Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.

3. Durch die Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868
haben sich die Mächte verpflichtet, gegenseitig im Fall eines Krieges
zwischen ihnen für die Land- wie für die Seetruppen auf den Gebrauch
jedes Explosiv-Geschosses unter 400 Gramm Gewicht zu verzichten

(qui serait ou explosible ou charge de matieres fulminantes ou in-
flammables).

Die Verpflichtung bindet nur diejenigen Staaten, welche die
Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr später beigetreten sind;
und auch diese nur im Kriege mit einem der übrigen unterzeich-
neten Staaten. Unterzeichnet haben: Belgien, Österreich-Ungarn,
Bayern, Dänemark, Frankreich, Grossbritannien, Griechenland, Italien,
die Niederlande, Persien, Portugal, Preussen und der Norddeutsche
Bund, Russland, Schweden-Norwegen, Schweiz, Türkei und Württem-
berg. Die sämtlichen übrigen Kulturstaaten sind später beigetreten.

Ziemlich allgemein wird auch angenommen, dass das Legen
von Minen im Landkrieg, etwa um die eine Brücke überschreiten-
den Soldaten in die Luft zu sprengen, völkerrechtswidrig sei.

4. Kriegslist ist gestattet, der Betrug verboten. Als solcher
gilt der Missbrauch der feindlichen Abzeichen (Fahnen, Flaggen,
Uniformen u. s. w.), sowie der Parlamentärflagge oder des Roten
Kreuzes.

5. Verbindung mit aufständischen Parteien im feindlichen
Lande ist nicht völkerrechtswidrig, wohl aber die Aufforderung zur
Empörung.

6. Repressalien (oben § 38 III 2) sind im Kriege wie ausser-
halb desselben gestattet; als solche sind auch Mittel verwendbar,
deren Anwendung sonst völkerrechtswidrig wäre.

§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
I. Die Rechtsstellung der Gefangenen.

Vgl. Romberg, Des belligerants et des prisonniers de guerre. 1894.

1. Die Gefangenschaft ist im heutigen Krieg nur Sicherheitshaft
mit Schonung des Lebens und der Gesundheit der Gefangenen.

Der kriegführende Staat, in dessen Gewalt die Gefangenen
geraten sind, darf alle Massregeln treffen, um sie am Entweichen

§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.

3. Durch die Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868
haben sich die Mächte verpflichtet, gegenseitig im Fall eines Krieges
zwischen ihnen für die Land- wie für die Seetruppen auf den Gebrauch
jedes Explosiv-Geschosses unter 400 Gramm Gewicht zu verzichten

(qui serait ou explosible ou chargé de matières fulminantes ou in-
flammables).

Die Verpflichtung bindet nur diejenigen Staaten, welche die
Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr später beigetreten sind;
und auch diese nur im Kriege mit einem der übrigen unterzeich-
neten Staaten. Unterzeichnet haben: Belgien, Österreich-Ungarn,
Bayern, Dänemark, Frankreich, Groſsbritannien, Griechenland, Italien,
die Niederlande, Persien, Portugal, Preuſsen und der Norddeutsche
Bund, Ruſsland, Schweden-Norwegen, Schweiz, Türkei und Württem-
berg. Die sämtlichen übrigen Kulturstaaten sind später beigetreten.

Ziemlich allgemein wird auch angenommen, daſs das Legen
von Minen im Landkrieg, etwa um die eine Brücke überschreiten-
den Soldaten in die Luft zu sprengen, völkerrechtswidrig sei.

4. Kriegslist ist gestattet, der Betrug verboten. Als solcher
gilt der Miſsbrauch der feindlichen Abzeichen (Fahnen, Flaggen,
Uniformen u. s. w.), sowie der Parlamentärflagge oder des Roten
Kreuzes.

5. Verbindung mit aufständischen Parteien im feindlichen
Lande ist nicht völkerrechtswidrig, wohl aber die Aufforderung zur
Empörung.

6. Repressalien (oben § 38 III 2) sind im Kriege wie auſser-
halb desselben gestattet; als solche sind auch Mittel verwendbar,
deren Anwendung sonst völkerrechtswidrig wäre.

§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
I. Die Rechtsstellung der Gefangenen.

Vgl. Romberg, Des belligérants et des prisonniers de guerre. 1894.

1. Die Gefangenschaft ist im heutigen Krieg nur Sicherheitshaft
mit Schonung des Lebens und der Gesundheit der Gefangenen.

Der kriegführende Staat, in dessen Gewalt die Gefangenen
geraten sind, darf alle Maſsregeln treffen, um sie am Entweichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0245" n="223"/>
            <fw place="top" type="header">§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.</fw><lb/>
            <p><hi rendition="#b">3. Durch die Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868<lb/>
haben sich die Mächte verpflichtet, gegenseitig im Fall eines Krieges<lb/>
zwischen ihnen für die Land- wie für die Seetruppen auf den Gebrauch<lb/>
jedes Explosiv-Geschosses unter 400 Gramm Gewicht zu verzichten</hi><lb/>
(qui serait ou explosible ou chargé de matières fulminantes ou in-<lb/>
flammables).</p><lb/>
            <p>Die Verpflichtung bindet nur diejenigen Staaten, welche die<lb/>
Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr später beigetreten sind;<lb/>
und auch diese nur im Kriege mit einem der übrigen unterzeich-<lb/>
neten Staaten. Unterzeichnet haben: Belgien, Österreich-Ungarn,<lb/>
Bayern, Dänemark, Frankreich, Gro&#x017F;sbritannien, Griechenland, Italien,<lb/>
die Niederlande, Persien, Portugal, Preu&#x017F;sen und der Norddeutsche<lb/>
Bund, Ru&#x017F;sland, Schweden-Norwegen, Schweiz, Türkei und Württem-<lb/>
berg. Die sämtlichen übrigen Kulturstaaten sind später beigetreten.</p><lb/>
            <p>Ziemlich allgemein wird auch angenommen, da&#x017F;s das Legen<lb/>
von Minen im Landkrieg, etwa um die eine Brücke überschreiten-<lb/>
den Soldaten in die Luft zu sprengen, völkerrechtswidrig sei.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">4.</hi> Kriegslist ist gestattet, der Betrug verboten. Als solcher<lb/>
gilt der Mi&#x017F;sbrauch der feindlichen Abzeichen (Fahnen, Flaggen,<lb/>
Uniformen u. s. w.), sowie der Parlamentärflagge oder des Roten<lb/>
Kreuzes.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">5.</hi> Verbindung mit aufständischen Parteien im feindlichen<lb/>
Lande ist nicht völkerrechtswidrig, wohl aber die Aufforderung zur<lb/>
Empörung.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">6.</hi> Repressalien (oben § 38 III 2) sind im Kriege wie au&#x017F;ser-<lb/>
halb desselben gestattet; als solche sind auch Mittel verwendbar,<lb/>
deren Anwendung sonst völkerrechtswidrig wäre.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">I. Die Rechtsstellung der Gefangenen.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Vgl. <hi rendition="#g">Romberg</hi>, Des belligérants et des prisonniers de guerre. 1894.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#b">1. Die Gefangenschaft ist im heutigen Krieg nur Sicherheitshaft<lb/>
mit Schonung des Lebens und der Gesundheit der Gefangenen.</hi> </p><lb/>
            <p>Der kriegführende Staat, in dessen Gewalt die Gefangenen<lb/>
geraten sind, darf alle Ma&#x017F;sregeln treffen, um sie am Entweichen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0245] § 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung. 3. Durch die Petersburger Konvention vom 11. Dezember 1868 haben sich die Mächte verpflichtet, gegenseitig im Fall eines Krieges zwischen ihnen für die Land- wie für die Seetruppen auf den Gebrauch jedes Explosiv-Geschosses unter 400 Gramm Gewicht zu verzichten (qui serait ou explosible ou chargé de matières fulminantes ou in- flammables). Die Verpflichtung bindet nur diejenigen Staaten, welche die Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr später beigetreten sind; und auch diese nur im Kriege mit einem der übrigen unterzeich- neten Staaten. Unterzeichnet haben: Belgien, Österreich-Ungarn, Bayern, Dänemark, Frankreich, Groſsbritannien, Griechenland, Italien, die Niederlande, Persien, Portugal, Preuſsen und der Norddeutsche Bund, Ruſsland, Schweden-Norwegen, Schweiz, Türkei und Württem- berg. Die sämtlichen übrigen Kulturstaaten sind später beigetreten. Ziemlich allgemein wird auch angenommen, daſs das Legen von Minen im Landkrieg, etwa um die eine Brücke überschreiten- den Soldaten in die Luft zu sprengen, völkerrechtswidrig sei. 4. Kriegslist ist gestattet, der Betrug verboten. Als solcher gilt der Miſsbrauch der feindlichen Abzeichen (Fahnen, Flaggen, Uniformen u. s. w.), sowie der Parlamentärflagge oder des Roten Kreuzes. 5. Verbindung mit aufständischen Parteien im feindlichen Lande ist nicht völkerrechtswidrig, wohl aber die Aufforderung zur Empörung. 6. Repressalien (oben § 38 III 2) sind im Kriege wie auſser- halb desselben gestattet; als solche sind auch Mittel verwendbar, deren Anwendung sonst völkerrechtswidrig wäre. § 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung. I. Die Rechtsstellung der Gefangenen. Vgl. Romberg, Des belligérants et des prisonniers de guerre. 1894. 1. Die Gefangenschaft ist im heutigen Krieg nur Sicherheitshaft mit Schonung des Lebens und der Gesundheit der Gefangenen. Der kriegführende Staat, in dessen Gewalt die Gefangenen geraten sind, darf alle Maſsregeln treffen, um sie am Entweichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/245
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/245>, abgerufen am 21.11.2024.