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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
anders sie das sind, in Indien jene strenge Kälte nicht ertragen
würden. Uebrigens wandern auch diese Thiere des Südens zur
Sommerszeit oft sehr weit gegen Norden hin, und man sieht den
sogenannten Königs-Tiger Indiens seine Excursionen bis an
den westlichen Abhang des Altaiberges, nahe bei Barnul (53°
nördlicher Breite) ausdehnen. Dasselbe konnte auch in der Vor-
zeit mit den Elephanten geschehen seyn, und dann war ein Ein-
sinken desselben im leichten Grunde, oder ein Erdfall mit einer
darauf folgenden strengen Kälte schon hinreichend, diese Thiere zu
begraben, und ihre Körper vor der Verwesung zu schützen, ohne
erst, wie unsere Geologen wollen, die Pole der Erde aus ihren
Angeln zu heben. Auf eine ähnliche Weise wollte auch Halley
die Kälte in Nordamerika erklären, die nach dem Zeugnisse aller
Reisenden viel größer ist, als in denselben Breiten Europas.
Nach seiner Ansicht wurde der Pol der Erde, der früher in der
Nähe der Hudsonsbay gelegen war, durch den Stoß eines Kome-
ten in diejenige Gegend, die er jetzt einnimmt, versetzt, und die
einer so großen Kälte ausgesetzte Gegend des frühern Nordpols
hat seitdem noch keine Zeit gehabt, sich zu erwärmen. Allein die
beobachtete größere Kälte Amerikas gilt nur von der östlichen
Seite, während man auf der westlichen Küste des großen Oceans
diese Differenz nicht mehr bemerkt. Aber wohl tritt dieselbe Er-
scheinung wieder im nordöstlichen Asien hervor, wo eine viel
strengere Kälte herrscht, als unter derselben Breite in Europa, so
daß sowohl in der alten, als auch in der neuen Welt der östlichere
Theil bei weitem der kältere ist.

§. 125. (Andere Beweise für die Unveränderlichkeit der Erdaxe.)
Ueberhaupt sind diese Versetzungen der Pole, so oft man sie auch
zu geologischen Erklärungen zu Hülfe gerufen hat, und zwar nicht
nur jene gewaltsamen und plötzlichen, sondern selbst geringe und
langsam fortschreitende Veränderungen derselben, durch nichts er-
wiesen, und mit den Beobachtungen, so wie mit der Theorie in
directem Widerspruche. Seit der Zeit, wo man durch die Er-
findung der Fernröhre die Polhöhen so vieler Orte mit großer
Genauigkeit bestimmt hat, wurde auch nicht an einem derselben
eine Aenderung bemerkt, die größer wäre, als die bisher noch
unvermeidlichen Beobachtungsfehler. Das die Erde zum Theil

Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten.
anders ſie das ſind, in Indien jene ſtrenge Kälte nicht ertragen
würden. Uebrigens wandern auch dieſe Thiere des Südens zur
Sommerszeit oft ſehr weit gegen Norden hin, und man ſieht den
ſogenannten Königs-Tiger Indiens ſeine Excurſionen bis an
den weſtlichen Abhang des Altaiberges, nahe bei Barnul (53°
nördlicher Breite) ausdehnen. Daſſelbe konnte auch in der Vor-
zeit mit den Elephanten geſchehen ſeyn, und dann war ein Ein-
ſinken deſſelben im leichten Grunde, oder ein Erdfall mit einer
darauf folgenden ſtrengen Kälte ſchon hinreichend, dieſe Thiere zu
begraben, und ihre Körper vor der Verweſung zu ſchützen, ohne
erſt, wie unſere Geologen wollen, die Pole der Erde aus ihren
Angeln zu heben. Auf eine ähnliche Weiſe wollte auch Halley
die Kälte in Nordamerika erklären, die nach dem Zeugniſſe aller
Reiſenden viel größer iſt, als in denſelben Breiten Europas.
Nach ſeiner Anſicht wurde der Pol der Erde, der früher in der
Nähe der Hudſonsbay gelegen war, durch den Stoß eines Kome-
ten in diejenige Gegend, die er jetzt einnimmt, verſetzt, und die
einer ſo großen Kälte ausgeſetzte Gegend des frühern Nordpols
hat ſeitdem noch keine Zeit gehabt, ſich zu erwärmen. Allein die
beobachtete größere Kälte Amerikas gilt nur von der öſtlichen
Seite, während man auf der weſtlichen Küſte des großen Oceans
dieſe Differenz nicht mehr bemerkt. Aber wohl tritt dieſelbe Er-
ſcheinung wieder im nordöſtlichen Aſien hervor, wo eine viel
ſtrengere Kälte herrſcht, als unter derſelben Breite in Europa, ſo
daß ſowohl in der alten, als auch in der neuen Welt der öſtlichere
Theil bei weitem der kältere iſt.

§. 125. (Andere Beweiſe für die Unveränderlichkeit der Erdaxe.)
Ueberhaupt ſind dieſe Verſetzungen der Pole, ſo oft man ſie auch
zu geologiſchen Erklärungen zu Hülfe gerufen hat, und zwar nicht
nur jene gewaltſamen und plötzlichen, ſondern ſelbſt geringe und
langſam fortſchreitende Veränderungen derſelben, durch nichts er-
wieſen, und mit den Beobachtungen, ſo wie mit der Theorie in
directem Widerſpruche. Seit der Zeit, wo man durch die Er-
findung der Fernröhre die Polhöhen ſo vieler Orte mit großer
Genauigkeit beſtimmt hat, wurde auch nicht an einem derſelben
eine Aenderung bemerkt, die größer wäre, als die bisher noch
unvermeidlichen Beobachtungsfehler. Das die Erde zum Theil

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[172/0184] Andere merkwürdige Folgen der Störungen der Planeten. anders ſie das ſind, in Indien jene ſtrenge Kälte nicht ertragen würden. Uebrigens wandern auch dieſe Thiere des Südens zur Sommerszeit oft ſehr weit gegen Norden hin, und man ſieht den ſogenannten Königs-Tiger Indiens ſeine Excurſionen bis an den weſtlichen Abhang des Altaiberges, nahe bei Barnul (53° nördlicher Breite) ausdehnen. Daſſelbe konnte auch in der Vor- zeit mit den Elephanten geſchehen ſeyn, und dann war ein Ein- ſinken deſſelben im leichten Grunde, oder ein Erdfall mit einer darauf folgenden ſtrengen Kälte ſchon hinreichend, dieſe Thiere zu begraben, und ihre Körper vor der Verweſung zu ſchützen, ohne erſt, wie unſere Geologen wollen, die Pole der Erde aus ihren Angeln zu heben. Auf eine ähnliche Weiſe wollte auch Halley die Kälte in Nordamerika erklären, die nach dem Zeugniſſe aller Reiſenden viel größer iſt, als in denſelben Breiten Europas. Nach ſeiner Anſicht wurde der Pol der Erde, der früher in der Nähe der Hudſonsbay gelegen war, durch den Stoß eines Kome- ten in diejenige Gegend, die er jetzt einnimmt, verſetzt, und die einer ſo großen Kälte ausgeſetzte Gegend des frühern Nordpols hat ſeitdem noch keine Zeit gehabt, ſich zu erwärmen. Allein die beobachtete größere Kälte Amerikas gilt nur von der öſtlichen Seite, während man auf der weſtlichen Küſte des großen Oceans dieſe Differenz nicht mehr bemerkt. Aber wohl tritt dieſelbe Er- ſcheinung wieder im nordöſtlichen Aſien hervor, wo eine viel ſtrengere Kälte herrſcht, als unter derſelben Breite in Europa, ſo daß ſowohl in der alten, als auch in der neuen Welt der öſtlichere Theil bei weitem der kältere iſt. §. 125. (Andere Beweiſe für die Unveränderlichkeit der Erdaxe.) Ueberhaupt ſind dieſe Verſetzungen der Pole, ſo oft man ſie auch zu geologiſchen Erklärungen zu Hülfe gerufen hat, und zwar nicht nur jene gewaltſamen und plötzlichen, ſondern ſelbſt geringe und langſam fortſchreitende Veränderungen derſelben, durch nichts er- wieſen, und mit den Beobachtungen, ſo wie mit der Theorie in directem Widerſpruche. Seit der Zeit, wo man durch die Er- findung der Fernröhre die Polhöhen ſo vieler Orte mit großer Genauigkeit beſtimmt hat, wurde auch nicht an einem derſelben eine Aenderung bemerkt, die größer wäre, als die bisher noch unvermeidlichen Beobachtungsfehler. Das die Erde zum Theil

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/184>, abgerufen am 26.04.2024.