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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.

nur insoweit von Bedeutung, als in den Verträgen jenen vielfach grössere
Rechte als diesen eingeräumt werden.

2. Von den blossen Handelskonsuln unterscheiden sich die Juris-
diktionskonsuln,
deren Rechtsstellung unter IV besonders darge-
stellt werden wird.

3. Die Unterscheidung von Generalkonsuln, Konsuln, Vizekon-
suln und Konsularagenten hat zunächst nur staatsrechtliche Bedeutung.
Jedoch wird in den Verträgen vielfach zwischen den beiden ersten
Klassen einerseits, den beiden letzten andrerseits unterschieden, so
dass insoweit die Zugehörigkeit zu der einen oder andern Klasse auch
völkerrechtliche Rechtsfolgen erzeugt.

4. Die Konsuln können auch mit der gesamten Vertretung des
Absendestaates beauftragt, also zu Geschäftsträgern ernannt werden
(consuls generaux charges d'affaires).

Das geschieht insbesondere im Verkehr mit den halbsouveränen
Staaten sowie mit den Staaten Central- und Südamerikas. Doch
haben sie auch in diesem Falle niemals den "diplomatischen Cha-
rakter" (oben § 13 II), also nicht die persönliche Rechtsstellung
der Gesandten.

III. Die Rechtsstellung der Konsuln.

Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht. 1896.

1. Sie wird völkerrechtlich begründet durch die Ernennung von
seiten des Absendestaates (lettres de provision) und durch deren Ge-
nehmigung von seiten des Empfangsstaates (Erteilung des exequatur
oder "Placet", in der Türkei Berat genannt).

2. Die Aufgabe der Konsuln umfasst:

a) Die Wahrung der handelspolitischen Interessen des Absendestaates.

Sie überwachen daher den gesamten Handels- und Schiff-
fahrtsverkehr zwischen dem Absendestaat und dem Empfangsstaat, die
Beachtung der Staatsverträge, nach einzelnen Verträgen, so z. B.
zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten vom 11. De-
zember 1871, R. G. Bl. 1872 S. 95, Artikel 8, die Beachtung des
"Völkerrechts" überhaupt. Die Besorgung weiterer Staatsgeschäfte
kann ihnen durch besonderen, vom Empfangsstaat genehmigten,
Auftrag des Absendestaates übertragen werden.

b) Die Wahrnehmung der Interessen der Staatsangehörigen und
Schutzgenossen des Absendestaates.

II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen.

nur insoweit von Bedeutung, als in den Verträgen jenen vielfach gröſsere
Rechte als diesen eingeräumt werden.

2. Von den bloſsen Handelskonsuln unterscheiden sich die Juris-
diktionskonsuln,
deren Rechtsstellung unter IV besonders darge-
stellt werden wird.

3. Die Unterscheidung von Generalkonsuln, Konsuln, Vizekon-
suln und Konsularagenten hat zunächst nur staatsrechtliche Bedeutung.
Jedoch wird in den Verträgen vielfach zwischen den beiden ersten
Klassen einerseits, den beiden letzten andrerseits unterschieden, so
daſs insoweit die Zugehörigkeit zu der einen oder andern Klasse auch
völkerrechtliche Rechtsfolgen erzeugt.

4. Die Konsuln können auch mit der gesamten Vertretung des
Absendestaates beauftragt, also zu Geschäftsträgern ernannt werden
(consuls généraux chargés d’affaires).

Das geschieht insbesondere im Verkehr mit den halbsouveränen
Staaten sowie mit den Staaten Central- und Südamerikas. Doch
haben sie auch in diesem Falle niemals den „diplomatischen Cha-
rakter“ (oben § 13 II), also nicht die persönliche Rechtsstellung
der Gesandten.

III. Die Rechtsstellung der Konsuln.

Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht. 1896.

1. Sie wird völkerrechtlich begründet durch die Ernennung von
seiten des Absendestaates (lettres de provision) und durch deren Ge-
nehmigung von seiten des Empfangsstaates (Erteilung des exequatur
oder „Placet“, in der Türkei Berat genannt).

2. Die Aufgabe der Konsuln umfaſst:

a) Die Wahrung der handelspolitischen Interessen des Absendestaates.

Sie überwachen daher den gesamten Handels- und Schiff-
fahrtsverkehr zwischen dem Absendestaat und dem Empfangsstaat, die
Beachtung der Staatsverträge, nach einzelnen Verträgen, so z. B.
zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten vom 11. De-
zember 1871, R. G. Bl. 1872 S. 95, Artikel 8, die Beachtung des
„Völkerrechts“ überhaupt. Die Besorgung weiterer Staatsgeschäfte
kann ihnen durch besonderen, vom Empfangsstaat genehmigten,
Auftrag des Absendestaates übertragen werden.

b) Die Wahrnehmung der Interessen der Staatsangehörigen und
Schutzgenossen des Absendestaates.

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[82/0104] II. Buch. Der völkerrechtl. Verkehr der Staaten im allgemeinen. nur insoweit von Bedeutung, als in den Verträgen jenen vielfach gröſsere Rechte als diesen eingeräumt werden. 2. Von den bloſsen Handelskonsuln unterscheiden sich die Juris- diktionskonsuln, deren Rechtsstellung unter IV besonders darge- stellt werden wird. 3. Die Unterscheidung von Generalkonsuln, Konsuln, Vizekon- suln und Konsularagenten hat zunächst nur staatsrechtliche Bedeutung. Jedoch wird in den Verträgen vielfach zwischen den beiden ersten Klassen einerseits, den beiden letzten andrerseits unterschieden, so daſs insoweit die Zugehörigkeit zu der einen oder andern Klasse auch völkerrechtliche Rechtsfolgen erzeugt. 4. Die Konsuln können auch mit der gesamten Vertretung des Absendestaates beauftragt, also zu Geschäftsträgern ernannt werden (consuls généraux chargés d’affaires). Das geschieht insbesondere im Verkehr mit den halbsouveränen Staaten sowie mit den Staaten Central- und Südamerikas. Doch haben sie auch in diesem Falle niemals den „diplomatischen Cha- rakter“ (oben § 13 II), also nicht die persönliche Rechtsstellung der Gesandten. III. Die Rechtsstellung der Konsuln. Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht. 1896. 1. Sie wird völkerrechtlich begründet durch die Ernennung von seiten des Absendestaates (lettres de provision) und durch deren Ge- nehmigung von seiten des Empfangsstaates (Erteilung des exequatur oder „Placet“, in der Türkei Berat genannt). 2. Die Aufgabe der Konsuln umfaſst: a) Die Wahrung der handelspolitischen Interessen des Absendestaates. Sie überwachen daher den gesamten Handels- und Schiff- fahrtsverkehr zwischen dem Absendestaat und dem Empfangsstaat, die Beachtung der Staatsverträge, nach einzelnen Verträgen, so z. B. zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten vom 11. De- zember 1871, R. G. Bl. 1872 S. 95, Artikel 8, die Beachtung des „Völkerrechts“ überhaupt. Die Besorgung weiterer Staatsgeschäfte kann ihnen durch besonderen, vom Empfangsstaat genehmigten, Auftrag des Absendestaates übertragen werden. b) Die Wahrnehmung der Interessen der Staatsangehörigen und Schutzgenossen des Absendestaates.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/104>, abgerufen am 26.04.2024.