſem Grunde war man ſchon in den älteren Zeiten auf andere Mittel bedacht, die Zeit der Beobachtung, dieſes wichtigſte Element der geſammten praktiſchen Aſtronomie, für jeden Augenblick mit mehr Verläßlichkeit zu beſtimmen. Das beſte Mittel zu dieſem Zwecke gab aber dieſelbe Veränderlichkeit der Höhe der Geſtirne, von welcher wir nur ſo eben geſprochen haben. Während des täglichen Umlaufes jedes Sterns um die Erde kömmt derſelbe in alle die verſchiedenen Höhen, in die er überhaupt, nach der Lage ſeines Parallelkreiſes gegen den Hori- zont des Beobachters, kommen kann, und ſo, wie zu jeder Zeit nach der Kulmination des Sterns, d. h. wie zu jedem Stunden- winkel deſſelben eine beſtimmte Höhe gehört, ſo wird auch um- gekehrt jeder gegebenen Höhe ein beſtimmter Stundenwinkel, d. h. eine beſtimmte Zeit entſprechen, ſo daß man daher die letzte finden kann, wenn die erſte durch irgend eine Beobachtung ge- geben iſt. Dieſem gemäß, pflegten alſo die älteren Aſtronomen in dem Augenblicke einer jeden Beobachtung, z. B. in dem Augenblicke des Anfangs oder des Endes einer Finſterniß, mittels des oben (I. S. 104) erwähnten Quadranten die Höhe der Sonne oder irgend eines anderen bekannten Geſtirns zu meſſen, woraus ſie dann die Zeit jener Beobachtung auf folgende Art ableiteten. Sey (I. Thl. Fig. 2) S' die Sonne für den Augenblick des Anfangs jener Beobachtung, deren Zeit man beſtimmen will; ſey ferner Z das Zenith und N der Nordpol des Aequators. Wenn man mit dem Sextanten die Höhe S'R' der Sonne über dem Horizonte HR beobachtet hat, ſo kennt man auch die Zenith- diſtanz ZS' derſelben, die nämlich gleich 90° weniger jener Höhe

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/250>, abgerufen am 26.04.2024.